1935
Publication
# | Year | Text | Linked Data |
---|---|---|---|
1 | 1689 |
Gottfried Wilhelm Leibniz trifft Claudio Filippo Grimaldi in Rom. Von ihm erhält er ausführliche Beschreibungen von China und versucht von nun an einen neuartigen Kultur- und Wissenschaftsaustausch zwischen China und Europa in die Wege zu leiten. Mit seinem ersten Brief an Grimaldi, beginnt eine rege Korrespondenz mit den Jesuiten in China. Leibniz schreibt am 19. Juli 1689 an Grimaldi : Ich schätze Ihre Bekanntschaft so hoch, verehrungswürdigster Pater, dass ich täglich mit Ihnen zu sprechen wünschte... Was nämlich kann einem wissbegierigen Menschen Wünschenswertes widerfahren, als einen Mann zu sehen und zu hören, der die versteckten Schätze des fernsten Osten und die verborgenen Geheimnisse so vieler Jahrhunderte uns eröffnen kann. Bisher hatten wir nur Handelsbeziehungen, und zwar mit den Indern in Gewürzen und verschiedenen Spezereien, aber noch nicht in wissenschaftlichen Erkenntnissen. Diese wird Europa Ihnen verdanken. Sie lehren die chinesischen Völker in unseren Mathematischen Wissenschaften. Durch Sie schulden umgekehrt auch uns die Chinesen verschiedene Geheimnisse der Natur, die ihnen durch lange Beobachtung bekannt geworden sind. Denn die Physik stützt sich mehr auf praktische Beobachtungen, die Mathematik dagegen auf theoretische Überlegungen des Verstandes. In diesen letzteren zeichnet sich unser Europa aus, aber in den praktischen Erfahrungen sind die Chinesen die Überlegenen, weil in ihrem Reich, das seit so vielen Jahrtausenden blüht, die Traditionen der Alten bewahrt wurden, die in Europa durch die Wanderungen der Völker zum grossen Teil verloren gingen... |
|
2 | 1697 |
Leibniz, Gottfried Wilhelm. Novissima sinica [ID D1101]. Quellen : Der grösste Teil des Buches besteht aus Auszügen der Schriften und Briefe der Jesuitenmissionare in China. Werke von Martino Martini. Bouvet, Joachim. Icon regia monarchae sinarvm nvnc regnantis. Bouvait, Joachim. Portrait historique de l'Empereur de Chine. [Kangxi]. In : 2. Aufl. von Gerbillon, Jean-François. Gerbillon, Jean-François. Auszug eines Briefes über den chinesisch-russischen Krieg und den Friedensschluss. Beschreibung des Weges der russischen Gesandtschaft nach China (1693-1695). Erwähnung der 1625 aufgefundenen Stele von Xi'an. Grimaldi, Claudio Filippo. Antworten auf die Liste der Fragen über China von Leibniz, Brief von 1695. Kircher, Athanasius. Kircher, Athanasius. China illustrata [ID D1712]. Leusden, Johann. De successu evangelii apud Indos Occidentales. Longobardo, Niccolò. Traité sur quelques points de la religion des Chinois [ID D1792]. Malebranche, Nicolas. Entretien d'un philosophe chrétien et d'un philosophe chinois [ID D1799]. Ricci, Matteo ; Trigault, Nicolas. De christiana expeditione [ID D1652]. Sainte-Marie, Antoine de. Traité sur quelques points importans de la mission de la Chine [ID D16444]. Soares, José. Libertas Evangelium Christi annunciandi et propagandi in Imperio Sinarum solenniter declarata, anno Domini 1692. Bericht über das Toleranzedikt zur Missionserlaubnis in China von Kaiser Kangxi. Spizel, Gottlieb. De re literaria Sinensium commentarius [ID D1706]. Thomas, Antoine. Brief über die Förderung des Christentums durch den Hof in Beijing. Verbiest, Ferdinand. Auszug aus Astronomia Europaea [ID D1719]. Leibniz schreibt im Vorwort : China nimmt es schon an Grösse mit Europa als Kulturlandschaft auf und übertrifft es sogar in der Zahl seiner Bewohner, es weist aber auch noch vieles andere auf, in dem es mit uns wetteifert und bei nahezu "ausgeglichenem Kriegsglück" uns bald übertrifft, bald von uns übertroffen wird… In den Fertigkeiten, deren das tägliche Leben bedarf, und in der experimentellen Auseinandersetzung mit der Natur sind wir einander ebenbürtig, und jede von beiden Seiten besitzt da Fähigkeiten, die sie mit der jeweils anderen nutzbringend austauschen könnte ; in der Gründlichkeit gedanklicher Überlegungen und in den theoretischen Disziplinen sind wir allerdings überlegen… Aber wer hätte einst geglaubt, dass es auf dem Erdkreis ein Volk gibt, das uns, die wir doch nach unserer Meinung so ganz und gar zu allen feinen Sitten erzogen sind, gleichwohl in den Regeln eines noch kultivierteren Lebens übertrifft ? Und dennoch erleben wir dies jetzt bei den Chinesen, seitdem jenes Volk uns vertrauter geworden ist. Wenn wir daher in den handwerklichen Fertigkeiten ebenbürtig und in den theoretischen Wissenschaften überlegen sind, so sind wir aber sicherlich unterlegen auf dem Gebiet der praktischen Philosophie, ich meine : in den Lehren der Ethik und Politik, die auf das Leben und die täglichen Gewohnheiten der Menschen selbst ausgerichtet sind… und mögen die Chinesen die wahre tugendhafte Lebensführung noch nicht ganz erreicht haben, so habe sie dennoch die bitteren Resultate menschlicher Fehler gemildert, und obwohl sie die Wurzeln sündhafter Vergehen aus der menschlichen Natur nicht ausrotten konnten, haben sie gleichwohl gezeigt, dass die hervorsprossenden Schösslinge böser Eigenschaften zu einem guten Teil nieder gehalten werden können... Möge Gott es geschehen lassen, dass unsere Freude begründet und dauerhaft ist und nicht durch unklugen Glaubensfanatismus oder durch interne Streitigkeiten der Männer, die die Pflichten der Apostel auf sich nehmen, noch durch üble Beispiele unserer Landsleute zunichte gemacht wird. Die europäische Kultur verkörpert die eine Einheit, die durch die Weltreligion des Christentums zusammengehalten wird. Die östliche Einheit begegnet uns in der chinesischen Kultur. Die beiden Kulturen sind untrennbar geeint in der grossen Harmonie einer Kulturfamilie. Was Europa auszeichnet, fehlt zumeist in China, und was im Osten vorbildlich erscheint, geht oft dem Abendlande ab. Der Westen ist in allen metaphysischen und abstrakten theoretischen Wissenschaften fortgeschrittener, besonders in theoretischer Philosophie. Andererseits überragen die Chinesen die Europäer in der sogenannten praktischen Philosophie, besonders in der Ethik und Politik, in den Wissenschaften, die in Zusammenhang mit dem praktischen Leben stehen. Leibniz schreibt über Kaiser Kangxi : Das gilt so sehr, dass der jetzt regierende K'ang Hsi, ein nahezu bespiellos hervorragender Fürst, wie immer er auch den Europäern geneigt ist, es dennoch gegen die Empfehlung seiner obersten Behörden nicht gewagt hat, die Freiheit der christlichen Religion durch ein staatliches Gesetz zu sanktionieren, bis ihre Heiligkeit geklärt war und es feststand, dass auf keine andere Weise der grosse und heilsame Plan des Kaisers besser zur Vollendung gebracht werden könne, in China europäische Fertigkeiten und Wissenschaften einzuführen. In dieser Angelegenheit scheint mir der Kaiser als Einzelperson weiter vorausgeschaut zu haben als alle seine obersten Behörden ; und der Grund für eine so überragende Klugheit war, wie ich glaube, die Tatsache, dass er Europäisches mi Chinesischem verband... Ich erinnere mich, dass Pater Claudio Filippo Grimaldi... mir gegenüber in Rom nicht ohne Bewunderung die Tugend und Weisheit dieses Fürsten pries, denn um nichts über seine Gerechtigkeitsliebe, die liebende Fürsorge für seine Völker, seine gemässigte Lebensweise und die übrigen Lobpreisungen zu sagen - Grimaldi hob hervor, dass des Kaisers erstaunlicher Wissensdurst nahezu unglaublich sei. Denn er, den seine fürstlichen Verwandten und die bedeutendsten Männer des gesamten Reiches von Ferne verehren und in seiner Nähe anbeten, bemühte sich zusammen mit Ferdinand Verbiest in der Abgeschlossenheit eines inneren Gemachs drei oder vier Stunden lang täglich an mathematischen Geräten und Büchern, wie ein Schüler mit seinem Lehrer ; und er machte so grosse Fortschritte, dass er die euklidischen Beweise erfasste, die trigonometrischen Berechnungen verstand und so in der Lage ist, die astronomischen Erscheinungen in Zahlen auszudrücken. Leibniz schreibt an Jacob Hop : Bei der Veröffentlichung der Novissima sinica hatte ich das Ziel, die Protestanten aufzufordern, sich an der grossen Ernte zu beteiligen, die auf dem Felde des Herrn eröffnet ist, zur Ehre Gottes und zu ihrer eigenen Ehre, auf dass die reine Religion in diesem grossen Reiche nicht ausgeschlossen bleibe. Denn nur wegen ihrer Wissenschaften sind die Jesuiten in China zugelassen worden, worin ihnen die Protestanten nichts nachgeben, um nicht zu sagen, ihnen überlegen sind. Und da der chinesische Kaiser mit ihnen nur die europäischen Wissenschaften hereinbittet, so glaube ich, dass man der Religion und der Schiffahrt grosse Vorteile verschaffen würde, wenn man aus den guten Absichten dieses Fürsten Nutzen zöge. Leibniz bemüht sich in seiner Novissima sinica um ein umfassendes Wissen über China sowie andere Kulturen, um es als Basis und Material für konsistente und empirisch begründete Spekulationen über eine gemeinsame kulturelle Zukunft verwenden zu können. Er entdeckt Chinas Verachtung menschlicher Aggressionen und Abscheu vor den Kriegen, eine "natürliche Theologie", die kultivierende und zivilisierende Macht der Konventionen und Sitten und die Vorbildlichkeit der Herrscher als mögliches Muster, einem Verfall Europas entgegen zu wirken. Leibniz möchte Europa ein sympathisches Bild von China vermitteln und setzt sich für die Akkommodationspolitik ein. Er ist der Meinung, dass sich die christliche Mission so weit wie möglich den Landessitten anpassen sollte. Missionen waren für ihn ein wichtiges Medium für den wissenschaftlichen Austausch mit dem Westen. Russland sollte die Vermittlerrolle zwischen China und Europa einnehmen. Die chinesische Sprache und Schrift faszinierten ihn, da er sich Gedanken über eine Universalsprache macht. Der chinesische Kaiser ist mit Nachrichten über Europa informiert worden, da z.B. das Vorwort der Novissima Sinica in China bekannt geworden ist. Adrian Hsia : Für Leibniz stellen Europa und China zwei sich ergänzende Hälften einer Weltkultur dar : China sei stärker in der praktischen Philosophie, während Europa in der transzendentalen Philosophie voraus sei. In China gelte die natürliche Religion und in Europa die geoffenbarte. Ein tiefgehendes Verständnis ihres Gegenpols sei auf beiden Seiten dringend vonnöten. Daher meinte er, ein Austausch von Studierenden, die sich in die Kultur des Gastlandes vertiefen sollten, sei sehr erwünscht. Ausserdem sei die gegenseitige Missionierung notwendig, was er in seiner Vorrrede zu Novissima sinica zum Ausdruck bringt. China und Europa sollen sich ergänzen und voneinander lernen. Da Russland zwischen den beiden Kulturhälften liegt, sei es dazu berufen, die Vermittlerrolle zu übernehmen. Er versuchte unermüdlich, den Zaren Peter der Grosse, für sein Projekt zu gewinnen, was ihm aber nicht gelingt. Es ist offensichtlich, dass Leibniz die China-Mission der Jesuiten und ihre Akkomodation gutheisst, denn seine Äusserungen spiegeln weitgehend die Lehre und Praxis der Jesuiten in China wider. Auch ist er wie die Missionare von der Überlegenheit der christlichen Offenbarungsreligion überzeugt und gegen den Glaubensfanatismus. Er räumt die Möglichkeit ein, China könne, wenn es einmal christlich werde, Europa überlegen sein und befürwortet einen Kulturaustausch, weil die ganze Welt davon profitieren würde. Sein Eifer, China zu christianisieren, entspringt nicht der Überzeugung, China dadurch Kultur oder Zivilisation zu bringen, vielmehr will er China dadurch vervollkommnen. Hans Poser : Die christliche Mission in China ist das zentrale Thema und Anliegen der Novissima sinica. Sie ist erstens geprägt durch den seit Matteo Ricci für die jesuitische Mission leitenden Gedanken, dass Wissenschaft und Christentum unmittelbar zusammengehören und zweitens entspricht die Offenbarungstheologie des Westens aus seiner Sicht einer natürlichen Theologie und Ethik Chinas. Immer wieder betont Leibniz den Zusammenhang von Erkenntnis und Glauben, indem er den Weg über die Mathematik und ihre ewigen Wahrheiten zur platonischen Ideenlehre als den vernünftigen Weg zum Christentum darstellt. In der Dyadik und im Yi jing sieht er die Möglichkeit eines vernünftigen Zugangs zum Christentum als Lehre vom Schöpfergott, der die beste aller möglichen Welten als Harmonie der Vielfalt in der Einheit verwirklicht und erhält, so dass eine rationale Grundstruktur durch die Vereinbarkeit von Vernunft und Glauben auch in der Offenbarungsreligion gegeben ist... Leibniz' Darstellung des chinesischen Toleranzediktes, in dem der christlichen Religion die gleiche Stellung eingeräumt wird wie dem Buddhismus und dem Mohamedanismus, ist ein meisterlicher politischer Schachzug, denn wenn ein Tolaranzedikt in China möglich ist, wäre es in Europa um so gebotener... Er steht im Ritenstreit ganz auf der Seite der Jesuiten, denn so ist eine Verschiedenheit im Kultus bei gleicher Grundüberzeugung möglich, kommt es in der Mission doch darauf an, die interpretativen Unterschiede der christlichen Konfessionen nicht öffentlich werden zu lassen, sondern im Gegenteil die Gemeinsamkeit hervorzuheben. Ein unmittelbares politisches Vorbild für Europa und für seine eigenen Visionen sieht Leibniz im chinesischen Kaiser, verkörperte er doch, was er von den europäischen Fürsten erhoffte... Der chinesische Herrscher achte und ehre die Gesetze und die Weisen seines Landes, hat sich den Wissenschaften und der Vernunft verschrieben und will mit ihnen sein Reich fördern. John Ho : Leibniz schätzt den chinesichen Kaiser hoch ein. Trotz der grossen politischen Macht würde er sie nie missbrauchen. Das Ziel seiner Politik wird von weister Überlegenheit und Sittlichkeit bestimmt. Er bleibt stets den Weisen und den Gesetzen untergeordnet und gehorsam und holt den Rat der Gelehrten als wichtigsten Beitrag zu seiner Politik ein. Besonders hoch wertet Leibniz, dass sich der Kaiser bemüht, den Geist Europas zu verstehen, sowie seine Toleranz dem Christentum gegenüber... Leibniz schätzt die Philosophie des Neo-Konfuzianismus. Er hält ihn für den „Rationalismus“ Chinas und betrachtet ihn als Kern der chinesischen Tradition. Sein Vorschlag ist, dass die Europäer die Gedanken des chinesischen Rationalismus so weit wie möglich aufnehmen, um ihre eigene natürliche Theologie zu verbessern ; in gleicher Weise sollten sich die Chinesen die Offenbarungstheologie zu eigen machen. Leibniz wünscht, dass China Missionare nach Europa schickt, die die natürliche Theologie lehren, und europäische Missionare sollten die Offenbarungstheologie nach China bringen. Um die christliche Religion zu verbreiten und um das Christentum als ein Mittel der Kulturverbindung wirksam werden zu lassen, sollten die westlichen Missionare zuerst die chinesische Kultur verstehen lernen. Dazu gehört das Studium der chinesischen Sprache, Schrift, Geschichte, Philosophie und Wissenschaft. Leibniz hofft, dass China auch das Unterrichtswesen Europas annimmt und fordert einen wissenschaftlichen Austausch, der helfen würde, dass der Weltfriede erhalten bleibt. Er drückt die Hoffnung aus, Russland werde eine wissenschaftliche Beziehung zwischen Europa und China vermitteln ; und nähme der Zar oder der chinesische Kaiser den christlichen Glauben an, wäre der Weltfrieden sicher gestellt. Auch wäre der Weg durch Russland nach China sicherer und schneller als der Weg über das Meer. |
|
3 | 1762 |
Justi, Johann Heinrich Gottlob Justi. Vergleichung der europäischen mit den asiatischen und anderen vermeintlich barbarischen Regierungen [ID D11436] Justi schreibt im Vorwort : So allgemein dieser Nationalstolz allen Völkern ist, so treiben aber die Europäer diese hohe Einbildung höher als alle anderen Nationen des Erdbodens... Wir setzen uns kühn über alle anderen Völker der übrigen Erdteile hinaus. Sie sind in unseren Augen nichts als ungeschickte, rohe und unwissende Barbaren, wenn wir ihnen noch die Ehre erzeigen, dass wir sie nicht gar unter die Wilden zählen. Alle ihre Sitten, Gebräuche und Regierungsverfassungen kommen uns durchaus ungereimt, unvernünftig, töricht und lächerlich vor. Unsere Vernungt, unsere Erkenntnis, unsere Ansichten dünken uns so erhaben zu sein, dass wir auf alle anderen Völker des Erdbodens als auf uns herumkriechende elende Würmchen herabsehen... Justi schreibt, dass die Kaufleute im Gegensatz zu den Jesuiten die Mandarinen als geizige, tyrannische Obrigkeiten bezeichnen. Er glaubt aber, dass viele Gründe für die Wahrheit der Jesuiten spricht. |
|
4 | 1792 |
Goethe, Johann Wolfgang von. Der Gross-Cophta : ein Lustspiel in fünf Aufzügen. (Berlin : Johann Friedrich Unger, 1792). Die Bezauberungsszene enthält Chinoiserien, u.a. chinesische Tapeten. |
|
5 | 1798 |
Johann Wolfgang von Goethe schreibt an Friedrich von Schiller : Das Buch Francisci, Erasmus. Neu-polirter Geschicht- Kunst- und Sitten-Spiegel... [ID D11244] hat mich unglaublich amüsiert und mir eine gute Idee von dem Scharfsinn der Chinesen gegeben. Diese Sammlung von merkwürdigen Begebenheiten, Sitten, Gebräuchen, Wissenschaften, Künsten, Jagden usw. war eine Art Kuriositätenkabinett von einem in jeder Hinsicht beschränkten Geiste zusammengetragen. Goethe fesselte darin nur das "tolle philosophische Gespräch" das zwischen Matteo Ricci und einem Mönch der Luotian-Sekte stattgefunden hat. Wolfgang Bauer : Goethe begegnet zum ersten und wahrscheinlich einzigen Male dem "anderen Gesicht" Chinas, das nicht durch den im 18. Jahrhundert bereits blutleer gewordenen Konfuzianismus geformt war, sondern auch durch den Buddhismus und Taoismus, die in ihren zahlreichen Mischformen gerade ein besonders enges Verhältnis zur Natur besassen. |
|
6 | 1911 |
Ku, Hung-ming [Gu Hongming]. Chinas Verteidigung gegen europäische Ideen [ID D11435]. Er schreibt : Der Engländer kann nicht durch die gelbe Haut hindurch das Innere sehen, das moralische Wesen und den geistigen Wert des Chinesen. Wenn er es könnte, so würde er sehen, was für eine Feenwelt tatsächlich im Innern des Chinesen mit Zopf und gelber Haut verborgen ist. Er würde unter anderen Dingen den Taoismus erblicken, mit Bildern von Feen und Genien, die den Göttern des alten Griechenlandes nichts nachleben : er würde den Buddhismus finden und seinen Sang von unendlichem Leid, Mitleid und Gnade, so süss und traurig und tief wie der mystische unendliche Gesang des Dante. Und schliesslich würde er den Konfuzianismus finden mit seinem Weg des „Edlen“… Hermann Hesse schreibt eine Rezension über das Buch. Daraus erfährt er etwas über die chinesische Geschichte des 19. Jahrhunderts, den Boxeraufstand und den Opiumkrieg. Er schreibt : Man erfährt daraus viel über die massgebenden politischen Persönlichkeiten Chinas, speziell über die Ära von Li-Hung-Tschang [Li Hongzhang], und darunter manches Erstaunliche. Der sympatische Autor ist, ohne sonderlich originall zu sein, ein feiner, gescheiter Vertreter der alten chinesischen Kultur und Moral, die einer Verteidigung gegen Europa freilich sehr bedarf. Im letzten Grunde hat er Recht : Wir Europäer haben den Chinesen wenig Gutes und viel Schlechtes ins Land gebracht. Wu Xiaoqiao : Gu Hongming verfasste dieses Werk um zu zeigen, wie seit der Ankunft der Europäer in China wir Chinesen versucht haben, die zerstörenden Kräfte der materialistischen Zivilisation Europas zu bekämpfen und verhindern, dass dadurch Schaden geschehe an der Sache der guten Regierung und wahren Kultur. Er schreibt : "Wir Chinesen als Nationa haben uns bisher dieser echten Macht innerhalb der chinesischen Kultur noch wenig bedient, um die Kräfte der modernen Zivilisation Europas zu bekämpfen". Er versucht den Geist, oder die Seele der chinesischen Zivilisation zu erklären und ihren Wert zu zeigen. Das Buch gilt als eine Erklärung an die europäische Welt und erweist sich als heftige Verteidigung der traditionellen chinesischen Kultur gegen die militärischen und materialistischen Tendenzen der modernen europäischen Zivilisation sowie als Kritik gegen den Gedanken der "Pöbelverehrung". Seiner Ansicht nach führte diese Rücksichtsnahme auf die Masse des Volkes auch zum Weltkrieg. Was die Ähnlichkeiten der verschiedenen Kulturen betrifft, meint Gu : "Wenn man in der Tat die a+b=c Gleichung richtig gelöst hat, wird man finden, dass nur ein geringer Unterschied zwischen dem Osten des Konfuzius und dem Westen Shakespeares und Goethes besteht..." Gu übte heftige Kritik an der Übertragung von klassischen chinesischen Werken, die seiner Meinung nach zum falschen Verständnis der chinesischen Kultur in Europa beigetragen haben. Walter Benjamin schreibt an einen Freund über das Buch : Es ist im einzelnen bei meiner völligen Unkenntnis der chinesischen Politik nich anschaulich gewesen ; doch es überrascht, unter ganz fernen Verhältnissen einen so radikalen Kulturwillen zu bemerken, wie Gu Hongming ihn bewährt. Er steht jenseits der Parteipolitik, beurteilt die führenden Persönlichkeiten rücksichtslos nach ihrer moralischen Dignität und sieht für das heutige China mit Schrecken die Gefahr, dass es vom zynischen industrialistischen Geist Europas vergewaltigt werden kann. Im Vorwort wird erwähnt, dass Gu Hongming in Weimar war und Goethe kannte. Er schreibt, dass die Aufklärung ihre "wirksamsten Ideen" dem Studium chinesischer Ideen und chinesischer Einrichtungen zu verdanken hat. |
|
# | Year | Bibliographical Data | Type / Abbreviation | Linked Data |
---|---|---|---|---|
1 | 1775 | Barbé de Marbois [Barbé-Marbois, François de]. Reise des Herrn von M nach China, in den Jahren 1773 und 1774. In : Der Teutsche Merkur (1775). Beschreibung des Handels in Guangzhou (Guangdong) und Notiz über Kaiser Qianlong. | Publication / Barb1 |
|
# | Year | Bibliographical Data | Type / Abbreviation | Linked Data |
---|---|---|---|---|
1 | 2000- | Asien-Orient-Institut Universität Zürich | Organisation / AOI |
|