# | Year | Text | Linked Data |
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1 | 1979 |
Leben des Galilei von Bertolt Brecht [ID D12447] wird unter der Regie von Huang Zuolin und Chen Rong im Zhongguo qing nian yi shu ju yuan (China Youth Art Theater) aufgeführt und mit Begeisterung aufgenommen. Das Schicksal Galileis erinnert vor allem die Intellektuellen an ihr eigenes Erlebenis während der Kulturrevolution. Zhang Yushu : Die Aufführung von diesem Theaterstück brachte uns zurück zu der Zeit, wo ähnliche Tragödien zu Alltäglichkeiten wurden, die nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Realität, unter uns, ja sogar an unserem eigenen Leibe geschehen sind. Das ist nicht das Leben eines Italieners, hier begann nun der Verfremdungseffekt zu wirken, weil man dabei eher an sein eigenes Leben dachte, an die Demütigungen und Schikanen, die man gezwungenerweise zu verschlingen hatte, an die physischen Qualen und seelischen Folterungen, an denen viele zugrunde gingen. Die Würde des Menschen wurde aufs grausamste zertreten, indem man gezwungen wurde zu lügen. Ding Na : Ding Yangzhong hat das Stück während seiner körperlichen Umerziehung auf dem Lande während der Kulturrevolution ins Chinesische übersetzt. Vor allem zog die Figur des Galilei die chinesischen Zuschauer deswegen an, weil er ein berühmter Wissenschaftler mit menschlichen Schwächen gewesen ist. Um eine ähnliche Niederlage wie bei Mutter Courage zu vermeiden, hatte man das verfremdende Element des Stückes auf ein Minimum reduziert. Denn Huang Zuolin sah in der Verfremdung die Ursache seiner einst misslungenen Inszenierun von Mutter Courage. Gestrichen wurden vor allem viele Stellen über die Astronomie und Theologie, welche die durchschnittlichen Zuschauer nicht verstehen konnten, natürlich auch die von Galilei zitierten erotischen Verse von Horaz, um die chinesischen Sitten nicht zu verderben. Ganz weggelassen worden sind die 5., 8. und 15. Szene. Wolfgram Schlenker schreibt zum Erfolg : Es ist ein anderes China, in dem Brecht jetzt plötzlich so grosses Interesse findet, ein China, das unter dem führenden Schlagwort ‚Die Wahrheit in den Tatsachen suchen’ den Realismus nicht nur in der Kunst sucht – vielleicht dort offiziell noch am wenigsten. Nach den bitteren Erfahrungen der Kulturrevolution, nach zwanzig von politischen Bewegungen, Auseinandersetzungen und unzähligen Wechseln zerrissenen Jahren, die zu einer Verschlechterung der Lebensverhältnisse der meisten und zu einem wirtschaftlichen Chaos geführt hatten, stellen sich alle Fragen neu. Nichts ist mehr selbstverständlich : Was ist Sozialismus, was Revisionismus ? Was ist links, was rechts ? Ist Politik nur ein schmutziges Geschäft weniger oder eine Sache für alle ? Wie verhalten sich Demokratie und Diktatur zueinander ? Und so weiter. Da ist Brechts Stück über den Anbruch einer Neuen Zeit, den es 'ungeschminkt' zeigt, höchst aktuell. |
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