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Hofmannsthal, Hugo von

(Wien 1874-1929 Rodaun = Wien) : Schriftsteller, Dramatiker

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Index of Names : Occident / Literature : Occident : Austria

Chronology Entries (12)

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1 1898 Hofmannsthal, Hugo von. Der Kaiser von China spricht [ID D15087].
Hartmut Zelinsky : Der Mittelpunkt dieses Gedichtes ist die Figur eines chinesischen Kaisers und verrät genaue Kenntnisse der chinesischen Reichssymbolik, sogar der chinesischen Sprache und Schrift. Die ersten Verse lauten : "In der Mitte aller Dinge wohne ich der Sohn des Himmels".
China, das Land der Mitte, sieht sich als Mittelpunkt der Welt. Der Himmelstempel in Beijing galt als Mittelpunkt des chinesischen Reiches und auf dem kreisrunden Altar des Himmels an der höchsten Stelle des Tempels, zu dem vier Treppen in drei konzentrischen Terrassen, die den vier Kardinalpunkten des Himmels entsprechen, hinaufführen, brachte der Kaiser zum Zeitpunkt des Wintersolstitiums jährlich das Weiheopfer dar. Hofmannsthal schildert nun nach dem Modell dieses Himmelstempels das chinesische Reich als ein Reich, das aus unzähligen aufeinanderfolgenden konzentrischen Mauern, zwischen denen die immer weiter vom Kaiser entfernten Völkerteile leben, besteht, "bis ans Meer, die letzte Mauer, die mein Reich und mich umgibt". Auch auf die Grabbeigaben chinesischer Kaisergräber geht Hofmannsthal ein. Er hat auch die Übersetzung der beiden Zeichen tian zi, die den Kaiser bezeichnen, übernommen. Das Bild der zeitenthobenen Mitte, das asiatischer Weltvorstellung so genau entspricht und das in diesem Gedicht, aber auch in dem Sinnbild der Pyramide, so genau zum Ausdruck kommt, blieb für Hofmannsthal von zentraler Bedeutung und er ist immer wieder, auch durch Verwendung des Kugel- und Kreissymbols, darauf zurückgekommen.

Armin Schäfer : Das Kaisertum bei Hofmannsthal versammelt in sich die Merkmale ganz unterschiedlicher Herrschaftsgedanken. Erster und wichtigster ist der des chinesischen Gottkaisertums. Der zweite ist die Reichsidee des deutschen mittelalterlichen Kaisertums.

Christiane Gabriel : Hofmannsthals Vorstellung von China und Indien bestimmt und gründet sich nur insofern auf Vertrautheit mit den wirklichen Gegebenheiten, als Hofmannsthal in dem Indologen Heinrich Zimmer einen hervorragenden Sachkenner fand, dem er manchen Einblick verdankte. Asien galt für Hofmannsthal als in sich ruhende, vergeistigte Gegenwelt zu der hektisch nach aussen gewandten Aktivität Europas, die ihn abstiess. Dies erscheint in dieser Bedeutung in vielen seiner Werke, denen oft Quellen östlicher Herkunft zugrundeliegen. Er leitete daraus aber auch kulturpolitische Aufgaben her in der erzieherischen Absicht, die geistige Welt Asiens dem Westen vertraut zu machen.
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 522. (ZelH1, Publication)
  • Document: Gabriel, Christiane. Heimat der Seele : Osten, Orient und Asien bei Thomas Mann. (Rheinbach-Merzbach : CMZ-Verlag, 1990). (Bonner Untersuchungen zur Vergleichenden Literaturwissenschaft ; Bd. 6). S. 55. (Gab, Publication)
  • Document: Ostasienrezeption im Schatten der Weltkriege : Universalismus und Nationalismus. Hrsg. von Walter Gebhard. (München : Iudicium, 2003). S. 136-137. (Geb2, Publication)
2 1901 Hofmannsthal, Hugo von. Briefe des Zurückgekehrten. (1901).
Hartmut Zelinsky : Der Hintergrund dieser Briefe bildet die Absage an Europa, das repräsentiert wird durch das wilhelminische Deutschland, dessen Bewohner "von nichts geritten wurden als von dem Geld, das sie hatten, oder von dem Geld, das andere hatten" und dessen Häuser, Monumente, Strassen dem Zurückgekehrten nichts anderes waren, "als die tausendfache gespiegelte Fratze ihrer gespenstigen Nicht-Existenz", - und die Hinwendung zu aussereuropäischen Ländern vor allem Südamerikas und Asiens. Bei seinem jahrelangen Aufenthalt in diesen Ländern hatte der Zurückgekehrte sich Figuren "eines ganzen Daseins, des deutschen Daseins" erträumt, die er nun unter den realen Deutschen, denen er nicht anfühlen konnte, "auf was hin sie leben", nicht wiederzufinden vermochte : "[Die Deutschen] haben ein 'Einerseits' und ein 'Andrerseits', ihre Geschäfte und ihr Gemüt, ihren Fortschritt und ihre Treue, ihren Idealismus und ihren Realismus, ihre Standpunkte und ihren Standpunkt, ihre Bierhäuser und ihre Hermannsdenkmäler, und ihre Ehrfurcht und ihre Deutschheit und ihre Humanität... und treten halberschlagenen Chinesenweibern mit den Absätzen die Gesichter ein..."
Diese Schlussbemerkung ist möglicherweise eine Anspielung auf den Boxeraufstand, ein verzweifelter Versuch, sich gegen den Imperialismus der westlichen Mächte zu wehren, d.h. auf die unbarmherzig vorgehende Strafexpedition europäischer Truppen, die der Aufstand auslöste. 1911 notiert sich Hofmannsthal in seinem Tagebuch eine Episode von einem Chinesen, der in taoistischer Ruhe in einem Buch lesend, in einer Reihe von Männern steht, die geköpft werden, bis ein Offizier, der an dieser Strafexpedition nach dem Boxeraufstand teilnahm, seine Begnadigung durchsetzen kann.
Auch wenn Hofmannsthal mehr an den chinesischen klassischen philosophischen Texten und der durch sie geprägten geistigen und seelischen Haltung interessiert war - ein Interesse, das, vor allem was den Taoismus anbetrifft, die zentrale Rolle des Brahman in seinem Denken noch zu unterstreichen scheint -, bestätigen auch die oben erwähnten aktuellen Anspielungen, seine Parteinahme für Asien, hier vertreten durch China, und die gesamte europäische Welt.
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 536-537. (ZelH1, Publication)
3 1906 Hofmannsthal, Hugo von. Aufzeichnungen.
Ingrid Schuster : Hofmannsthal versuchte sich zwar nicht in Nachdichtungen chinesischer Poesie, aber er machte sich Gedanken über die chinesische Sprache und die Wirkungskraft übersetzter Lyrik.
Er schreibt : Je weniger gesellig ein Volk noch ist, desto mehr wird es sich zu der Sprache anders verhalten, als sich die geselligen Völker zu ihr verhalten : die von ihr einen gleichsam selbstverständlichen Gebrauch machen ; es wird auf früher Stufe ein magisches, auf später ein kritisches Verhältnis zur Sprache haben... Inwieferen die Chinesen zugleich ein geselliges und ein religiöses Volks sind, und ihr Verhältnis zu ihrer Sprache.
  • Document: Schuster, Ingrid. China und Japan in der deutschen Literatur 1890-1925. (Bern : Francke, 1977). S. 95. (Schu4, Publication)
4 1907 Hofmannsthal, Hugo von. Der weisse Fächer : ein Zwischenspiel [ID D12664].
Nachdichtung von France, Anatole. Histoire de la dame à l'éventail blanc [ID D12663].

Ellen Ritter : Der weisse Fächer handelt von der Problematik einer missverstandenen Treue der Ehegatten über den Tod hinaus.
Die treulose Witwe von Eduard Grisebach [ID D4688]. Darin enthalten ist eine chinesische Novelle aus Jin gu qi guan. In einer Neubarbeitung erscheint die Novelle in seinem Chinesisches Novellenbuch [ID D5491]. Es ist anzunehmen, dass Hofmannsthal diese Novelle gekannt hat, obwohl bisher keine Belege dafür vorliegen. Die Handlungen weisen unverkennbare Parallelen auf. Die Analogien betreffen in erster Linie das äussere Geschehen, die Ereignisse um die Dame mit dem Fächer…
Hofmannsthal macht sich die Position des chinesischen Weisen zu eigen, der die bittere Wahrheit des Lebens kennt und darüber zu lachen vermag. Das ironisch behandelte Motiv der Treue, der Gegensatz zwischen einer idealen Wunschwelt und der realen Wirklichkeit wie auch die äusseren Motive sind in der Novelle aus dem Jin gu qi guan vorgegeben. In der Intention aber unterscheidet sich Hofmannsthals Stück fundamental…
Hofmannsthal übernimmt Fremdes, um es zu Eigenem zu machen, indem er seine eigene Problematik in den fremden Stoff hineinträgt und mit übernommenen Mitteln dem eigenen Thema adäquaten Ausdruck zu verleihen sucht. Im Weissen Fächer sind es die äusseren Handlungsmotive und die ironisch distanzierte Haltung, mit deren Hilfe er das Problem der Treue darstellt.

Ingrid Schuster : Hofmannsthal hat im Weissen Fächer ein chinesisches Motiv verwendet, auf das Ellen Ritter erstmals hingewiesen hat. Ritter hielt es für wahrscheinlich, dass es sich bei der Quelle um Eduard Grisebachs Studie Die treulose Witwe [ID D4688] oder um sein Chinesisches Novellenbuch [ID D4591] handelt, obwohl bisher keine direkten Belege dafür vorliegen. Gegen diese Annahme spricht aber nicht nur der fehlende biographische Bezug, sondern auch der Inhalt des Weissen Fächers selbst.
Seine Quelle war Anatole France. France behandelt in seinem Essay die Contes chinois [ID D15182] des Generals Tscheng Ki-tong [Chen Jitong] und die chinesische Literatur im allgemeinen. Er kommt auch auf die Contes chinois von Abel Rémusat zu sprechen, wobei er besonders La Dame du pays de Soung hervorhebt.
Die Unterschiede zwischen dem chinesischen Original und Histoire de la dame à l’éventail blanc von Anatole France [ID D12663] sind erheblich. Hofmannsthal hielt sich an die französiche Vorlage, viele Details, nicht nur der Titel, weisen Übereinstimmungen auf. Vor allem entspricht die Lösung des Problems im Weissen Fächer ganz dem Geist von France. Hofmannsthal machte sich nicht „die Position des chinesischen Weisen zu eigen“, wie sie im Original geschildert wird, denn dieser wendet sich ja am Ende höhnisch von der Welt ab, sondern er akzeptierte – wie Zhuangzi in der Geschichte von France – die Wirklichkeit des Lebens mit einem toleranten Lächeln. Andererseits ironisierte er – ebenfalls wie France – den chinesischen Philosophen selbst, indem er dessen weltabgewandte Einstellung in Forunio als nicht zu realisierenden Wunschtraum entlarvt.

France schreibt : La version chinoise, autant qu’il m’en souvient, est moins heureuse que la version rapportée dans le Satyricon. Elle est gâtée par des lourdeurs et des invraisemblances, poussée au tragique et défigurée par cet air grimaçant qui nous rend, en somme, toute la littérature chinoise à peu près insupportable. Mails il me reste un souvenir charmant d’un épisode qui y est intercalé, celui de l’éventail. Si madame Tian nous divertit médiocrement, la dame à l’éventail est tout à fait amusante... Je suis obligé de conter de mémoire... Ce ne sera peut-être pas tout à fait chinois... Tchouang-tsen [Zhuangzi], du pays de Soung, était un lettré qui poussait la sagesse jusqu’au détachement de toutes les choses éternelles, il en lui restait pour contenter son âme que la conscience d’échapper aux communes erreurs des hommes qui s’agitent pour acquérir d’inutiles richesses ou de vains honneurs. Mais il faut que cette satisfaction soit profonde, car il fu, après sa mort, proclamé heureux et digne d’envie.

1891 erscheinen die Contes chinois von General Tcheng Ki-tong in La vie littéraire, Bd. 3.
Hofmannsthal schreibt 1891 in seinem Tagebuch über dieses Buch : Anatole France : Typische Dilettantenbildung mit der Unausgeglichenheit der herangezogenen Beispiele je nach zufälliger Vorliebe.
Aus einem Brief von Hofmannsthal an Marie Herzfeld 1892 kann man entnehmen, dass er sich weiterhin mit France beschäftigt, den er 1900 persönlich aufsucht.

Luo Wei : Er verwertet des taoistische Motiv des „Grab-Fächelns“ nach Zhuangzi als Probe der Liebestreue, ohne aber zu versäumen, im gleichen Jahr das Gedicht „Der Kaiser von China spricht“ im Sinne des konfuzianischen Idealismus zu gestalten.
  • Document: Ritter, Ellen. Die chinesische Quelle von Hofmannsthals Dramolett Der weisse Fächer. In : Arcadia ; Bd. 3, Nr. 3 (1968). (Rit1, Publication)
  • Document: Luo, Wei. "Fahrten bei geschlossener Tür" : Alfred Döblins Beschäftigung mit China und dem Konfuzianismus. (Frankfurt a.M. : P. Lang, 2003). (Europäische Hochschulschriften ; Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur, Bd. 1896). Diss. Beijing-Univ., 2003. S. 48. (Döb2, Publication)
  • Document: Schuster, Ingrid. Faszination Ostasien : zur kulturellen Interaktion Europa-Japan-China : Aufsätze aus drei Jahrzehnten. (Bern : Lang, 2007). (Kanadische Studien zur deutschen Sprache und Literatur ; Bd. 51). S. 69-72. (Schu5, Publication)
  • Person: France, Anatole
5 1916 Hofmannsthal, Hugo von. Die Idee Europa.
Hofmannsthal schreibt : Dumpfes Gefühl der Not. Hinstreben zu Asien als Zeichen der Zeit, anders als im achtzehnten Jahrhundert.
Ingrid Schuster : Hofmannsthals Verhältnis zu Asien hatte sich grundlegend gewandelt : das spielerische Interesse an japanischer Tanzkunst, das Gefallen an Chinoiserien waren einem suchenden "Hinstreben" zu den Traditionen Chinas und Japans gewichen. Hofmannsthal schwebte ein Bild vom idyllischen einfachen Leben ohne soziale Schranken vor.
Hofmannsthal übernimmt die Ausführungen von Kakuzo Okakura in The ideals of the East ; with special reference to the art of Japan. (London : J. Murray, 1903) unkritisch. Bei der Formulierung seiner "Idee Europa" geht es um das "Suchen eines Gesetzes oder einer Bahn über dem Persönlichen und ausserhalb des Persönlichen", um die "Überwindung des chaotischen Weltzustandes". Die Lehre vom überpersönlichen Gesetz findet er bei Laozi ; in dem Werk von Okakura wird zum Teil die taoistische Philosophie bestätigt, vor allem aber schildert er Lebensformen, die Hofmannsthal mit Hilfe der Lehre vom Tao - mutatis mutandis - zu verwirklichen hoffte. Die historische Perspektive kam für ihn nicht mehr in Betracht, denn der Dichter müsse nach dem Sein fragen, "nach der Bahn, dem Gesetz, dem Bleibenden, dem was die heiligen Bücher der Chinesen mit dem Worte Tao bezeichnen".
Mit dem Begriff des Tao berührt sich bei Hofmannsthal der des "Karma" : es ist notwendig, dass "das Gesetz ins Individuum, das Individuum ins Gesetz hineingenommen" und der "contrat social" überwunden wird... Karma ist ein buddhistischer Begriff, den Hofmannsthal im Buch Welteroberung durch Heldenliebe von Frederik von Eeden und Volker (Berlin : Schuster & Loeffler, 1911) ausführlich erläutert gefunden hatte. Er selbst umschrieb es als "Schicksalsgesetz" der "persönlichen Sendung", die der Mensch verwirklichen solle. "Zielgedanke" sei : "das Ich als Manifestation von Kräften, sowohl in seinen Leiden wie in seinen Taten, beide synthetisiert".
Die Begegnung Hofmannsthals mit der chinesischen Philosophie hat sich auf sein dichterisches Werk nicht ausgewirkt. Fragmente allerdings zeigen, dass er versuchte, mit Hilfe der taoistischen Philosophie eine Lösung für die damaligen Probleme Europas zu finden.

Liu Weijian : Hugo von Hofmannsthal hat 1904 The ideals of the East von Okakura Kakuzo gelesen, in dem die taoistische Lehre und ihre Lebensformen beschrieben werden und beginnt sich für Taoismus zu interessieren. Er spricht vom "Hinstreben zu Asien als Zeichen der Zeit". Als Ausweg aus der sozialen und kulturellen Krise sucht er nach einem Gesetz oder einer Bahn über dem Persönlichen oder ausserhalb des Persönlichen, nach dem Bleibenden, dem, was die heiligen Bücher der Chinesen mit dem Wort Tao bezeichnen. Für Hofmannsthal ist das Tao ein ewiges Gesetz, in dem der Unterschied zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen verschwindet.

Hartmut Zelinsky : Hofmannsthal hat unter dem Druck der Ereignisse des Ersten Weltkrieges in seinen Notizen zu seiner Rede Die Idee Europa seine Parteiname für Asien als allgemeine Tendenz gekennzeichnet und so darauf hingewiesen, dass ein zukünftiges Europa ohne die Einbeziehung Asiens nicht zu denken ist. Gemäss seinem "Glauben an die Ewigkeit" hielt er es für möglich, einem "Zeit"- und "Ich"-verhafteten Europa ein Asien entgegenzusetzen, dem er noch das "Ewige", das "Ganze" und "Zeitlosigkeit" zuschreiben zu können glaubte, oder anders gesagt, er verknüpfte mit Asien seine Utopie eines hoffnungsfreien glücklichen, "ganzen" Weltzustandes.
  • Document: Schuster, Ingrid. China und Japan in der deutschen Literatur 1890-1925. (Bern : Francke, 1977). S. 159-162. (Schu4, Publication)
  • Document: Liu, Weijian. Die daoistische Philosophie im Werk von Hesse, Döblin und Brecht. (Bochum : Brockmeyer, 1991). (Chinathemen ; Bd. 59). Diss. Freie Univ. Berlin, 1990. [Hermann Hesse, Alfred Döblin, Bertolt Brecht]. S. 36-37. (LiuW1, Publication)
6 1917-1918 Hofmannsthal, Hugo von. Semiramis : die beiden Götter. (München : Rupprecht-Presse, 1933). (Buch der Rupprecht-Presse ; 56). [Entstanden 1917-1918].
Hofmannsthal schreibt : Ninyas ist Geist und Liebe... Ninyas : der Kosmos, der unzerstörbar, wo auch eingekerkert... Ninyas immer unterm Bogen (eigentlich weiblich), Semiramis immer herauszielend (eigentlich männlich)... Semiramis : das Heroische will die Verewigung der Tat und der Person, aber nicht den Umschwung des Kosmos. - Ninyas gegen alles Heroische... Ninyas selbst, als reine Weltpotenz, wäre das Tao des Laotse [Laozi], wie Semiramis Stern...
In einer Notiz schreibt er : Der unbewegte Allbewegende, das ist Tao ; sein Tun, das ist sein Nicht-nichttun, ist, dass er seinen Willen in den Dingen und Ereignissen durch dieselben zur Tat werden lässt...

Hartmut Zelinsky : Ninyas, der "als reine Weltpotenz das Tao wäre", ist gegen das Heroische, während Semiramis als das Heroische "die Verewigung der Tat und der Person" will, und er wird, "als er einmal die Beschaffenheit der Welt erkannt hat, zu handeln unfähig" und verharrt im Nicht-tun. Und wenn es von Semiramis heisst, sie sei "immer in Angst, von Ninyas verschlungen zu werden, aufgehoben zu werden : gerade von dem Nicht-tuenden", dann erweist sich das taoistische Nicht-tun als die auszeichnende Eigenschaft des Ninyas, zu dessen Sterbeszene Hofmannsthal sich notiert : "nun richtet er sich auf wie ein Gesunder, spricht zu ihr (Semiramis) lange und klar, den grossen Tao preisend".

Ingrid Schuster : Hofmannsthal stützt sich weitgehend auf das Tao-te-king in der Übersetzung von Victor von Strauss. Der Gott Semiramis verkörpert das männliche yang, das aktive Prinzip der Macht und der Gott Ninyas das weibliche yin, das passive Prinzip des Nicht-Handelns. Im 28. Spruch des Dao de jing, den Hofmannsthal ebenfalls anrührt, heisst es : Wer seine Mannheit kennt, an seiner Weibheit hält, der ist das Strombett aller Welt. Hofmannsthal deutet einen Sieg des passiven Prinzips, des Nicht-Handelns, an.

Liu Weijian : Im dichterischen Entwurf Die beiden Götter, der 1917 und 1918 entstand, behandelt Hofmannsthal die Problematik von Handeln und Nicht-Handeln, von Macht und Ohnmacht. Explizite Bezüge zur taoistischen Philosophie treten zutage. Semiramis, die das Prinzip der Tat verkörpert, steht dem Tao-Zustand fern, während Ninyas das Prinzip des Nicht-Handelns darstellt und der reinen Weltpotenz, dem Tao des Laotse [Laozi] gleicht. Ninyas redet von sich wie von dem Fisch, dessen Element, das weiche Wasser, für ihn der harten Erde überlegen sei. Wie das unbewegte Allbewegende vereinigt er auf geheimnisvolle Weise Nicht-Handeln und Handeln, indem er einerseits durch stummes Dasitzen und Einfachheit wirkt, andrerseits seinen Willen in den Dingen und Ereignissen und durch dieselben zur Tat werden lässt.
  • Document: Schuster, Ingrid. China und Japan in der deutschen Literatur 1890-1925. (Bern : Francke, 1977). S. 163. (Schu4, Publication)
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 547. (ZelH1, Publication)
  • Document: Liu, Weijian. Die daoistische Philosophie im Werk von Hesse, Döblin und Brecht. (Bochum : Brockmeyer, 1991). (Chinathemen ; Bd. 59). Diss. Freie Univ. Berlin, 1990. [Hermann Hesse, Alfred Döblin, Bertolt Brecht]. S. 37. (LiuW1, Publication)
  • Document: Schucher, Günter. Chinaforschung - Forschung in China : Empfehlungen für die Errichtung eines geistes- und sozialwissenschaftlichen Auslandsinstituts in China. (Hamburg : Institut für Asienkunde, 2001). (Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Hamburg ; Nr. 334). S. 46. (Schu, Publication)
7 1918 Song, Chunfang. Jin shi ming xi bai zhong. [One hundred well-known modern plays]. [ID D27913].
Erwähnung von Elektra von Hugo von Hofmannsthal.
  • Document: Xin qing nian ; Nr. 4 (April 1918). Ed. by Hu Shi. [Sondernummer über die Reformierung des chinesischen Theaters].
    [Enthält] : Song, Chunfang. Jin shi ming xi bai zhong. [One hundred well-known modern plays].
    近世名戲百種 (SongC1, Publication)
8 1921 Hofmannsthal, Hugo von. Karl Eugen Neumanns Übertragung der buddhistischen Heiligen Schriften. (1921) .
Hartmut Zelinsky : Der Aufsatz enthält nicht nur eine Würdigung der Person und des Lebenswerkes Neumanns, sondern auch eine grundsätzliche Erörterung des seit Goethe veränderten Blickes auf Asien. Hofmannsthal schreibt : Laotse [Laozi] und Kungfutse [Konfuzius], auf deren Ergänzung der Sittengeist der Chinesen ruht ; diese beiden wieder und Buddho ; mit ihnen aber zugleich der grösste der hebräischen Propheten, Jesaias, und wieder der gewaltigste der griechischen Weisen, Heraklit. Es muss über dem allen eine Gewalt sein, die wir nur kaum ahnen, die in der Zeit auswirkt, was ausserhalb der Zeiten sein Gesetz hat. Das aber geht bis in unsere Zeit fort... Er erkannte noch nicht, dass Asien ein Ganzes ist und dass es im geistigen und auch im sinnlichen Verstande wie ein Becken ist, in das die einzelnen Völker beständig heineinfliessen und es speisen, sich aber wieder beständig aus ihm ernähren ; und vor der Gestaltung, die der indische Geist den Bauwerken und Standbildern gibt, schrak sein Blick zurück ; hier fand er keinen Hinweis mehr auf den Menschen. China wieder ahnte er zwar als das Land der Weisheit, aber wer möchte nicht dies alles als eins zu erkennen... Bevor aber das Gewahrwerden des ganzen Asien geschah, konnte auch die Gestalt des Buddho nicht gewahrt werden, die in der Mitte dieses Ganzen ruht...
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 540-541. (ZelH1, Publication)
  • Person: Neumann, Karl Eugen
9 1924 Hugo von Hofmannsthal schreibt in sein Tagebuch : Chinesische Gedichte. Das Höhere, niemals Zeitgebundene. Dies in der Kunst nur gespiegelt - darum kann solche Kunst auch in Übertragung zu uns sprechen. Die Kunstmittel, welche aufgezählt werden, zum Teil bei uns auch vorhanden. Anklang, Obertöne ; soziale Bedingtheit in der Wortwahl. - Über chinesische Gedichte und die Möglichkeit einer Umbildung der deutschen Poesie durch die Berührung.
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 544. (ZelH1, Publication)
10 1928 Hofmannsthal, Hugo von. Andenken Eberhard von Bodenhausens. (1928).
Hartmut Zelinsky : In seinen Notizen, die vermutlich 1918, dem Todesjahr Bodenhausens geschrieben wurden, kommt Hofmannsthal an einer zentralen Stelle auf seinen Begriff eines "höheren Europa" zu sprechen. Er schreibt : "sein Blick hätte China erfasst... Bodenhausen gehörte einem anderen Europa an : neues Verhältnis zu Amerika, zu China, zu Afrika. Er kannte noch The ideals of the East. Schwierigkeiten einer substantiellen Haltung diesen Phänomenen gegenüber - hier alles über Goethe hinaus - trotzdem die Anmerkungen zum "Westöstlichen Divan" höchst adäquat... Der Begriff des Edlen... Seine Haltung manchmal gleich der des Kungtse [Konfuzius], der sich gegen Angreifer durch Gesang rettet... Lieblinge : Goethe, Stifter, Tschuangtse [Zhuangzi]..."
Der "Begriff des Edlen", aber auch der Name Kungtse und ein angeführtes Gespräche zwichen Gung-du Dsi und Mong Dsi [Mengzi] weisen darauf hin, dass Hofmannsthal sich die wichtige konfuzianische Unterscheidung zwischen dem 'jun zi', dem Edlen, und dem 'xiao ren', dem Kleingeist, dem Niedrigen, zu eigen gemacht hat, weshalb er dann auch ein davon handelndes Wort von Konfuzius in sein Buch der Freunde aufnimmt.
  • Document: Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). S. 538. (ZelH1, Publication)
  • Person: Bodenhausen, Eberhard
11 1929 Zhao Jingshen schreibt in der Xiao shuo yue bao ; H. 20, No 9 (1929) über den Tod und die Werke von Hugo von Hofmannsthal :
Hofmannsthal starb am 15. Juli aus Trauer um den jüngsten Sohn, der sich mit einer Pistole erschossen hatte. Schon in jungen Jahren war er bekannt, mit 17 veröffentlichte er sein Erstlingswerk Gestern, mit 18 Der Tod des Tizian, mit 19 Der Tor und Tod. In den darauffolgenden Jahren schuf er viele Dramen, die aber Der Tod des Tizian und Der Tor und Tod nicht übertreffen können. Daher sagte Hermann Bahr : Es gibt keinen Unterschied zwischen ihm im 18. Lebensjahr und im 50. Lebensjahr... Die drei Einakter seiner Jugend sind keine echten Einakter, sie können auch als Gedichte betrachtet werden... Wer hat so berauschend schreiben können wie er ? Die handelnden Personen in den Dramen symbolisieren nur zweierlei Mächte, die aber veranlassen, dass die Ideale des Dichters sich wie Schatten bewegen. Er hat die innere Musik der Schönheit des Universums ausgedrückt und Trauer und Schmerzen des Menschenherzens zum Schreien gebracht... Er zeichnete sich nicht nur durch die wunderschöne Sprache aus, sondern auch dadurch, dass die Flammen des warmen Herzens in ihm brennen, milder Mondschein auf die Wiese seiner Verse fallen, so dass der Teich mit dem Springbrunnen zu sprudeln beginnt und man noch Sterne im Wasser erblicken kann, dass es uns viel angemessener scheint, ihn eher als Dichter als einen Dramatiker zu nennen.
  • Document: Zhang, Yi. Rezeptionsgeschichte der deutschsprachigen Literatur in China von den Anfängen bis zur Gegenwart. (Bern : P. Lang, 2007). (Deutsch-ostasiatische Studien zur interkulturellen Literaturwissenschaft ; Bd. 5). S. 92-93. (ZhaYi2, Publication)
12 1929 Hofmannsthal, Hugo von. Buch der Freunde : Tagebuch-Aufzeichnungen. (Leipzig : Insel-Verlag, 1929).
Hofmannsthal schreibt : Indem wir ein chinesisches Gedicht in einer englischen oder deutschen Transkription geniessen, empfangen wir einen Gehalt, von dem wir wissen, dass er in keiner Weise von der Form abzutrennen ist, im Wege einer formlosen, entfernten Hindeutung auf eine Form, vermöge welcher jener Gehalt erst existent wird...
  • Document: Schuster, Ingrid. China und Japan in der deutschen Literatur 1890-1925. (Bern : Francke, 1977). S. 95. (Schu4, Publication)

Bibliography (3)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1898 Hofmannsthal, Hugo von. Der weisse Fächer : ein Zwischenspiel. In : Die Zeit ; 29.1. und 5.2. (1898). = Mit vier Holzschnitten von Edward Gordon Craig. (Leipzig : Insel-Verlag, 1907). Publication / Hof2
  • Cited by: Han, Ruixin. Die China-Rezeption bei expressionistischen Autoren. (Frankfurt a.M. : P. Lang, 1993). (Europäische Hochschulschriften ; Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur ; Bd. 1421). Diss. Univ. München, 1993. (HanR1, Published)
2 1898 Hofmannsthal, Hugo von. Der Kaiser von China spricht. In : Wiener Allgemeine Zeitung (1898). [Entstanden 1897]. Publication / Hofm1
  • Cited by: Ostasienrezeption im Schatten der Weltkriege : Universalismus und Nationalismus. Hrsg. von Walter Gebhard. (München : Iudicium, 2003). (Geb2, Published)
3 1983 De yu guo jia zhong duan pian xiao shu xuan. Zhang Yushu bian xuan. (Beijng : Zhongguo qing nian chu ban she, 1983). [Ausgewählte Novellen und Erzählungen der deutschsprachigen Literatur]. [Enthält] :
Böll, Heinrich. Lohengrins Tod. (1950).
Brecht, Bertolt. Der Augsburger Kreidekreis. In : Die Gewehre der Frau Carrar ; Augsburger Kreidekreis ; Neue Kinderlieder. (Berlin : Aufbau Verlag, 1953).
Dürrenmatt, Friedrich. Der Tunnel. (Zürich : Verlag der Arche, 1952).
Grass, Günter. Die Linkshänder. In : Grass, Günter. Werkausgabe in 10 Bänden. Hrsg. von Anita Overwien-Neuhaus und Volker Neuhaus. (Darmstadt : H. Luchterhand, 1987). Bd. 1 : Gedichte und Kurzprosa.
Grün, Max von der. Im Tal des Todes. In : Am Tresen gehn die Lichter aus : Erzählungen. (Stierstadt im Taunus : Verlag Eremiten-Presse, 1972).
Grün, Max von der. Wenn der Abend kommt. (Berlin : Rias, 1973).
Hebbel, Friedrich. Eine Nacht im Jägerhaus.
Hesse, Hermann. Schön ist die Jugend. : zwei Erzählungen. (Berlin : S. Fischer, 1916). (Fischers Bibliothek zeitgenössischer Romane. Reihe 7 ; 9).
Hoffmann, E.T.A. Das Fräulein von Scuderi : eine Erzählung aus dem Zeitalter Ludwigs XIV. T. 1-2. In : Taschenbuch für das Jahr 1819-1820.
Hofmannsthal, Hugo von. Lucidor. In : Neue Freie Presse (1910). = Hofmannsthal, Hugo von. Lucidor. Mit Originalradierungen von Karl Walser. (Berlin : Erich Reiss, 1919).
Kafka, Franz. Ein Hungerkünstler : vier Geschichten. (Berlin : Verlag Die Schmiede, 1924). (Die Romane des 20. Jahrhunderts).
Schnitzler, Arthur. Die Toten schweigen. In : Cosmopolis ; Jg. 8, Nr. 22 (1897).
Keller, Gottfried. Romeo und Julia auf dem Dorfe. In : Keller, Gottfried. Die Leute von Seldwyla : Erzählungen. (Braunschweig : F. Vieweg, 1856).
Kleist, Heinrich von. Das Erdbeben in Chili. In : Kleist, Heinrich. Erzählungen. Bd. 1-2. (Berlin : Realschulbuchhandlung, 1810).
Lenz, Siegfried. Ein Haus aus lauter Liebe. (Stuttgart : Klett, 1972).
Mann, Heinrich. Die Abdankung. In : Stürmische Morgen : Novellen. (München : A. Langen, 1907).
Mann, Thomas. Wie Jappe und Do Escobar sich prügelten : Novelle. In : Süddeutsche Monatshefte ; Febr. 1911.
Meyer, Conrad Ferdinand. Das Amulett. (Leipzig : Hessel, 1873).
Seghers, Anna. Der Treffpunkt. In : Sonderbare Begenungen : Erzählungen. (Darmstadt : Luchterhand, 1973).
Storm, Theodor. Immensee. In : Volksbuch für Schleswig, Holstein und Lauenburg auf das Jahr 1850. = (Berlin : Duncker, 1851).
Zweig, Stefan. Die Schachnovelle. (Buenos Aires : Pigmalión, 1942). = (Stockholm : G.B. Fischer, 1943).
德語國家中短篇小說選
Publication / ZhaYu2

Secondary Literature (2)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1977 Zelinsky, Hartmut. Hugo von Hofmannsthal und Asien. In : Fin de siècle : zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende. Hrsg. von Roger Bauer [et al.]. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1977). Publication / ZelH1
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
2 2006 Li, Kuixian. Fanlexi / Huofumansitaer. (Taibei : Taibei xian xin dian shi : gui guan chu ban, 2005). [Biographie von Hugo von Hofmannsthal und Paul Valéry].
梵樂希/霍夫曼斯塔爾
Publication / Hofm4