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Rotteck, Karl von

(Freiburg i.B. 1775-1840 Freiburg i.B.) : Historiker, Politiker, Professor für Allgemeine Weltgeschchte Universität Freiburg

Name Alternative(s)

Rotteck, Carl von

Subjects

History : General / Index of Names : Occident

Chronology Entries (1)

# Year Text Linked Data
1 1812-1827 Rotteck, Carl von. Allgemeine Geschichte [ID D17232].
Quellen : Mailla, Joseph-Anne-Marie de Moyriac de. Histoire générale de la Chine [ID D1868]. Guignes, Joseph de. Histoire générale des Huns, des Turcs, des Mogols, et des autres Tartares occidentaux [ID D1837]. Gatterer, Johann Christoph. Handbuch der Universalhistorie [ID D1846]. Gesandtschafts- und Reiseberichte.

Rotteck schreibt : Von diesem Augenblicke an [nach Chinas Reichseinigung] scheint die Kultur des Volkes stille gestanden, und seinem Charakter jene Wertlosigkeit und Apathie eingedrückt worden seyn, welche sogar die Möglichkeit eines weitern Fortschritts aufhob… Die Sinesen, die vor vielen anderen Völkern einen bedeutenden Vorsprung errungen hatten, aber dann für Jahrtausende zu dem beklagenswerthesten und schmählichsten Zustand degenerierten… Die sinesische Geschichte gleicht der Naturgeschichte einer Thier-Gattung, welche in jeder Generation unverändert wiederkehrt – zeigt uns Jahrtausende hindurch immer ein und dasselbe Bild… China, wiewohl sein Daseyn ins höchste Altertum erweislich hinaufsteigt, ist für das System der alten Weltgeschichte gleichsam gar nicht vorhanden… Bei der blossen Betrachtung, und wie viel mehr bei der Beschreibung der Versunkenheit einer so grossen Nation in völliges Vergessen aller Bürger- und Menschenrechte, der Auflösung aller Empfindungen und Triebe ins Sklavische, ja abgöttische Verehrung eines Einzigen, der Entwicklung alles menschlichen Lebens, aller edlen und freien Kräfte durch die Schrecken der uneingeschränkten Gewalt, so wie durch die niderdruckenden Formen der verächtlichen Knechtschaft da kann, wer angeborenen Styl, oder wer sein Gemüth aufgerichtet hat an den Lehren der Philosophie und an den Geschichten edlerer Völker, nicht Anderes als Leid und Ekel empfinden : er schämt sich, Mensch zu seyn, er hat keine Freude des Lebens mehr… Aber sollen wir unseren Lesern, theils im Süden, theils im Norden Sina’s, theils über das ganze Reich herrschende Dynastien umständlich vorführen ? Sie begehren dessen nicht… Stufenweise wird der Verfall uns zum Loose der Chinesen führen, und die Russen werden, wie dort die Mongolen oder Mandschu, unserer Überwinder seyn. Aus der Welt wird darum freilich nicht die Freiheit weichen ; aber Europa wird das heilige Feuer, welches es bisher bewahrte, nur noch von ferne, von jenseits des atlantischen Meeres herüber leuchten sehen.

Andreas Pigulla : Über China sind kurze Einträge in diesem Werk verteilt, aber mit einer dezidierten Beurteilung.
Die grösste Freiheit der Funktionalisierung von Erfahrungen aus der Vergangenheit zur Beurteilung der Gegenwart nimmt sich Rotteck bei der Darstellung der chinesischen Geschichte. Die chinesischen Ursprungsvorstellungen werden, wie die aller anderen Völkergeschichten als 'Fabeln, Sagen, Mythen und Philosopheme' abgetan und sind nicht Gegenstand seiner Geschichtsschreibung. Er nimmt nicht an, dass die chinesische Überlieferung von der biblischen 'Sündflut' spricht, wenn sie Überschwemmungen verzeichnet. Er bleibt aber bei der Wanderungshypothese und vermutet, dass Nachkommen Noahs China besiedelt hätten. Die chinesische Geschichte hält er zwar für 'uralt', die erste Jahreszahl reiht er aber erst mit dem Jahr 1121 v. Chr. ein. In seinem kurzen Abriss über die Sinesen wird nur noch Konfuzius datiert mit 533 v. Chr.
Mit gesteigertem emotionalen Engagement geisselt Rotteck den Despotismus in China. Schon im Vorwort von 1812 setzt er sich zunächst kritisch von den Weltgeschichtsdarstellungen seiner Vorläufer ab. Er will sich nicht an ihrem 'trockenen Ton' und an der 'gedrängten' Form der Kompendien orientieren. Er beabsichtigt nicht, alle verfügbaren Informationen zu verarbeiten, ihm geht es um ‚die Darstellung des allgemeinen Ganges der Ereignisse, d.h. der grossen Weltbegebenheiten, ihres Zusammenhangs und Einflusses’. Er bezieht die chinesische Geschichte in seine Darstellung mit hinein, obwohl sie ihm 'fern' liegt, so sind seine thematischen Hinsichten auf Geschichte für die massive Abgrenzung der europäischen von der chinesischen Zivilisation ursächlich. Denn er hat ein festes Programm : Weltgeschichte erzählt den Entwicklungsprozess hin zur Kultur, Aufklärung, Freiheit und Befriedigung der Lebensbedürfnisse… Er ist misstrauisch gegenüber den jesuitischen Werturteilen und verweist auf die Materialfülle durch die 'neueren englischen Gesandtschaftsberichte'… Der sechste Band enthält fünf Seiten über das 'ganze Mittelalter' Chinas, dies sei für die 'Allgemeine Geschichte' hinreichend, da es bei 'Chinas Isolierung und bei der kläglichen Einförmigkeit seiner Verhältnisse' nicht mehr Interesse verdiene… Rotteck will nicht annehmen, dass die Lehren des Konfuzius, die er mehrfach zitiert, in Verbindung mit den kritisierten Verhältnissen in China stehen. Er hält ihn zu den 'erhabensten Denkern, die jemals unter den Menschen gewandelt'.
  • Document: Pigulla, Andreas. China in der deutschen Weltgeschichtsschreibung vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. (Wiesbaden : O. Harrassowitz, 1996). (Veröffentlichungen des Ostasien-Instituts der Ruhr-Universität Bochum ; Bd. 43). Diss. Univ. Bochum, 1995. S. 172, 183-184, 192, 199-200, 207, 213-214, 219, 225. (Pig1, Publication)

Bibliography (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1812-1827 Rotteck, Carl von. Allgemeine Geschichte vom Anfang der historischen Kenntniss bis auf unsere Zeiten : für akademische Vorlesungen und zum Selbstunterricht für denkende Geschichtsfreunde. Bd. 1-10. (Freiburg i.B. : Herder, 1812-1827). Publication / Rott1

Secondary Literature (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1996 Pigulla, Andreas. China in der deutschen Weltgeschichtsschreibung vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. (Wiesbaden : O. Harrassowitz, 1996). (Veröffentlichungen des Ostasien-Instituts der Ruhr-Universität Bochum ; Bd. 43). Diss. Univ. Bochum, 1995. Publication / Pig1
  • Source: Uebersetzung der Algemeinen Welthistorie die in England durch eine Gesellschaft von Gelehrten ausgefertigt worden. Nebst den Anmerkungen der holländischen Uebersetzung auch vielen neuen Kupfern und Karten. Siegmund Jakob Baumgaren, Johann Christoph Gatterer, Johann Friedrich Le Bret, Johann Georg Meusel, August Ludwig von Schlözer, Johann Salomo Semler. (Halle : J.J. Gebauer, 1744-1779). Übersetzung von An universal history, from the earliest account of time. George Sale, George Psalmanazar, Archibald Bower, George Shelvocke, John Campbell, John Swinton. Vol. 1-65. (London : Printed for T. Osborne, 1747-1768). Bd. 2 und Bd. 4 enthalten chinesische Geschichte. (Baum2, Publication)
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Gatterer, Johann Christoph
  • Person: Herder, Johann Gottfried
  • Person: Lindner, Theodor
  • Person: Pigulla, Andreas
  • Person: Ranke, Leopold von
  • Person: Schlözer, August Ludwig von