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Year

1750

Text

Rousseau, Jean-Jacques. Si le rétablissement des sciences et des arts a contribué à épurer les moeurs [ID D20010].
Rousseau schreibt : "Il est en Asie une contrée immense où les lettres honorées conduisent aux premières dignités de l'Etat. Si les sciences épuraient les moeurs, si elles apprenaient aux hommes à verser leur sang pour la patrie, si elles animaient le courage, les peuples de la Chine devraient être sages, libres et invincibles. Mais s'il n'y a point de vice qui ne les domine, point de crime qui ne leur soit familier ; si les lumières des ministres, ni la prétendue sagesse des lois, ni la multitude des habitants de ce vaste empire n'ont pu le garantir du joug du Tartare ignorant et grossier, de quoi lui ont servi tous ses savants ? Quel fruit a-t-il retiré des honneurs dont ils sont comblés ? Serait-ce d'être peuplé d'esclaves et de méchants ?"

Willy Richard Berger : Als Beispiel für den Niedergang der Sitten in einer hochentwickelten Zivilisation dient Rousseau neben dem Verfall und Untergang des antiken Rom auch die chinesische Kultur, und sein Urteil ist vernichtend. Er leugnet keineswegs wie andere Kritiker den hohen Stand der Wissenschaften und Künste in China, nur bewertet er ihn anders. Weder die wissenschaftlichen Leistungen noch die Aufgeklärtheit der Minister noch die angebliche Mustergültigkeit der Gesetzgebung haben das Land vor Lastern und Verbrechen schützen können, vor allem nicht vor der Unterwerfung durch die Tataren. Dies ist der Hauptvorwurf, den Rousseau dem chinesischen Reich macht. Das Hervorkehren militärischer Stärke läuft seinem Ideal von einer friedlichen und im Übereinklang mit der Natur lebenden Gesellschaft geradewegs zuwider. Indes ist bei ihm der beklagte mangelnde kriegerische Charakter der Chinesen eingebettet in das Ensemble all der anderen kritischen Ausstellungen, in denen sich insgesamt sein 'Unbehagen in der Kultur' artikuliert. Das Fehlen des heroischen Sinns ist Zeichen und Produkt der Dekadenz : die direkte Folge der Verweichlichung der Sitten durch den Luxus, und dieser wiederum steht in einem verhängnisvollen Zusammenhang mit dem Fortschritt von Kunst und Wissenschaft, den die Aufklärung optimistisch gepriesen hat und den Rousseau als das eigentliche Erzübel der Menschheit anprangert.

Lee Eun-jeung :
Mit diesen Schriften schloß sich auch Rousseau den Chinakritikern an. Rousseau hob sich jedoch von diesen insofern ab, als er den hohen Stand der Wissenschaften und Künste in China, wie sie es häufig taten, nicht leugnete, sondern ihn nur anders bewertete. Es ging ihm nicht so sehr um Degradierung der chinesischen Kultur, sondern vielmehr um Beispiele für seine These, daß alles Flend des Menschen aus seiner zivilisatorischen Übersättigung stamme. Dies konnte er nur an einer hochentwickelten Kultur zeigen. Für diesen Zweck bot China neben dem antiken Rom und der französischen Hof- und Salonkultur des Rokoko bestes Anschauungsmaterial. Dass China keineswegs so mustergültig war. wie es die Jesuiten glauben machen wollten, daß es vielmehr der Inbegriff aller möglichen Verbrechen und Laster war, habe er in Ansons Reisebericht lesen können. Dies war genau der Beweis seiner These.
Seiner Ansicht nach war die Niederlage Chinas gegen die Tartaren Folge des Mangels an Tapferkeit. Das Fehlen des heroischen Sinns sei Zeichen und Produkt der Dekadenz, also die direkte Folge der Verweichlichung der Sitten durch den Luxus, die wiederum in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Fortschritt von Kunst und Wissenschaft stehe, welche er aber als das eigentliche Erzübel der Menschheit anprangerte. Für Rousseau war Zivilisation überhaupt eine Alterserscheinung der Menschheitsentwicklung, der kränkelnde Endzustand. auf den die jugendliche Gesundheit des Naturmenschen zuletzt hinabgekommen war. Und China war ein Land mit einer uralten Zivilisation. Dies stand für ihn nicht in Frage. Gerade seine Anciennität, welche viele Chinakritiker bis dahin heftig bestritten hatten, war bei ihm selbstverständliche Voraussetzung für die von ihm diagnostizierte Degeneration.
Mit seiner Kulturkritik läutete Rousseau die europäische Gegenaufklärung ein. Und die ideologische Abwertung Chinas in den folgenden Epochen erfolgte vor allem im Zeichen Rousseaus und auch Montesquieus. Sie ging einher mit der Frontstellung gegen die Ideale der Aufklärung.

Jacques Pereira : Rousseau trouve dans le mandarinat un argument de choix au service de sa thèse de la corruption des moeurs par la culture des arts puisque voilà un pays, la Chine, qui depuis si longtemps cultive les lettres et qui est au dernier degré de corruption.

Song Shun-ching : Rousseau a émis des critiques sur l’ensemble du peuple chinois et de ses moeurs. Il cite l’invasion de l'empire chinois par les Tartares afin de défendre sa thèse, notamment qu’un pays gouverné par des lettrés ne peut être que 'peuplé d’esclaves et de méchants'.

Mentioned People (1)

Rousseau, Jean-Jacques  (Genève 1712-1778 Ermenonville, Oise) : Philosoph, Schriftsteller, Komponist

Subjects

Philosophy : Europe : France / Philosophy : Europe : Switzerland

Documents (5)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1750 Rousseau, Jean-Jacques. Discours qui a remporté le prix à l'Academie de Dijon en l'année 1750 : sur cette question proposée par la même Académie : Si le rétablissement des sciences & des arts a contribué à épurer les moeurs. (Genève : Chez Barrillot & fils, 1750). [= Discours sur les sciences et les arts. Enthält Eintragungen über China].
http://un2sg4.unige.ch/athena/rousseau/jjr_sca.html.
Publication / Rous11
2 1989 Song, Shun-ching. Voltaire et la Chine. (Aix-en-Provence : Université de Provence, 1989). Diss. Univ. de Provence, 1987. S. 284. Publication / Song
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Song, Shun-ching
  • Person: Voltaire
3 1990 Berger, Willy Richard. China-Bild und China-Mode im Europa der Aufklärung. (Köln ; Wien : Böhlau, 1990). S. 113-114. Publication / Berg
  • Source: Vondel, Joost van den. J. v. Vondels Zungchin of Ondergang der Sineesche heerschappye : treurspel. (Amsterdam : Voor de weduwe van Abraham de Wees, 1667). [Drama über die Eroberung Pekings durch die Mandschu-Rebellen, den gescheiterten Fluchtversuch des besiegten Ming-Kaisers und seinen Selbstmorde]. (Vond1, Publication)
  • Source: Regnard, Jean François. Les Chinois : comédie en 5 actes : représentée pour la première fois par les Comédiens italiens du Roy dans leur Hostel de Bourgogne, le 13 de Decembre 1692. ([S.l. : s.n., 1700). [Erstaufführung Hôtel de Bourgogne, 1692 vor höfischem Publikum mit Pagoden]. (Reg1, Publication)
  • Source: Bouvet, Joachim. L'estat present de la Chine, en figures dedié à Monseigneur le Duc à Madame la Duchesse de Bourgogne. (Paris 1697). (Bouv1, Publication)
  • Source: Rameau, Jean-Philippe. Les Indes galantes : ballet heroique. (Paris : Ballard, 1735). [Aufführung mit chinesischen Kostümen]. (RamJ1, Publication)
  • Source: Hurd, Richard. A discourse concerning poetical imitation. In : Flaccus, Quintus Horatius [Horaz]. Q. Horatii Flacci epistola ad Augustum. With an English commentary and notes. To which is added, a discourse concerning poetical imitation. By the author of the Commentary, &c. on the epistle to the Pisos. (London : Printed for W. Whurlbourn in Cambridge and sold by R. Dodsley in Pall-Mall, 1751). [Enthält Eintragungen über Zhao shi gu er von Ji Junxiang, die erste literarkritische Auseinandersetzung eines Europäers mit einem Stück chinesischer Dichtung]. (Hurd1, Publication)
  • Source: Hau kiou choaan ; or, the pleasing history : a translation from the Chinese ; to which are added I. The arguments or story of a Chinese play. II. A collection of Chinese proverbs, and III. Fragments of Chinese poetry. In four volumes, with notes. Translated by James Wilkinson, an East India merchant ; edited by Thomas Percy. Vol. 1-4. (London : R. & J. Dodsley, 1761). Übersetzung von Mingjiaozhongren. Hao qiu zhuan = Xia yi feng yue zhuan (ca. 1683). 好逑传
    http://books.google.com/books?id=7V8iAAAAMAAJ&printsec=frontcover&hl=
    de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false.
    [Vol
    . 1 fehlt]. (Hau1, Publication)
  • Source: Gozzi, Carlo. Turandot, principessa chinese : fabia tragica. ([S.l. : s.n.], 1762). [Gozzi, Carlo. Opere. Tomo 1-9. Venezia : Colombani, 1772-1787). T. 1 enthält La Turandot]. Der Stoff des Stückes stammt aus dem Persischen und ist die Heldin einer Erzählung aus der Märchensammlung 1001 Nacht. Die Handlung spielt am Kaiserhof in Beijing. Gozzi hat auf typische Märcheneffekte verzichtet, alles spielt in natürlichen menschlichen Verhältnissen und das phantastische Element ist allein durch das ferne Fabelreich China verbürgt. (Schi39, Publication)
  • Source: Unzer, Ludwig August. Über die chinesischen Gärten : eine Abhandlung. ([Lemgo : Meyer], 1773). (Unz2, Publication)
  • Source: Lichtenberg, Georg Christoph. Von den Kriegs- und Fast-Schulen der Schinesen, nebst einigen andern Neuigkeiten von daher. In : Göttinger Taschen Calender für 1796. (Lich1, Publication)
  • Source: Quinault, Philippe. Roland : tragédie lyrique mise en trois actes, avec quelques changemens. Musique de [Niccolò] Piccini. (Paris : Aux dépens de l'Académie, 1778). [Mit chinesischen Balletten in den Zwischenakten]. (Quin1, Publication)
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
4 2003 Lee, Eun-jeung. "Anti-Europa" : die Geschichte der Rezeption des Konfuzianismus und der konfuzianischen Gesellschaft seit der frühen Aufklärung : eine ideengeschichtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung. (Münster : LIT Verlag, 2003). (Politica et ars ; Bd. 6). Habil. Univ. Halle-Wittenberg, 2003. S. 65. Publication / LeeE1
  • Source: Leibniz, Gottfried Wilhelm. De cultu Confucii civili. In : Brief an Antoine Verjus. (Leib40, Publication)
  • Source: Justi, Johann Heinrich Gottlob von. Gesammelte Politische und Finanzschriften über wichtige Gegenstände der Staatskunst, der Kriegswissenschaften und des Cameral- und Finanzwesens. Bd. 1. (Kopenhagen : Rothe, 1761). [Enthält] : Die Nothwendigkeit einer genauen Belohnung und Bestrafung der Bedienten eies Staats ; Vortrefliche Einrichtung der Sineser in Ansehung der Belohnung und Bestrafung vor die Staatsbedienten. [Artikel über das chinesische Verwaltungssystem ; zweiter Artikel ist die Übersetzung von Lamberts, Claude. Recueil d'observations curieuses. (Paris : 1749) ; Artikel geschrieben 1754]. (JusJ2, Publication)
  • Source: Weber, Max. Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen : Der Konfuzianismus. In : Archiv für Sozialpolitik ; Bd. 41, Heft 1, S. 1-87 ; Heft 2, S. 335-421 (1915). Erstabdruck der ersten Fassung. (Web66, Publication)
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Gatterer, Johann Christoph
  • Person: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich
  • Person: Herder, Johann Gottfried
  • Person: Kant, Immanuel
  • Person: Lee, Eun-jeung
  • Person: Leibniz, Gottfried Wilhelm
  • Person: Marx, Karl
  • Person: Schlözer, August Ludwig von
  • Person: Weber, Max
  • Person: Wittfogel, Karl A.
  • Person: Wolff, Christian
5 2008 Pereira, Jacques. Montesquieu et la Chine. (Paris : L'Harmattan, 2008). Diss. Faculté de Nice, 2008. S. 456-457. Publication / Pere
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Bayle, Pierre
  • Person: Comte, Auguste
  • Person: Condorcet, Jean Antoine Nicolas de
  • Person: Destutt de Tracy, Antoine Louis Claude
  • Person: Diderot, Denis
  • Person: Du Halde, Jean-Baptiste
  • Person: Fourier, Charles
  • Person: Fréret, Nicolas
  • Person: Fénelon, François
  • Person: Helvétius, Claude-Adrien
  • Person: Leibniz, Gottfried Wilhelm
  • Person: Malebranche, Nicolas
  • Person: Montesquieu, Charles de Secondat de
  • Person: Pereira, Jacques
  • Person: Quesnay, François
  • Person: Rousseau, Jean-Jacques
  • Person: Volney, Constantin François
  • Person: Voltaire