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“Ex oriente lux : Heideggers Werk unter ostasiatischem Einfluss : Im Anhang : Tomio Tezuka, eine Stunde bei Heidegger, Japanisch-Deutsch” (Publication, 1996)

Year

1996

Text

May, Reinhard. Ex oriente lux : Heideggers Werk unter ostasiatischem Einfluss : Im Anhang : Tomio Tezuka, eine Stunde bei Heidegger, Japanisch-Deutsch. (Stuttgart : F. Steiner, 1989). = May, Reinhard. Heidegger's hidden sources : East Asian influences on his work. Transl., with a complementary essay by Graham Parkes. (London : Routledge, 1996). = Tezuka, Tomio. Haidegâ tono ichijikan. In : Kotoba ni tsuite no taiwa. (Tokyo : Risô-sha, 1968). (Heid10)

Type

Publication

Contributors (3)

May, Reinhard  (Bad Godesberg 1947-) : Professor für Philosophie, Philosophisches Institut, Universität Düsseldorf, Jurist

Parkes, Graham  (1949-) : Professor of Philosophy, Department of Philosophy, University of Hawaii

Tezuka, Tomio  (1903-1986) : Professor für deutsche Literatur, Staatliche Universität Tokyo

Mentioned People (1)

Heidegger, Martin  (Messkirch 1889-1976 Freiburg i.B.) : Philosoph

Subjects

Philosophy : Europe : Germany / References / Sources / Sinology and Asian Studies : United States of America

Chronology Entries (6)

# Year Text Linked Data
1 1927-1969 [Martin Heidegger und Taoismus : 'Sein' und 'Nichts'].
Reinhard May : Zur Vermutung von Übereinstimmungen zwischen Martin Heideggers Denken und Taoismus gibt es den Topos 'Nichts', der wegweisend durch Heideggers Werk durchzieht und sich schliesslich immer deutlicher von allem abhebt, was bisher über das Nichts in der abendländischen Philosophie gedacht und gesagt wurde. Dieser Hauptgedanke begenet uns im Zusammenhang mit der Frage nach dem Sinn von 'Sein' : 'Das Sein des Seienden ist nicht selbst ein Seiendes' [Anlehnung an die Laozi Kommentierung von Victor von Strauss]. Heidegger sagt : "Nichts ist die Kennzeichnung des Seins" oder "Sein : Nichts : Selbes" [Sein und Zeit]. "Das Sein ist so wenig wie das Nichts. Aber es gibt beides" [Seminar in Le Thor 1969]. "Aber das Sein bleibt unauffindbar, fast so wie das Nichts oder am Ende ganz so"; "Das Andere zu ihm 'dem Sein' ist nur das Nichts" [Einführung in die Metaphysik]. "Doch das Sein – was ist das Sein ? Es ist Es selbst" [Humanismusbrief 1947].
Heidegger setzt jeweils das eine für das andere, also 'Nichts' für 'Sein' und betreibt so permanente Übersetzungen, auch für 'Nichts' jetzt 'Unverborgenheit' und 'die Lichtung'. In die Reihe solcher Entsprechungen gehört auch noch 'Wahrheit' im Sinne von 'Sein', von 'Nichts', von 'Unverborgenheit'. "Dieses Nichts ist nichts Nichtiges. Es gehört zum Anwesen [Sein]. Sein und Nichts gibt es nicht nebeneinander. Eines verwendet sich für das Andere in einer Verwandtschaft, deren Wesensfülle wir noch kaum bedacht haben" [Zur Seinsfrage 1955].
Die ostasiatische Denkweise zeichnet sich im Bereich des Taoismus durch die alte Einsicht aus, so Laozi, dass sich 'yu' [Sein] und 'wu' [Nichts] wechselseitig hervorbingen. Laozi vermittelt noch ergänzend den Gedanken, dass in der Welt alles Seiende beziehungsweise alle Dinge [wan wu] aus dem Sein [yu] hervorkommen [sheng] und dass das Sein aus dem Nichts [wu] hervorkommt. Der Zen-Buddhismus in der Tradition des Mahâyâna hat diese Sichtweise übernommen, mit ähnlichen alten buddhistischen Einsichten verbunden und fortgestaltet. Zwei Zen-Texte in der Übersetzung von Ohazama Shûei, die Heidegger mit grosser Wahrscheinlichkeit gut kannte und zur Vertiefung und Bereicherung seiner bereits vorhandenen Kenntnisse zu würdigen wusste. [Ohasama, Schûej. Zen : Der lebendige Buddhismus in Japan. Hrsg. von A. Faust. Gotha : F.A. Perthes, 1925]. Es heisst darin : 'Sein ist nichts anderes als Nichts, Nichts ist nichts anderes als Sein' und 'Nichts ist Alles, und Alles ist vollendetes Nichts'. In einem Text von Nishida Kitarô heisst es 1939 : 'Das Sein ist das Nichts, das Nichts ist das Sein'.

In China, im ostasiatischen Kulturbereich, findet Heidegger für sich 'das ganz Andere', das, wie er schreibt, sein Denken allmählich verwandelt habe, ähnlich wie sich eine Wanderung abspiele, auf der ein Ort zugunsten eines anderen verlassen werde ; denn niemand könne sich mit dem Sprung aus dem herrschenden Vorstellungskreis heraussetzen, vor allem dann nicht, wenn es sich um die seit langem eingefahrenen Bahnen des bisherigen Denkens handle. So habe er einen Ort, den der Metaphysik nämlich, zugunsten eines anderen verlassen, den er allerdings, in bezeichnender Weise verschlüsselt, 'ohne Namen' lässt. [Laozi sagt : 'Tao ist verborgen und ohne Namen'].
Soweit Heideggers Werk ostasiatisch beeinflusst ist, handelt es sich nicht bloss um nebensächliche, nur am Rande mitbedachte Topi. Im Fall des Topos 'Nichts' handelt es sich, eingedenk der Wendung 'Nichts und Sein das Selbe', um den grossen Gedanken, den 'einzigen', den der Denker brauche, also um einen für das abendländische Denken neuen Gedanken, den er der Einsicht in die Tao-Lehren des Laozi und Zhuangzi verdankt. Für Heidegger ist nämlich das Nichts nicht einfach nichtiges Nichts, das Nichts des Nihilismus ; es ist vielmehr des 'Nichts von Seyn', die Fülle. Diesen Gedanken verfolgt er immer wieder in seinen Texten, die diesbezüglich ganz besonders durch Wiederholungen und Variationen des 'Selben' auffallen. Zur völligen und endgültigen Klarstellung fügt er schliesslich 1969 die einfache Formel hinzu : "Sein : Nichts : Selbes". Entsprechende taoistisch und mitunter zen-buddhistisch gefärbte Paraphrasen durchziehen mehr oder weniger gut verschlüsselt sein bis heute veröffentlichtes Werk.

Carl T. Smith : Some interesting comparisons can be made between the thought of Martin Heidegger and the taoist classic The way of Lao Tzu [Dao de jing]. Non-Being is a fundamental concept in both. Heidegger holds that the Being with supports beings as they exist in encountered through coming face to face with Nothing. Taoism finds the source of reality in Non-Being.
The analysis of the semantic connotations of the word 'Tao' suggests the manner in which Heidegger treats the fundamental word of his though 'Sein', particularly in his Einführung in die Metaphysik. He gives a complex and perhaps forced analysis of the grammar and etymology of the word 'Being'.
Tao is related to 'Name' and 'naming'. As in the later Heidegger Being and language are closely related, language being the vehicle for Being's manifestation, so in Taoism the way and the name have an intimate connection. That Name may on the one hand have a 'dark' aspect and on the other hand have a 'bright' aspect, suggests that Name in its correlate relationship to Tao expresses the bivalent character of Tao. Or, in Heideggerian terms, Being in its unveiling as truth, issues from concealment. To name is to bestow Being, but Being emerges out of an encounter with Nothing.
The way of Lao Tzu is less phenomenological and more ontological regarding the problem of Being. The way begins with the tension between the Tao of phenomenological description and the ineffable Tao. The ineffable Tao may be correlated with Heidegger's 'Nothing' and the Tao that can be named to Being.
For Heidegger Nothing has a function. Nothing functions as the originating point for the recovery of what-is. 'Da-sein' loses its world in the encounter with Nothing, but out of encountered Nothing emerges true Being as unveiling its veiledness in being. Nothing ultimately has a positive function in its nihilating quality. Non-Being has the function of making that what-is usable. It provides the context or possibility for being to be organized in form.
There is a very close relationship between Being and Nothing. This is not merely a logical relationship but one of function. 'Nothing' not merely provides the conceptual opposite of what-is but is also an original part of essence (Wesen). It is in the Being (Sein) of what-is that the nihilation of Nothing (das Nichten des Nichts) occurs. [Einführung in die Metaphysik]. The way of Lao Tzu points to the functional interrelationship when it states that 'Being and non-being produce each other'.
The way of Lao Tzu teaches an openness to the natural and the simple. This expresses itself in advocating a form of inaction (wu wei). This 'wu' of 'wu wei' has been translated as 'non-being' : "Therefore let there always be non-being, so we may see their subtlety" (chap. 1). The parallel of the sentence is : "And let there always be being, so we may see their outcome". The word 'being' is yu. In this translation 'wu' and 'yu' are intransitive, but if the translator wishes to punctuate the text differently 'wu' and 'yu' may be transitive having as their object 'desire' 'yü'. Thus James Legge translates the two sentences : "Always without desire we must be found, If its deep mystery we would sound ; But if desire always within us be, its outer fringe is all that we shall see". This translation suggests Heidegger's view of the necessity of 'letting things be' so that they may retain their authenticity as objects manifesting the unveildness of Being. This 'letting be' implies that 'Da-sein' does not strive to manipulate and control them. In taoist terms this is 'having no desire so we may see their mystery'. 'To let something be (seinlassen) is in fact to have something to do with it (sich einlassen auf)'. [Vom Wesen der Wahrheit].
Heidegger suggests that fundamental thinking is a way. It is interrogative, always asking questions, which in turn open up other questions demanding answers. To follow this interrogative way is similar to following a forest path that has the character of being always hidden and yet always opening itself up before us as we proceed in the way.
Tao can mean a footpath, a pathway. Heideggers essay Der Feldweg describes a familiar local path of Heidegger's boyhood days. Not only is there a similarity of title between this essay and The way of Lao Tzu but there is a similarity of thought at various points. Wherever the Heideggerian path leads there is always the Simple that permeates everything. This is another description of the experience of Being. Being is the 'simple'. It is an unspoken language of beings. In The way of Lao Tzu there is a stress on simplicity and namelessness : "Simplicity, which has no name, is free of desires. Being free of desires, it is tranquil. And the word will be at peace of its own accord".
  • Document: Smith, Carl T. A Heideggerian interpretations of the way of Lao Tzu. In : Ching feng ; vol. 10, no 1 (1967). S. 5, 8-12, 15. (HeidM14, Publication)
  • Person: Heidegger, Martin
2 1953-1954 Heidegger, Martin. Aus einem Gespräch von der Sprache : zwischen einem Japaner und einem Fragenden [ID D19799].
Heidegger schreibt : "Der Ausblick für das Denken, das dem Wesen der Sprache zu entsprechen sich abmüht, bleibt in seiner ganzen Weite noch verhüllt. Darum sehe ich noch nicht, ob, was ich als Wesen der Sprache zu denken versuche, auch dem Wesen der ostasiatischen Sprache genügt, ob am Ende gar, was zugleich der Anfang würe, ein Wesen der Sprache zur denkenden Erfahrung gelangen kann, das die Gewähr schenkte, dass europäisch-abendländisches und ostasiatisches Sagen auf eine Weise ins Gespräch kämen, in der solches singt, das einer einzigen Quelle entströmt ?"

Tezuka Tomio : Die Darstellung dieses Dialogs zeigt eine Gangart, in der der Besucher aus dem Osten das vom Hausherrn schon lange Durchgedachte (was von uns als östlich zu bezeichnen wäre) im grossen und ganzen bestätigt und infolgedessen sich keine neuen Gedanken mehr im Verlauf des Gesprächs entfalten. Es ist eine erneute Darlegung des vom Hausherrn bereits zu Ende Gedachten, an der vielfach die Züge einer Apologie fühlbar werden.

Cho Kah Kyung : Die Unterhaltung drehte sich u.a. um die Wesensbestimmung der Sprache. Heidegger fragte nach der Wortbedeutung des 'Kota ba', 'Sprache' auf Japanisch. Das ganze Gespräch mit einem Ostasiaten ist deswegen bedeutsam, weil Heidegger bisher als einziger Philosoph im Westen es gewagt hat, nicht historisch, sondern sachlich seine Hauptgedanken zu denen der östlichen Welterfahrung in ein Verhältnis zu setzen, aber jenseits der etwas übertrieben mystifiziert wirkenden Begegnungsmotive krankt es im allgemeinen daran, dass die beiden Parteien sich bereits auf das Sprechen der selbigen Sprache eingelassen, haben, mit dem mageren Ergebnis, dass der Fragende im Grunde nur des Gegners Hellhörigkeit für seine eigene Sprache bestätigt hat. Heidegger wählte das Gespräch als Format und Voraussetzung seines Denkens, um im Miteinanderdenken mit einem Partner über eine 'gemeinsame Sache' nachzudenken.
Tatsächlich legte er selbst an Ort und Stelle als er als 'Fragender' dem japanischen Besucher gegenübersass, die gleichlautenden Worte 'unausweichlich gewordene Begegnung' seinem Gast in den Mund. Dagegen fehlte, selbst für die vereinzelnten Passagen, in denen Heidegger auf das wichtige chinesische Wort Tao zu sprechen kam, jede Auskunft über den etwaigen personalen oder sachlichen Behelf, woraus man vorläufig geschlossen hätte, welcher Art die 'Belehrung' gewesen ist, die er den Chinesen verdankt haben soll. Eine Zeit lang wusste man daher nur aus zweiter Hand, wie sehr Heidegger doch das sprachliche Problem des Chinesischen ernst nahm, und wie er bei seinem Versuch, sich in die Texte Laozis hineinzuarbeiten, sich nicht immer nur auf europäische Übersetzungen des Dao de jing und Sekundärliteratur stützte.
Während so die publik gewordenen Belegstellen des west-östlichen Gesprächs bei Heidegger fast ausschliesslich die japanische Signatur trugen, war es am Ende nicht irgendein zen-buddhistischer Gedanke aus der 'ästhetischen' Überlieferung Japans, was nachhaltig Heideggers Besinnung begleitete und so seinen Denkweg zu dem werden liess, an dessen Rande wir die Fragen stellen : Wie und auf welchem Wege sonst, wenn überhaupt, ist das 'Geheimnisvolle' der Bezüge zum Osten als ein solches bewahrt und auf welchem Weg sonst und inwieweit ist der 'Unausweichlichtkeit' der Bewegung mit der osatsiatischen Welt mit einer ihr gemässen 'Ent-schlossenheit' und Offenheit zum gemeinesamen Gespräch entgegnet worden ? Sollte es sich schliesslich nicht für ein sich stets unterwegs wissendes Denken geziemt haben, dass bei jenem 'Gespräch von der Sprache' mit einem Japaner bloss 'einige Schritte auf einem Gang versucht' worden sind ?. Sollte es aber nicht, mehr noch für ein über 'die geheimnisvollen Bezüge zum Osten' sinnendes Denken, sich geziemt haben, dass ihm am Ende ein einfaches chinesisches Wort, nämlich Tao, zum Leitwort geworden ist auf dem Wege der west-östlichen egegnung, die ein anderer Gang und ein anderer Versuch genannt zu werden verdient, weil dadurch das 'Gespräch' einige Schritte näher dem Ziel gebracht worden ist, und weil man daraus 'mehr gelernt' hat ? Was ist die Form des Gesprächs, wenn von keinem Zwiegespräch Heideggers die Rede ist, weder mit Laozi noch mit einem zeitgenössischen Chinesen ? Das bekannte Frage-und-Antwort-Schema, das Heidegger anhand der philosophischen Texte anderer zur Explikation seiner eigenen Gedanken und zur Befragung der 'gemeinsamen' Sachen angewandt hat, erklärt die Form des Gesprächs, das wir auch seiner 'Begegnung' mit Laozi zugrunde legen dürfen. Aber vielleicht war ihm der regionale Unterschied von Japan und China von untergeordneter Bedeutung. Überhaupt ist die Gegenüberstellung von Osten und Westen, von Morgenland und Abendland, nicht geographisch, sondern ‚seinesgeschichtlich’ gedacht, d.h. je nach der Nähe und Ferne zum Ursprung. Der so gedachte Ursprung wäre kaum der Ort, aus dem etwas, wie die Geburt eines Individuums zu einem chronologisch festlegbaren Zeitpunkt, entstanden ist. Er ist vielmehr der metaphorische Sinn des gründenden Geschehens der Wahrheit selbst.

Reinhard May : Der Bericht vermittelt uns den Eindruck eines sachlich auf hohem Niveau geführten Gesprächs, das aber keineswegs mit dem identisch ist, was Heidegger im Sammelband Unterwegs zur Sprache der Öffentlichkeit präsentiert hat. Vermutlich hat er das konzentriert geführte Gespräch als eine günstige Gelegenheit betrachtet, seinem japanischen Gast, der die deutsche Sprache erwiesenermassen ungewöhnlich gut beherrschte, wohlüberlegte Sachfragen zu stellen. Tezukas Antworten hat er dann auf der Stelle notiert, möglicherweise zwecks geplanter späterer Ausarbeitung eines eigenen Textes. Unter Berücksichtigung von Tezukas Darlegungen im Nachwort wird klar, dass Heidegger unter Verwendung einer Vielzahl einschlägiger Informationen und geeigneter Textvorlagen einen stofflich anspruchsvollen Dialog erfunden hat. Denn bis auf ganz wenige Passagen handelt es sich nicht einmal um eine annähernd grosszügige Wiedergabe des tatsächlich geführten Gesprächs mit Tezuka. Es mangelt jegliche Authentizität. Das Gespräch mit Tezuka scheint für Heidegger vielfach eine Inspirationsquelle gewesen zu sein. Das Ergebnis ist insoweit eine ungewöhnliche Präsentation des Heideggerschen Denkens.
Heidegger schreibt : "Der bislang ungedruckte Text entstand aus einem Gepräch… veranlasst durch einen Besuch von Professor Tezuka". Dieser Besuch fand erst 1954 statt, so dass wir uns fragen können, was Heidegger zu der so ungenauen Zeitangabe bewogen haben mag. Fest steht : Er hat einen Dialog erfunden.
Heidegger behandelt zwei Themenkreise : Erstens 'iki' in Verbindung mit Fragen zur Ästhetik und Eigenart der ostasiatischen Kunst. Zweitens : Das Wesen der Sprache im Zusammenhang mit dem japanischen Wort für Sprache 'kotoba'.
Heidegger spricht von einem Geständnis, nachdem er, d.h. sein Japaner, gesagt hat : 'Soweit ich dem, was Sie sagen, zu folgen vermag, ahne ich eine tiefverborgene Verwandtschaft mit unserem Denken, gerade weil ihr Denkweg und seine Sprache so ganz anders sind'. Worauf Heidegger in der Rolle des Fragenden den fingierten Dialog pointiert mit den Worten fortsetzt : 'Ihr Geständnis erregt mich in einer Weise, dass ich ihrer nur dadurch Herr werde, dass wir im Gespräch bleiben'. Alles Vorausgehende und das Folgende ergibt materiell in ausgewählten Passagen 'sein' Geständnis. Dabei muss man natürlich in Betracht ziehen, dass zu solchen Aussagen nur jemand in der Lage ist, der sich bereits gut und gründlichen im ostasiatischen Denken auskennt.

Walter Strolz : Gibt es einen Weg, eine Denkmöglichkeit, sich diesem Quell, dem Ursprungsort der verschiedenen Sprachwelten, zu nähern ? Eine Antwort ist nicht nur deshalb schwierig, weil die Übermacht europäisch bestimmter Vorstellungsweisen das kaum erst begonnene Gespräch mit dem Zen-Buddhismus belastet, sondern weil nach Heidegger der Prozess der 'vollständigen Europäisierung der Erde und des Menschen' durch das wissenschaftlich-technische Weltverständnis den Einblick in das alles Seiende in seiner Seiendheit durchwaltende Verhältnis von Sprache und Sein, Sprache und Stille, Botschaft und Botengang verstellt.
Was ergibt sich aus der fundamentalen Einsicht, dass 'erblickendes Vernehmen' und nicht vorstellendes Begreifen der Urakt der Erkenntnis ist, für die west-östliche Begegnung ? Erst aus der Abkehr vom setzenden, vorstellenden, begrifflich festgefahrenen Danken, ergibt sich die Möglichkeit, seiner Sprach- und Seinsvergessenheit inne zu werden und von hier aus in ein Entsprechungsverhältnis zum Tao oder zum Zen zu gelangen.

Ohashi Ryôsuke : Der Ort, an dem sich die Bedeutung der ostasiatischen Welt für Heidegger noch dringender zeigt, ist die Frage nach der Sprache. Seine Formulierung, die Sprache sei das 'Haus des Seins', ist sehr bekannt geworden, aber man bemerkt nicht immer, dass er selbst diese Formulierung auf die abendländische Sprache beschränkt und ihre Gültigkeit für die ostasiatische Sprache offen lässt. Heidegger schreibt : 'darum sehe ich noch nicht, ob, was ich als Wesen der Sprache zu denken versuche, auch dem Westen der ostasiatischen Sprache genügt'. Der Vorbehalt Heideggers bezüglich der ostasiatischen Sprache betrifft auch die Tragweite seines Denkens überhaupt. Denn wenn das von ihm gefasste Wesen der Sprache, das Haus des Seins, nicht von der ostasiatischen Sprache gilt, oder zumindest die letztere ein 'ganz anderes Haus ist', dann muss es sich mit der 'Seinsgeschichte' und der Technik als Vollendung der Metaphysik in der ostasiatischen Welt anders als im Abendland verhalten. Auch wenn die Technik über den ganzen Erdball herrscht, besteht die Möglichkeit, dass sie in der ostasiatischen Welt eine vordergründige Welt bleibt. Dann müsste, wenn von einem 'andern Anfang' die Rede ist, nicht nur das 'Andere' zum ersten Anfgang, sondern auch das 'Andere' zur abendländischen Welt überhaupt mitgedacht werden.
  • Document: Strolz, Walter. Heideggers Entsprechung zum Tao-te-king und zum Zen-Buddhismus. In : Sein und Nichts in der abendländischen Mystik. Hrsg. von Walter Stolz. (Freiburg i.B. : Herder, 1984). S. 92-93, 97-99. (Heid13, Publication)
  • Document: Obashi, Ryôsuke. Heidegger und die Frage nach der abendländischen Moderne - ausgehend von einem Text Tschuang-tses. In : Destruktion und Übersetzung : zu den Aufgaben von Philosophiegeschichte nach Martin Heidegger. Hrsg. von Th. Buchheim. (Weinheim : VCH Acta Humaniova, 1989). S. 131. (Heid12, Publication)
  • Document: Cho, Kah Kyung. Heidegger und die Rückkehr in den Ursprung : Nachforschungen über seine Begegnungsmotive mit Laotse. In : Im Spiegel der Welt : Sprache, Übersetzung, Auseinandersetzung. Hrsg. von Dietrich Papenfuss und Otto Pöggeler. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1992). S. 302-304. (Heid7, Publication)
  • Document: Cho, Kah-kyung. Der Abstieg über den Humanismus : West-Östliche Wege im Denken Heideggers. In : Europa und die Philosophie. Hrsg. von Hans-Helmuth Gander. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1993). (Schriftenreihe / Martin-Heidegger-Gesellschaft ; Bd. 2). S. 147-151. (Heid4, Publication)
  • Document: Pöggeler, Otto. Noch einmal : Heidegger und Laotse. In : Phänomenologie der Natur. Beiträge von Kah Kyung Cho [et al.] ; hrsg. von Kah Kyung Cho [et al.]. (Freiburg i.B. : Alber, 1999). (Phänomenologische Forschungen. Sonderband). S. 113. (Heid15, Publication)
  • Person: Heidegger, Martin
3 1954 Tezuka Tomio besucht Martin Heidegger in Freiburg i.B. um sich seine Erläuterungen zur Bedeutung des gegenwärtigen Christentums für die europäische Kultur anzuhören. Heidegger stellt ihm verschiedene Fragen zur japanischen Denkweise, Sprache und Kunst. Heidegger erwähnt Kuki Shûzô und Suzuki Daisetsu und bekundet, dass er sich für das der weiten Welt offene Zen-Denken interessiere. Er sagt : 'Ost und West müssen in einer derartigen Tiefe zu einem Gespräche finden. Oberflächlichen Erscheinungen nachzujagen und so etwas wie Interviews zu geben, ist nutzlos'.
4 1957-1959 1957-1959 Heidegger, Martin. Unterwegs zur Sprache (1959) [ID D19028].
Heidegger, Martin. Das Wesen der Sprache. [Drei Vorträge Freiburg 1957-1958].
Heidegger, Martin. Der Weg zur Sprache. [Vortrag München, Berlin 1959].
Quellen :
Lao-tse. Tao te king. Aus dem Chinesischen ins Deutsche übersetzt von Victor von Strauss [ID D4587].
Ular, Alexander. Die Bahn und der rechte Weg des Lao-tse der chinesischen Urschrift nachgedacht [ID D11974].
Laotse. Tao te king : das Buch des Alten vom Sinn und Leben. Aus dem Chinesischen… von Richard Wilhelm [ID D4445].

Heidegger schreibt : "Das erbringende Eigen, das die Sage als die Zeige in ihrem Zeigen regt, heisse das Ereignen. Es er-gibt das Freie der Lichtung, in die Anwesendes anwähren, aus der Abwesendes entgehen und im Entzug sein Währen behalten kann. Was das Ereignen durch die Sage [Weg, Tao] ergibt, ist nie die Wirkung einer Ursache, nicht die Folge eines Grundes. Das erbringende Eignen, das Ereignen, ist gewährender als jedes Wirken, Machen und Gründen. Das Ereignende ist das Ereignis selbst – und nichts ausserdem. Das Ereignis, im Zeigen der Sage [Tao] erblickt, lässt sich weder als ein Vorkommnis noch als ein Geschehen vorstellen, sondern nur im Zeigen der Sage als das Gewährende erfahren. Es gibt nichts anderes, worauf das Ereignis noch zurückführt, woraus es gar erklärt werden könnte. Das Ereignen ist kein Ergebnis aus anderem, aber die Ergebnisse, deren reichendes Geben erst dergleichen wie ein 'Es gibt' gewährt, dessen auch noch 'das Sein' bedarf, um als Anwesen in sein Eigenes zu gelangen. Das Ereignis versammelt den Aufriss der Sage [Tao] und entfaltet ihn zum Gefüge des vielfältigen Zeigens. Das Ereignis ist das Unscheinbarste des Unscheinbaren, das Einfachste des Einfachen, das Nächste des Nahen und das Fernste des Fernen, darin wir Sterblichen uns zeitlebens aufhalten. Das in der Sage [Tao] Waltende, das Ereignis, können wir nur so nennen, dass wir sagen : Es – das Ereignis – eignet."

"Für das sinnende Denken gehört der Weg in das, was wir die Gegend nennen. Andeutend gesagt, ist die Gegend als das Gegnende die freigebende Lichtung, in der das Gelichtete zugleich mit dem Sichverbergenden in das Frei gelangt. Das Freigebend-Bergende der Gegend ist jene Be-wëgung, in der sich die Wege ergeben, die der Gegend gehören.
Der Weg ist, hinreichend gedacht, solches, was uns gelangen lässt, und zwar in das, was nach uns langt, indem es uns be-langt… Die Gegend ergibt als Gegend erst Wege. Sie be-wëgt. Wir hören das Wort Be-wëgung im Sinne von : Wege allererst ergeben und stiften. Sonst verstehen wir bewegen im Sinne von : bewirken, dass etwas seinen Ort wechselt, zu- oder abnimmt, überhaupt sich ändert. Be-wëgen aber heisst : die Gegend mit Wegen versehen… Wëgen und Be-wëgen als Weg-bereiten und Weg als das Gelangenlassen gehören in denselben Quell- und Strombereich wie die Zeitwörter : wiegen und wagen und wogen. Vermutlich ist das Wort ‚Weg’ ein Urwort der Sprache, das sich dem sinnenden Menschen zuspricht. Das Leitwort im dichtenden Denken des Laotse lautet Tao und bedeutet ‚eigentlich’ Weg. Weil man jedoch den Weg leicht nur äusserlich vorstellt als die Verbindungsstrecke zwischen zwei Orten, hat man in der Übereilung unser Wort ‚Weg’ für ungeeignet befunden, das zu nennen, was Tao sagt. Man übersetzt Tao deshalb durch Vernunft, Geist, Raison, Sinn, Logos.
Indes könnte der Tao der alles be-wëgende Weg sein, dasjenige, woraus wir erst zu denken vermögen, was Vernunft, Geist, Sinn, Logos eigentlich, d.h. aus ihrem eigenen Wesen her sagen möchten. Vielleicht vebirgt sich im Wort 'Weg', Tao, das Geheimnis aller Geheimnisse des denkenden Sagens, falls wir diese Namen in ihr Ungesprochenes zurückkehren lassen und dieses Lassen vermögen. Vielleicht stammt auch noch und gerade die rätselhafte Gewalt der heutigen Herrschaft der Methode daher, dass die Methoden, unbeschadet ihrer Leisungskraft, doch nur die Abwässer sind eines grossen verborgenen Stromes, des alles be-wëgenden, allem seine Bahn reissenden Weges. Alles ist Weg."

Sekundärliteratur :

1984
Walter Strolz. Heideggers Entsprechung zum Tao-te-king. [ID D19046].
Heidegger spricht unmittelbar vom Tao. Die Entsprechung stammt aus dem Nach-denken der Sprachbewegung im Ganzen. Die Frage ist : Wohin führt der Weg der Sprache den Menschen ? In welche Gegend gelangt er durch sie, nachdem sich durch die Exposition der Frage nach dem vielfältig bleibenden Sinn von Sein gezeigt hat, dass Gründe und Ursachen, dass sich die unerschütterliche Verankerung des Seienden durch den begründenden Rückschluss auf ein höchstes Seiendes und eine letzte Ursache, werde sie nun Geist, das Absolute oder Gott genannt, als unmöglich erweist. Inwiefern entspricht bei Heidegger gedachtes Ureigenes dem Anderen auf der Spur des Selben ? Auch bei der nun legung des Tao ist es wichtig, ihren streng sachlichen Zusammenhang mit den Stufen der Seinsbesinnung aus den Jahren 1940-1945 zu erkennen und mitzuvollziehen.

1989
Reinhard May. Ex oriente lux [ID D18272].
Der Topos 'Sage' wird für Heidegger zu einem integralen Leiwort. Das Wesen der Sprache, das 'Sprachwesen im Ganzen' nennt er 'die Sage'. Das 'Eigentümliche der Sprache' aber, also das 'Sprachwesen', 'verbirgt sich im Weg' : 'In diesem Weg, der zum Sprachwesen gehört, verbirgt sich das Eigentümliche der Sprache'.
Die Gleichsetzung von 'Weg' und 'Sage' beziehungsweise die Zuordnung von 'Sagen' zu 'Weg' ist aus ostasiatischer Sicht zwar nicht alltäglich, sie ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, keinesfalls aber ist sie willkürlich. Das chinesische Wort 'Tao', das Heidegger im Wortlaut mehrfach erwähnt, kann lexikalisch auch durch das deutsche Wort 'sagen' erfasst und kontextbedingt übersetzt werden. Richard Wilhelm zieht in seiner Übersetzung des Dao de jing diesen Zusammenhang in Betracht. Auch gibt es Übereinstimmungen mit Martin Bubers Übersetzung des Zhuangzi, von Tao als Weg und Rede [Sage] : "Das Wort Tao bedeutet den Weg, die Bahn ; da es aber auch den Sinn von 'Rede' hat, ist es zuweilen mit 'Logos' wiedergegeben worden". "Das Wesen des vollkommenen Tao ist tief verborgen ; seine Weite verliert sich ins Dunkel". "Solcherart ist das vollkommene Tao. Und solcherart ist auch das urbildliche Wort [Sage]".
Das Sagen, das 'kein Sein' verbindet Heidegger mit einem 'lichtend-verbergend frei-geben' von Welt oder einem 'lichtend-verhüllenden Reichen von Welt'. Impliziet assoziiert er demnach Weg [tao] mit Gegend als freigebender 'Lichtung [Nichts], in der das Gelichtete zugleich mit dem Sichverbergenden [Sein] in das Freie [Nichts] gelangt'. Die Formel 'Sein : Nichts : Selbes' mit allen weiteren charakteristischen Identifikationen wie zum Beispiel Lichtung, das Offene, das Freie 'für Nichts' und Verborgenheit, Verhülltheit, Vergessenheit 'für Sein', werden alle weiteren möglichen Identifikationen am Raster von 'tao' (Weg / Sage), wu (Nichts) und yu (Sein) verständlich, ganz im Sinne Heideggers, der sie daran erarbeitet haben dürfte. Das Sagen oder die Sage (tao) hat dann natürlich kein Sein.

1992
Otto Pöggeler : Wenn Heidegger sich 'unterwegs zur Sprache' sieht, dann schiebt er im Vortrag Der Weg zur Sprache die Versuche der abendländischen Philosophie und Wissenschaft beiseite, sich auf die Sprache einzulassen. Gebrochen wird mit Aristoteles, der die Sprache vom Zeichen her betrachtet : die stimmliche Verlautbarung wurde als Ausdruck des Seelischen benommen, die Schrift als Zeichen für das Zeichen des Lauts ; in der Bewegung des Seelischen zeigen sich die Sachen, die vom Gedanken in ihrem 'Sein' erfasst werden. Die Zuordnung von Physis und Logos, wie Heidegger sie bei Haraklit glaubt finden zu können, dann die Zuordnung von Tao und Krug unterstützen den Versuch, 'Sprache' im weitesten Sinn dieses Wortes als ein Sichzeigen der Dinge zu nehmen, das jeweils aus dem sich in sich zurückbergenden Geheimnis kommt. Der Sinn von Sein als der transzendentale Horizont der Zeit, die Wahrheit des Seins als der Zeitspielraum des Ereignisses, die Lichtung für das Sichverbergen als Ort im Unterwegs : sie sind für Heidegger im Geringen eines Anderen Anfangs nur das als 'Spur'.
Heidegger nimmt auf, was vor mehr als 2000 Jahren in China gedacht wurde, als in einer Zeit politischer Wirren und dem Aufstand menschlicher Eigenmächtigkeit die Natur und das menschliche Leben in ihr in ihrem eigenen 'Weg' gewahrt werden mussten. Wenn er das genannte Bewegen und den Weg zusammen sieht, dann vermischt er von der deutschen Sprache her, was im Chinesischen nicht zusammengehört. Er folgt einer Interpretationsweise, die in der langen Tradition der Kommentierung von Laozi neu ist : er trägt seinen eigenen Versuch, die abendländische Tradition von ihren Grundworten und von deren Zusammenspiel her aufzunehmen, in Laozi hinein. So fügt er Laozis Rede von Trübwasser und Qirlwasser in ein Wortfeld ein, dem er selber folgt, nämlich in den Zusammenhang von Stille, Bewegung, Weg, Erscheinen, Ins-Sein-bringen. Im Text Laozis ist die angesprochene Bewegung durchaus nicht unmittelbar auf den Weg zu beziehen, die gestillte Ruhe nicht auf Heideggers Rede von der Stille.
Nach dem abrupten Abbruch der Bemühungen um Laozi hat Heidegger gefordert, dass die Zwiesprache mit den Griechen und damit die Verständigung der abendländischen Tradition über sich selbst 'Vorbedingung für das unausweichliche Gespräch mit der ostasiatischen Welt' werde. Damals sah Heidegger seine eigene Erörterung des Wesens der Sprache begrenzt durch die Unkenntnis der ostasiatischen Sprachen ; so hoffte er auf ein künftiges west-östliches Gespräch, in dem sich die 'einzige Quelle' für die unterschiedlichen grossen Ströme der Sprachen melden könne.
Heidgger ging nicht von der zen-buddhistisch geprägten Philosophie oder Meditation aus ; er hat überhaupt immer wieder sich selbst und andere gefragt, ob in der Rede vom Nichts in seinem Vortrag Was ist Metaphysik ? und bei den japanischen Philosophen aus den Unterschiedlichen Traditionen und Wegen heraus nicht sehr Verschiedenes gedacfht werde. Im Gespräch suchte er in einem Rückblick auf den eigenen Weg, auf dem schliesslich Sein und Sprache verknüpft wurden, sein eigenes Anliegen auch in Grundworten der japanischen Sprache wiederzufinden.

1992
Hempel, Hans-Peter. Heidegger und Zen [ID 19010].
Wenn sich Heideggers vermutendes Denken als richtig erweisen sollte, dann hätte das ungeheure Konsequenzen nicht nur für das gegenwärtige abendländisch-europäische, sondern auch für das gegenwärtige ostasiatische Denken, das nicht anders als das derzeitig europäisch-abendländische Denken vom 'Gestell' im Heideggerschen Sinne bedroht ist. Dann aber würde auch Heideggers geradezu penetrante Forderung verständlich : sich endlich vom rechnenden Vorstellen alles dessen, was ist, zu lösen bzw. diese Art des Denkens in seiner vorherrschenden Aussschliesslichkeit endlich fahren zu lassen.
Es ist folgerichtig, dass Heidegger das Eigentliche der Sprache, sprich : die Sage, aus dem Bewëgenden, dem Tao, heraushört, da sie nun schliesslich einmal 'dem alles Be-wëgenden als dessen Eigenstes' eignet.
Was im Dao de jing unter Ansprechung des 'toten Winkels' gesagt wird, entspricht dem, was Heidegger das 'Geringe' nennt und bedeutet 'das mit Ankunft der Welt der modernen Technik sich zurückzieht, aber nicht verlöscht'. Analog zum 'dunkeln Winkel' von dem im Dao de jing die Rede ist, weist Heidegger darauf hin, dass sobald wir die Wahrheit des Seins, das in das unverfügbare Ereignis, unter die uns allen hier in Europa mehr oder weniger vertraute Urteils-Wahrheit zwingen, wir 'Sein und Zeit' in seinem 'Ur-Sprung' bzw. In seiner 'Unverborgenheit', in seiner Wahrheit und Offenheit, total verfehlen.
Tao erwies sich als der Weg aller Wege ; er 'bewëgt' alle Wege, Linien, Adern und Ströme, die ihrerseits wieder alle Dinge, Tiere und Menschen 'bewëgen' und ihnen ihre individuellen Eigenschaften und ihre Geschichte 'geben', wobei es das wirbelnde Wasser ist, das – aus Myriaden von Strömen oder fliessenden Linien bestehend, das Geschehen ereignent – zeitigt, ereignet, vergegenwärtigt. Diese Einsicht hatte im alten China durchaus praktische Folgen, da seit alters her die fernen Energieströme des Tao die Landschaften Chinas mit ihren Hügeln, Felsen, Bäumen und Flussen bewahrten.

1992-1993
Cho, Kah Kyung. Der Abstieg über den Humanismus [ID D19029] / Heidegger und die Rückkehr in den Ursprung [ID D19039].
Martin Heidegger, im Vergleich zu Leibniz und Hegel zweifellos der Geringere, was mengenmässige Verarbeitung der östlichen Gedanken und insbesondere die belegbare Bezugnahme auf kritische Textstellen betrifft, ist gleichwohl derjenige, der nicht nur offen gestand, bei der östlichen Philosophie in die Lehre gegangen zu sein, sondern über den Belang des denkenden West-Ost-Gesprächs am ehesten etwas 'Wagenderes' zu sagen hatte gegenüber den anderen Denkern.
Bekanntlich pflegten nahmhafte Sinologen und Missionare das Wort 'Tao' angesichts seiner unterschwelligen Tiefsinnigkeit nicht einfach mit 'Weg', sondern nach Analogie von theologisch-philosophischen Hauptbegriffen des Westens zu übersetzen. Heidegger bemerkte dazu : "Das Leitwort im chinesischen Denken des Laotse lautet Tao und bedeutet 'eigentlich' Weg. Weil man sich jedoch den Weg leicht nur äusserlich vorstellt als die Verbindungsstrecke zwischen zwei Orten, hat man in der Übereilung unser Wort 'Weg' für ungeeignet befunden, das zu nennen, was Tao sagt. Man übersetzt Tao deshalb durch Vernunft, Geist, Raison, Sinn, Logos."
Folglich suchte er, gemäss dem hermeneutischen Diktum 'Verstehen heisst anders verstehen', 'einen anderen Anfgang' an den griechischen Anfang anzuknüpfen. Nur aus diesem Zusammenhang lässt sich auch seine Hinwendung zur anfänglichen Seinserfahrung der östlichen Welt und sein unterschwellig anhaltendes Interesse an taoistischen Grundworten erklären, denen er eine ähnliche oder sogar noch ursprünglichere Nennkraft beimisst als gewissen Stammbegriffen der abendländischen Metaphysik.
Laozi besingt im Dao de jing das Walten im Unscheinbaren, das Bezwingen im Nachgeben und die Selbsterhaltung im Sich-Verlieren. Nichts, Nicht-sein, Nicht-tun, Lassen, Abwesenheit, Verborgenheit, Vergessenheit, Schweigen, Stille, die Lehre, das Geringe, der Mangel usw. werden geradezu zu moralischen Vorzügen stilisiert. Dies sind aber die Seinsweisen der Dinge, wie sie am subtilsten und im Verborenen wirken und sich dabei nach dem unabänderlichen Mass der Natur richten. Laozi nimmt das Negative oder Passive aus dem starren Gegensatz zum Positiven oder Aktiven heraus ; es (das Negative) wird vielmehr zu einem das Positive und somit allen Sein ermöglichenden Grund. Am trefflichsten zeigt er am Beispiel der 'Leere' am Gefäss oder des 'Nichts' an der Nabe des Rades, was es mit seiner Rede von der 'Nützlichkeit des Nutzlosen' auf sich hat. Es wäre müssig, darauf hinzuweisen, wie Heidegger fast wortwörtlich solche Sprüche Laozis in Das Ding sich zu eigen gemacht hat. Ebensowenig scheint es sinnvoll, analoge Bestimmungen, parallele Gedankengänge und sonstige Zeugnisse von tiefgreifender Gesinnungsverwandtschaft aneinanderzureihen und darüber hinaus spezifisch die Spuren von Laozis Einfluss auf Heidegger nachzuzeichnen.
Aktenkundig sind seine zahlreichen Kontakte mit japanischen Gelehrten und sein Gespräch mit dem japanischen Germanisten Tezuka Tomio aus Tokyo nimmt, als ernsthafter Versuch zum west-östlichen Dialog über das Wesen der Sprache, eine besondere Stelle in. Im Gegensatz dazu befindet sich in seinen Arbeiten weder eine geschlossene Besprechung des Laozi noch ein Gespräch mit einem chinesischen Gelehrten. So liegt der Schluss nahe, dass das 'unausweichliche Gespräch mit der ostasiatischen Welt', das Heidegger in seinem 1953 gehaltenen Vortrag Wissenschaft und Besinnung in Aussicht gestellt hat, nach allen Regeln der Kunst durch jenen Dialog mit dem Japaner in Erfüllung gegangen sei.
Heidegger entschliesst sich, entgegen der gewohnten Übersetzung des Tao als 'Vernunft', 'Geist', 'Raison' usw. für das etymologisch und alltagssprachlich eindeutige, einfache Wort 'Weg'. Aber er lässt das Wort nicht lange bei dieser Bedeutung stehen. Denn zweitens 'entwickelt' er aus dem Hauptwort 'Weg' ein Zeitwort, das in dieser neuen Bedeutung im Chinesischen etymologisch und lexikalisch unbekannt ist. Doch kann er sich auf einen Sprachgebrauch der schwäbisch-alemannischen Mundart abberufen, wenn er mit dem Wort 'be-wëgen' so etwas verstanden wissen will, wie einen 'Weg bahnen', 'Wege stiften' und 'Wege allererst ergeben'. Um dieses Wort von 'bewegen' im Sinne von 'bewirken' und 'Ortswechsel' zu unterscheiden, wurden ein Bindestrich und ein Umlauf auf 'e' hinzugefügt. Er sagt nicht ohne gebührende Vorsicht, dass Tao als 'Urwort der Sprache' in sich 'das Geheimnis aller Geheimnisse des denkenden Sagens' verbergen könnte. In dieser Eigenschaft steht Tao dann älter und einsamer als alle Grundworte. In allen Punkten erkennen wir indessen Übersetzungsversuche, die zu denen der Anaximander-Abhandlung parallel laufen.
Als Heidegger sagen konnte, jeglichem Seidenden sei sein Weg allererst angebahnt, hat er, zwar in deutscher Übersetzung, das chinesisch Gedachte des Laozi noch chinesischer gemacht. Dasjenige, das jeweils so die Weile aushändigt, ist Sein selbst. Dasjenige, das jeweils so den Weg anbahnt, ist auch Sein selbst.
Das denkende Gespräch Heideggers mit Anaximander und Laozi erschien wie ein phantastisches Wagnis, wenn der Weg zurück in die ferne Vergangenheit oder der Weg über Länder und Meere hinweg zum Fernen Osten nur noch nach der die toten Abstände berechnenden Vorstellung abgemessen würde. Tao als 'Be-wëgung' bedeutet aber in jene Nähe gelangen lassen, die ein 'Gespräch' ermöglicht, dass 'Dasein wesenhaft ent-fernend' sei und 'je Seiendes in die Nähe begegnen' lasse. Das 'Händigen' bei Anaximander und das 'Be-wëgen' bei Laozi deuten auf Personifizierung hing. Nur wer von der Vorstellung des Personengottes her kommt, deutet sein Vorurteil in diese und ähnliche Sprüche hinein, während wir es als eine Stilfrage ansehen müssen, dass sich die Wirkungsweise des Tao nur personifiziert beschreiben lässt, während eine Anthropomorphie eine ganz andere Denkweise ist, die Laozi entschieden, klar und unzweideutig von sich weist.
Heidegger zerlegt das Wort 'Weg' von dessen Zeitwort her, als 'Be-wëgung'. Der 'hinreichend' gedachte Wortsinn der 'Be-wëgung' ist alles andere als 'Bewegung' im Sinne von 'Bewirken' oder 'Ortswechsel'. Um sicherzustellen, dass das eine Wort mit dem anderen nicht verwechselt wird, schob Heidegger einen Bindestrich hinter 'Be' ein und versah das 'e' mit einem Umlaut. 'Weg' als 'Be-wëgung' meint also 'Wege allererst ergeben und stiften'. Unversehens wurde aus Laozis Tao 'der alles be-wëgende Weg', und zwar dasjenige, 'woraus wir erst zu denken vermögen, was Vernunft, Geist, Sinn, Logos eigentlich, d.h. aus ihrem eigenen Wesen her sagen möchten'. Man kann an dieser vielfach gestelzt wirkenden Auslegung Anstoss nehmen, unbezweifelbar ist jedoch die Tatsache, dass Heidegger in diesem 'chinesischer' als chinesisch gedachten Wort Tao einstweilig jene 'einzige Quelle' gefunden zu haben glaubte, wovon bei seinem Gespräch mit einem Japaner die Rede war. Als Urwort des dichtenden Denkens erschien ihm Tao älter als die angeführten Grundworte der westlichen Metaphysik, das selbst der Begriff 'Logos' seinem eigentlichen Sinn nach erst aus Tao als 'Be-wëgung' her gedacht werden soll. Und es ist eben dasselbe Seinsdenken, das Heidegger wiederum angetrieben hat, Tao nicht einfach als 'Weg', sondern als ein Grundgeschehen zu erfahren, in dem die Wege allererst gestiftet werden. Man könnte schliesslich auch von Heideggers Angleichung seines Seinsdenkens an Laozis Auffassung des Tao oder umgekehrt von seiner Anpassung des Tao an die ursprüngliche Bedeutung des Seins sprechen, aber keineswegs davon, dass er in dem historischen Wortsinn des Tao die 'Be-wëgung' entdeckt hätte. Trotzdem ist es bezeichnend, dass sich das chinesische Wort dermassen bildhaft in den Rahmen der Heideggerschen Interpretation einfügt, dass nun die gewagte Bahauptung, erst aus Tao vermöge man zu denken, was Vernunft, Geist oder Logos aus ihrem Wesen her sagen möchten, durchaus plausibel erscheint.
Was aber meint Heidegger im einzelnen, wenn er sagt, dass sich das Wesen von Logos oder Vernunft erst von Tao her denken lasse ? Tao im Sinne der 'Be-wëgung' mag der rein sprachlichen und textkritischen Feuerprobe des Dao de jing schwerlich standhalten. Worauf es ankommt, ist, bei Heidegger Spuren der inwendigen Aneignung der Gedanken Laozis nachzuweisen. In Abgrenzung gegen eine einseitige Anleihe verstehen wir unter einer inwendigen Aneignung die Möglichkeit zu einer produktiven Assimilation fremder Gedanken, sofern die geglückte gedankliche Begruchtung aus einer vorgängigen Verwandtschaft der Dispositionen zweier Denker resultiert. Solche prä-existierende Verwandschaft kann zunächst im Zusammenhang des Heideggerschen Anliegens der 'Überwindung' der Metaphysik dahingehend charakterisiert werden, dass dabei sowohl das Potential des zeitkritisch-diagnostischen Motivs, als auch die Suggestion des praktisch-therapeutischen Korrektivs im Vorgang von Laozis Denken exemplarisch vorgefunden wurde. Weder das Bild des sich selbst genügenden, kontemplativen Denkens, noch die Idylle des weltentrückt auf Gebirgen und Feldern sich ergehenden Lebens trifft das wahre Motiv des taoistischen Meisters, so sehr auch sein Stil aus einiger Entfernung danach aussehen mag. Desgleichen erschöpft sich der Sinn der von Heidegger gesuchten Nähe zu Laozi nicht im Sichvertrösten in der Abgeschiedenheit von der Welt. Für eine Weile in seiner vereinsamten Nachkriegssituation mochte es der Fall gewesen sein. Der innige Anteil, den Heidegger an Laozis kritischer Distanz von der geschäftigen Mitwelt genommen hat, betrifft aber nur die Hälfte seiner Hinwendung zu ihm. Die andere Hälfte, die an Bedeutung weitaus grösser ist, bezieht sich auf das Motiv der handelnden Einwirkung auf die Welt, die Laozi mit dem bekannten, paradox klingenden Rezept des 'Nichts-Tuns' (Wu wei) zum Ausdruck gebracht hat.
Heidegger hat ‚Be-wëgung’ die alltägliche Bedeutung des Tao als 'Weg' beibehalten und seit geraumer Zeit von diesem Wort einen ausgiebigen Gebrauch gemacht. Auch wenn er in der Lesart des Tao im Sinne von 'ege bereiten' bleibt, so geschieht dies nicht auf Kosten der historisch-textkritischen Zusammenhänge des Dao de jing. Die Beziehung von 'Wege bahnen' zu faktisch gehbaren Wegen, besonders zu den von Menschen selber erschlossenen Wegen, ist vergleichbar mit jenem Verhältnis zwischen 'Erteilen des Anteils' und der jeweiligen Weile, die dem Seienden zuteil wird. Es handelt sich um ein Verhältnis vom Ursprung zur Abkunft, vom unerschöpflich-unbegrenzten Seinesgrund zum einzelnen Seienden, das dem ersteren sein Sein verdankt, das aber ein begrenztes ist und dem Verfall anheimgestellt.
Auf der einen Seite behauptet Heidegger, dass das Denken auch ein 'Tun' sei. Dieses ist aber 'ein tun', das zugleich alle Praxis übertrifft. Nicht dass das Denken 'durch die Grösse eines Leistens' oder 'durch die Folgen eines Wirkens' das Handeln und Herstellen durchragt. Das Denken hat vielmehr 'kein Ergebnis' und 'keine Wirkung'. Aber es 'lässt das Sein – sein'.
Trotz der unübersehbaren Differenz, die zwischen Heideggers Denken und Sagen einerseits und Laozis förmlicher Abweisung aller bewusstseinsmässigen und sprachlichen Regungen andererseits besteht, bleibt den beiden Denkern gemeinsam, dass Tun und Nicht-Tun, Denken und Nicht-Denken sowie Sagen und Schweigen als menschliches Verhalten nicht die letzte Instanz ist, sondern seinen Sinn jeweils von etwas Anderem, vom Sein oder Tao her empfängt, je nach dem, wie das Verhalten diesem gemäss ist oder nicht. Laozi beschreibt die inneren Bezüge des Menschen zu Tao in einem Spruch von unscheinbarer Einfachheit, die aber eine profunde Zweideutigkeit in sich birgt : 'Ist Rohholz gespalten, entsteht daraus Gefäss' (Kap. 28). Rohholz ist das bekannteste Symbol des Tao und nimmt unter den von menschlichen Zugriffen unbehelligten Dingen der Urnatur den vordersten Platz ein. Rohholz ist 'das unmittelbare Anderssein' des Tao, oder es ist die zum Stoff gewordene Gestalt des an sich form- und stofflosen Tao. Deshalb kann die Spaltung des Rohholzes ohne weiteres mit Verletzung oder Verlustiggehen des Tao gleichgesetzt werden. Victor von Strauss, den Heidegger besonders zu schätzen wusste, hat denselben Spruch folgendermassen übersetzt : 'Die Einfalt wird zerstört und dann wird man brauchbar'.
Genau so wie bei Laozi, der das grosse Tao durch das 'menschliche Tao' der Sittlichkeit, Menschenherzlichkeit und Klugheit verdrängt sah, finden wir in Heideggers seinsgeschichtlicher Rekonstruktion den Aufstieg der lediglich auf die Gegenstände der Subjektivität bezogenen Denkweise. Und obwohl die Nützlichkeit des Gefässes und die Leistungsfähigkeit der Methode mit unbeirrbarer Konsequenz aus Rohholz (Tao) beziehungsweise aus Logos hervorgehen, können wir unterstellen, dass den beiden Denkern, trotz ihrer radikalen Kritik dieser Entwicklungen, nicht der Fehler unterlaufen ist, zu glauben, dass sich diese Lage durch erhöhte Willensanstrengung des Menschen wenden liesse. Einerseits scheinen sie den Tiefstand der gegenwärtigen Wirklichkeit als Wirklichkeit hinzunehmen, wenn sie auch andererseits unleugbar die Vision einer anderen, gehobenen Wirklichkeit mit sich tragen. Für Laozi ist das Nicht-Tun die Antwort, die den zweifachen Sinn hat, keinen beflissentlichen Anteil mehr an der herrschenden Wirklichkeit zu haben und dennoch, in sublimer Anpassung an die Wirkungsweise des Tao, diesem seinen 'natürlichen Lauf' zu lassen, d.h. Tao sein eigenes Werk verrichten zu lassen.
Inwieweit können wir auf dem Denkweg Heideggers die Spuren dieses Nicht-Tuns wiedererkennen, zwar nicht als Zeichen der gedanklichen Anleihe, aber doch im Sinne der inneren und inwendigen Entsprechung, auf die Heideggers 'geheimnisvolle Bezüge' hindeuten ? Da ist an seine Besinnung über das Wesen der Technik anzuknüpfen. Denn Heidegger versteht unter Technik kein Teilphänomen der modernen Zivilisation, sondern den Grundzug der abendländischen Metaphysik, die die gesamten Phasen des menschlichen Verhältnisses zum Seienden als solchem bestimmt. Sofern der durch die Technik bis in die letzte Selbstgewissheit gesteigerte Wille den Menschen blind macht gegenüber einer Wirklichkeit, die in ihrem Sein nur auf dem Weg des dichtenden Sagens und der Kunst erfahren werden könnte, stellt die Technik die Krise im menschlichen Verhältnis zur Wirklichkeit dar. Aber Heidegger tritt an diese Krise keineswegs mit der Allüre eines Krisenfürsorgers heran. Analog dem im Kap. 28 des Dao de jing bezeugten Geist der Offenheit zu nützlichen Gebrauchsdingen ist er vielmehr willens, Technik einmal als etwas Unumgängliches hinzunehmen. Doch darüber hinaus und wiederum analog der ebenfalls in demselben Spruch von Laozi angedeuteten Einsicht in den an sich haltenden Charakter des Tao lässt Heidegger die Möglichkeit offen, dass hinter dem was wir heute die Technik kennen, ein uns noch unbekanntes Wesen des Technischen sich verborgen halten könnte. Besonders hinsichtlich seines Motivs der Begegnung mit Laozi drängt sich der Sinn der Herkunft der Technik als ein denkwürdiges Geheimnis auf, weil Heidegger das berechnende und 'methodisch' verfahrende Denken, in dessen Bahn schliesslich 'Geist', 'Vernunft' und 'Logos' in ihrer geschichtlichen Erscheinung getreten sind, in der ursprünglichen Wesensmöglichkeit des Tao angelegt sieht.
Es gilt, trotz aller abweisenden Rede von Heidegger, die innersten Bestrebungen seines Denkens in einer Weise zu artikulieren, die dem Geiste des Nicht-Tuns gerecht wird. Denken, so hörten wir, sei ein Tun, das alle Praxis übertrifft. Heidegger erhofft unzweifelbar eine Art 'Bewirken' von seinem Denken. Aber wir sehen dieses Bewirken sinngemäss explizierbar nur im Lichte der 'nicht-tuenden' Handlungslehre des Taoismus. Zwar nennt Heidegger keine ethisch-moralischen Prinzipien, die das menschliche Verhalten regulieren sollen. Aber im Nennen des 'denkenden Sagens' weist er auf die Bedeutung des 'Lassens'. Heideggers 'Gelassenheit' teilt mit Laozis Idee des Nicht-Tuns ein solches Mass der Übereinkunft, dass wir die Ansicht vertreten können, das Kernstück der von ihm zugestandenen Belehrung 'bei den Chinesen' bestünde in dem Verwindungsgedanken, der die gegensätzlichen Momente des aktiven Einwirkens und der passiven Verhaltenheit in sich vereinigt. Heidegger erörterte den Begriff der Gelassenheit speziell mit Bezug auf technische Gegenstände, zu denen unser 'besinnliches Denken' ein Verhältnis des gleichzeigen 'Ja' und 'Nein' anzunehmen hat. Obwohl mit dieser Charakterisierung die innere Freiheit des an sich haltenden, besinnlichen Denkens schlecht und recht zum Ausdruck kommt, bleibt es fraglich, ob dabei wirklich die Quintessenz des taoistischen Nicht-Tuns getroffen worden ist. Einen Schritt näher dazu zeigt Heideggers Gebrauch des Wortes 'Verwindung'. Wenn Überwindung von etwas einen dagegen erichteten Willensentschluss voraussetzt, so unterscheidet sich Verwindung von jener dadurch, dass Sie, als vom 'inständigen Denken' genährt, eine notwendig von der Sache her gereifte Überwindung ist.
Will man von Heidegger Prädisposition für das Einfache sprechen, so müsste man sie mit der Suche nach der ursprünglichen Verfassung der Dinge in einen Zusammenhang bringen. Herkunftsmässig so mit dem Ursprünglichen verbunden, erweist sich das Einfache keineswegs als etwas in sich unterschiedslos Erstarrtes, sondern als etwas, aus dessen Grund noch der tiefere Sinn herauszuholen ist. Es ist schon in diesem Unterwegssein, in der Suche nach ursprünglicher Erfahrung, dass Heidegger bald in Laozis Dao de jing einem verwandten Geist begegnete. Er war gewiss ein Fund und reiner Zufall für den, der sich über das Unmass der historischen und kulturellen Entfernung in Gedanken verliert, aber es war eine Zugabe für einen tüchtig Suchenden, ein geheimer Wink für einen tief Ahnenden.
Man sollte annehmen, dass Heideggers Verhältnis zu Laozi eine sehr vorsichtige, wenn schon keine verübergehende oder flüchtige, Beziehung gewesen sein muss. Tatsächlich hatte er sich davor gehütet, sein 'Gespräch' mit Laozi, wenn es eines gab, an die grosse Glocke zu hängen. Weder im Humanismusbrief noch in Wissenschaft und Besinnung, wo er das unausweichliche Gespräch mit der ostasiatischen Welt in Aussicht stellte, wurde Laozi eigentlich beim Namen genannt. Mag die Zusammenarbeit mit Japanern zu einem bedeutsamen Dialog gediehen sein : der eigentliche 'Glücksfall', wo der 'auctor' ein 'augere', ein wirkliches 'Gedeihenlassen' auslöst, ereignete sich dennoch in der Stille der anderen Begegnung, in Heideggers verhaltenem Hörenkönnen auf die weisenden Worte des Laozi.
Im Falle seiner Belehrung durch Laozi dürfte Heidegger jedoch keine halbe oder ironisch versteckte Wahrheit gemeint haben. Er war seinerseits schon der Fürsprecher der 'Umkehrung' der abendländischen Metaphysik, deren brüchig gewordene Grundlagen (Geist, Logos, Vernunft) abgetragen werden sollten. Aber er war dadurch auch in die Sprachnot geraten.
Trotz der verwandten, zeitkritischen Motive hätte Heidegger keinen zwingenden Grund, die 'geheimnisvollen Bezüge' zur östlichen Welt eigens in Verbindung mit Laozis Namen herauszustellen und sogar sich für seine Belehrung spontan erkenntlich zu zeigen. Aber die Kraft von Laozis Lehre war nicht nur so gross wie ihre Äusserung, sondern ihre Tiefe war auch so tief, wie sie das noch Ungedachte zur Sprache zu bringen und ferner das Unaussprechliche im Ungesprochenen zu lassen bereit war. In den dichtenden Sprüchen Laozis entdeckte Heidegger ein seinem Sinnen und Trachten ebenbürtiges, ursprungsnahes Sagen, das in berückender Einfachheit zugleich das Sagbare zu treffen und das Unsagbare zu hüllen vermochte. Wie alle grossen philosophischen Erneuerer brachte Laozi also die seinem denkerischen Auftrag gemässe Sprache auf den Weg. Und dass diese Erneuerung auf ein Altes wies und die Überwindung des Bestehenden in Wahrheit die Zurücklegung des Weges zum Anfang besagen sollte, muss Heidegger tatsächlich wie eine 'geheimnisvolle' Entsprechung erschienen sein, die sowohl in Form als auch in Inhalt eine tiefgreifende Verwandtschaft zwischen den beiden Denkern ahnen lässt. Dabei war Heidgger sich dessen peinlichst bewusst, dass er die chinesische Sprache nicht kannte und seine Quellenkenntnis des Taoismus aus zweiter Hand geholt werden musste. Nicht zuletzt aus diesem Grunde blieb sein öffentliches Verhalten gegenüber der östlichen Überlieferung spröde und gehemmt, obwohl in privaten Kreisen merklich freier und vertraulicher. Aber in rein sachlicher Hinsicht kam ihm die epigrammatische Bündigkeit des Chinesischen und insbesondere deren Steigerung in Laozis eigenem Stil der Sinngedichte sehr zugute.

2000
Lee Yen-hui : Für Laozi ist das wu-wei der Weg zum Tao, welches der Ursprung von allen Wesen und allen Menschen ist. Der Weg des wu-wei beginnt mit der Befreiung aus der vielfältigen Verfangenheit, welche den Menschen in ein verengtes und erstarrtes Bewusstsein einsperrt. Laozi öffnet diesen Weg aus der Verstrickung durch die radikale Infragestellung der politisch-wirtschaftlichen Systeme, des Konfuzianismus und aller menschlichen Besitzgier. Der Weg des wu-wei ist ein Weg zum ursprünglichen Leben, in welchem sich der Mensch mit dem Tao vereinen kann.
Ähnlich wie Laozi sieht Heidegger die Gelassenheit als Weg zur Wahrheit des Seins. Die 'Gegnet' bzw. die Wahrheit des Seins ist das Zuhausesein des Menschen, wo er wie er selbst sein kann. Die 'Gegnet' ist das Sein-lassende : Sie lässt den Mensch wie er selbst ist. Der moderne Mensch wird aber in eine geschichtliche Verfangenheit hineingeboren, so dass er durch das überkommene metaphysisch-technische Denken sein Zuhausesein von vornherein auf der Erde verloren hat. Heidegger stellt deshalb die Tradition der Metaphysik bzw. das technisch-wollende Denken radikal in Frage und versucht ein anderes Denken zu entwickeln, das eine Wiedergewinnung der Bodenständigkeit zukünftig ermöglicht. Das ist der Weg der Gelassenheit, auf dem sich das Denken der Menschen je und je in die Wahrheit des Seins einlassen und als wahrhaft Sterblicher das Geviert der Welt mitschöpferisch bewohnen kann.

Ma Lin : Victor von Stauss leaves 'dao' untranslated, but adds in a note that 'dao' should not be translated as 'Weg', 'Wort' or 'Vernunft'. Alexander Ular translates 'dao' as 'Bahn'. Richard Wilhelm renders 'dao' as 'Sinn'. Jan Ulrenbrook translated 'dao' as 'Weg'.
Heidegger suggests that 'dao' could be the 'Weg' that gives all ways, as that which makes possible for humans to think through what reason, mind, meaning, and 'logos' may say out of their nature. In the second sentence, Heidegger seems to take 'Weg' and 'dao' as synonyms in saying that perhaps the mystery of mysteries of thoughtful saying conceals itself in the word 'Weg, Tao'. However he is not suggesting that these two words are completely identical, because he immediately refers back to them in the plural, in terms of 'these names'. The final remark, 'All is way' follows up what is asserted in the preceding. Methods are the drainage of 'Weg' that moves all things. 'Weg' is that from which all the variety of methods arise in various forms. It is in this sens that Heidegger says, 'All is way'.
The ambiguous relation between 'Weg' and 'dao' provides possibilities of both universalist and relativist readings of Heidegger's thought. On the one hand, a universalist reading would consider that 'Weg' and 'da' share the same reference, but have different senses. That is the basis on which 'Weg' and 'dao' could enter into dialogue.
Both universalist and relativist readings neglect the fact that Heidegger does not treat 'Weg' as merely a linguistic sign that refers to an object through the meditation of a certain sense. As the proper 'Urwort, Weg' itself is a special entity. 'Weg' has a kind of giveness or grantedness in spite of its appearance as a word. In other words, its sense and reference are not external, but internal. Both universalist and relativist readings fail to recognize the uniqueness of 'Weg', whose reference and sense are not on the same part as that of other words. 'Weg' is what makes possible the expereince of the nature of language ; it is that in which the thoughtful Saying of language conceals itself. In this light, it would be more appropriate to describe 'Weg' as the primary and grounding 'word-thing', rather than as a word among other words.
In fact, with Heidegger, 'Weg' is thought in a similar fashion as 'Ereignis' is. Like 'Ereignis', 'Weg' is associated with a sense of movement. Heidegger coins a word 'be-wëgen' on the basis of 'bewegen', and speaks of 'Weg' as that which moves all things.
  • Document: Heidegger, Martin. Unterwegs zur Sprache. (Pfullingen : Neske, 1959). S. 197-198. (Heid2, Publication)
  • Document: Strolz, Walter. Heideggers Entsprechung zum Tao-te-king und zum Zen-Buddhismus. In : Sein und Nichts in der abendländischen Mystik. Hrsg. von Walter Stolz. (Freiburg i.B. : Herder, 1984). S. 92-93. (Heid13, Publication)
  • Document: Pöggeler, Otto. West-östliches Gespräch : Heidegger und Lao Tse. In : Pöggeler, Otto. Neue Wege mit Heidegger. (Fraiburg i.B. : Alber, 1992). = Pöggeler, Otto. West-East dialogue : Heidegger and Lao-tzu. In : Heidegger and Asian thought. Ed. by Graham Parkes. (Honolulu, Hawaii : University of Hawaii Press, 1987). S. 391, 417. (Heid14, Publication)
  • Document: Hempel, Hans-Peter. Heidegger and Zen. 2. Aufl. (Frankfurt a.M. : Hain, 1992). (Athenäums Taschenbuch ; Bd. 168). S. 129, 131, 155, 161. (Hemp1, Publication)
  • Document: Cho, Kah Kyung. Heidegger und die Rückkehr in den Ursprung : Nachforschungen über seine Begegnungsmotive mit Laotse. In : Im Spiegel der Welt : Sprache, Übersetzung, Auseinandersetzung. Hrsg. von Dietrich Papenfuss und Otto Pöggeler. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1992). S. 305-308, 310-319. (Heid7, Publication)
  • Document: Cho, Kah-kyung. Der Abstieg über den Humanismus : West-Östliche Wege im Denken Heideggers. In : Europa und die Philosophie. Hrsg. von Hans-Helmuth Gander. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1993). (Schriftenreihe / Martin-Heidegger-Gesellschaft ; Bd. 2). S. 145-146, 148, 158, 165-169. (Heid4, Publication)
  • Document: Lee, Yen-hui. Gelassenheit und Wu-wei : Nähe und Ferne zwischen dem späten Heidegger und dem Taoismus. Diss. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.B. (2000).
    http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/441/pdf/Dissertation.pdf. S. 134. (Heid5, Web)
  • Document: Ma, Lin. Deciphering Heidegger's connection with the Daodejing. In : Asian philosophy ; vol. 16, no 3 (2006). S. 151-153. (Heid108, Publication)
  • Person: Heidegger, Martin
5 1965 Brief von Martin Heidegger an Ernst Jünger.
Heidegger gibt Jünger zur Abreise nach Ostasien in einem Brief das Gedicht aus Kapitel 47 des Dao de jing in der Übersetzung von Jan Ulenbrook mit auf die Reise.
Es ist eines seiner bevorzugten Sinngedichte : "Nicht zum Tor hinausgehen und die Welt kennen. Nicht zum Fenster hinausspähen und den Himmel ganz sehen. Geht man sehr weit hinaus, weiss man sehr wenig. Darum der Weise, nicht reist er, doch er kennt ; nicht guckt er, doch er rühmt ; nicht handelt er doch er vollendet". (Uhlenbrook) = "Ohne aus der Tür zu gehen, kennt man die Welt, Ohne aus dem Fenster zu schauen, sieht man des Himmels Tao. Je weiter einer hinausgeht, desto geringerer wird sein Wissen". (Wilhelm) = "Ohne aus dem Fenster zu blicken, kann man des Himmels Sinn erschauen" (Ular). = "Nicht ausblickend surchs Fenster, sieht man des Himmels Weg". (Strauss).
Jünger schreibt an Bord des Schiffes zurück, er werde auch dann, wenn er sich in ein Zimmer einschliesse, wie ein französischer Vorgänger eine Reise durch das Zimmer beginnen. Besser sei es also, 'die geistige Ruhe zu gewinnen und in ihr zu verharren, während der Raum sich bewegt'.
Cho Kah Kyung : Beim näheren Vergleich dieser Spruchweisheit mit Heideggers faktischer Lebensführung müsste man aber mit einer gewissen Ironie eine Unstimmigkeit feststellen. Denn unter dem Gesichtspunkt der west-östlichen Begegnung brauchte er eigentlich nicht aus dem Haustor hinauszugehen, weil die Asiaten schon pilgernd zu ihm gekommen waren.
Reinhard May : In Zeile vier weicht Heidegger von Ulenbrook ab und gibt offensichtlich an dieser Stelle eine eigene Version, indem er anstelle von 'des Himmels Weg sehen', ‚den Himmel ganz sehen’ formuliert und somit in dieser Weise 'Weg' (tao) eliminiert.
  • Document: Cho, Kah Kyung. Heidegger und die Rückkehr in den Ursprung : Nachforschungen über seine Begegnungsmotive mit Laotse. In : Im Spiegel der Welt : Sprache, Übersetzung, Auseinandersetzung. Hrsg. von Dietrich Papenfuss und Otto Pöggeler. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1992). S. 302. (Heid7, Publication)
  • Document: Pöggeler, Otto. Noch einmal : Heidegger und Laotse. In : Phänomenologie der Natur. Beiträge von Kah Kyung Cho [et al.] ; hrsg. von Kah Kyung Cho [et al.]. (Freiburg i.B. : Alber, 1999). (Phänomenologische Forschungen. Sonderband). S. 111. (Heid15, Publication)
  • Document: Ma, Lin. Deciphering Heidegger's connection with the Daodejing. In : Asian philosophy ; vol. 16, no 3 (2006). S. 156-157. (Heid108, Publication)
  • Person: Heidegger, Martin
6 1966 Heidegger, Martin. Spiegel-Gespräch. In : Der Spiegel ; Nr. 23 (1976). [Gespräch 1966].
Heidegger sagt : "Meine Überzeugung ist, dass nur von demselben Weltort aus, an dem die moderne technische Welt entstanden ist, auch eine Umkehr sich vorbereiten kann, dass sie nicht durch Übernahme von Zen-Buddhismus oder anderen östlichen Welterfahrungen geschehen kann. Es bedarf zum Umdenken der Hilfe der europäischen Überlieferung und ihrer Neuaneignung. Denken wird nur durch Denken verwandelt, das dieselbe Herkunft und Bestimmung hat".

Eckard Wolz-Gottwald : Heidegger sagt, dass er gerade nicht durch ‚Übernahme von Zen-Buddhismus oder anderen östlichen Welterfahrungen’, sondern nur durch die Hilfe 'der europäischen Überlieferung', der so wichtige Wandel erreicht werden könne.
Heidegger begründet die Forderung der Einschränkung von Philosophie in Europa auf den rein europäischen Kontext, wenn er die Erklärung hinzufügt, dass Denken nur durch Denken verwandelt werden könne, 'das dieselbe Herkunft und Bestimmung' habe. Die Verwandlung westlichen Denkens habe demnach durch westliches Denken zu erfolgen. Es gilt nach der Herkunft der 'Gefahr' zu fragen. Da die Herkunft der Technik aber nicht im östlichen, sondern gerade im westlichen Denken zu finden ist, kann demnach nicht die Beschäftiung mit östlicher, sondern eben nur mit westlicher, den im Westen intendierten Wandel herbeiführen.

Cho Kah Kyung : Das Spiegel-Interview war kein Gespräch im Sinne des philosophischen Engagierens, sondern eher eine konzessiv-konfessionelle Stellungnahme, die Heidegger, trotz der von ihm normalerweise gemiedenen journalistischen Rahmenbedingungen, als eine ontisch-existentielle Rechenschaft seines Lebens heilsam erschienen sein muss. Er macht deutlich, dass die Vorbereitung auf eine mögliche Überwindung der durch die Technik herbeigeführten Krise, nicht mehr durch die Übernahme des Zen-Buddhismus oder irgendeiner östlichen Erfahrung getroffen werden kann.
  • Document: Cho, Kah Kyung. Heidegger und die Rückkehr in den Ursprung : Nachforschungen über seine Begegnungsmotive mit Laotse. In : Im Spiegel der Welt : Sprache, Übersetzung, Auseinandersetzung. Hrsg. von Dietrich Papenfuss und Otto Pöggeler. (Frankfurt a.M. : Klostermann, 1992). S. 306, 324. (Heid7, Publication)
  • Document: Wolz-Gottwald, Eckard. Die Wendung nach Asien : Heideggers Ansatz interkultureller Philosophie. In : Prima philosophia ; Bd. 10 (1997). S. 96-97. (Heid6, Publication)
  • Person: Heidegger, Martin

Cited by (1)

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1 2007- Worldcat/OCLC Web / WC