1976
Publication
# | Year | Text | Linked Data |
---|---|---|---|
1 | 1827 |
Johann Wolfgang von Goethe im Gespräch mit Johann Peter Eckermann : Gespräch über Hao qiu zhuan : Goethe zu Eckermann : In diesen Tagen, seit ich Sie nicht gesehen, habe ich vieles und mancherlei gelesen, besonders auch einen chinesischen Roman, der mich noch beschäftiget und der mir im hohen Grade merkwürdig erscheint.“ Eckermann fragt : „Chinesischen Roman, der muss wohl sehr fremdartig aussehen“. Goethe anwortet : Die Menschen denken, handeln und empfinden fast ebenso wie wir und man fühlt sich sehr bald als ihres Gleichen, nur dass bei ihnen alles klarer, reinlicher und sittlicher zugeht. Es ist bei ihnen alles verständig, bürgerlich, ohne grosse Leidenschaft und poetischen Schwung, und hat dadurch viele Ähnlichkeit mit meinem Hermann und Dorothea, sowie mit den englischen Romanen des Richardson. Es unterscheidet sich aber wieder dadurch, dass bei ihnen die äussere Natur neben den menschlichen Figuren immer mitlebt. Die Goldfische in den Teichen hört man immer plätschern, die Vögel auf den Zweigen singen immerfort, der Tag ist immer heiter und sonnig, die Nacht immer klar ; vom Mond ist viel die Rede, allein er verändert die Landschaft nicht, sein Schein ist so helle gedacht wie der Tag selber. Und das Innere der Häuser so nett und zierlich wie ihre Bilder. Eckermann fragt, ob der chinesische Roman einer der vorzüglichsten sei. Goethe antwortet : Keineswegs, die Chinesen haben deren zu Tausenden und hatten ihrer schon, als unsere Vorfahren noch in den Wäldern lebten. Christine Wagner-Dittmar : In Goethes Gespräch mit Eckermann über die chinesischen Romane, schliesst sich eine Betrachtung über den Charakter der Weltliteratur an, ein Begriff, den Goethe selbst prägte und der ihn in den letzten Jahren seines Lebens in Briefen, Gesprächen und Schriften beschäftigt… Dieser Begriff der Weltliteratur wird auch in Goethes Auseinandersetzung mit China wirksam : In dem Bemühen, den politischen, sozialen und kulturellen Zustand Chinas kennenzulernen. In der Aneignung wesentlicher Merkmale chinesischer Lyrik und in der künstlerischen Möglichkeit, jene Merkmale zur Entwicklung seines eigenen Dichtens wieder aufzunehmen. Goethe zu Eckermann : Durch die strenge Mässigung in allem hat sich denn auch das chinesische Reich seit Jahrtausenden erhalten und wird dadurch ferner bestehen. Goethe zu Eckermann : Ich sehe immer mehr, dass die Poesie ein Gemeingut der Menschheit ist, National-Literatur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Weltliteratur ist an der Zeit, und jeder muss jetzt dazu wirken, diese Epoche zu beschleunigen. Eckermann schreibt : Mit welch feinem Gespür für die verbindenden, ja sogar gemeinsamen Momente und Elemente, die für ihn [Goethe] zwischen der chinesischen und europäischen Literatur bestanden. |
|
# | Year | Bibliographical Data | Type / Abbreviation | Linked Data |
---|---|---|---|---|
1 | Zentralbibliothek Zürich | Organisation / ZB |
|