Longobardo, Niccolò. Traité sur quelques points de la religion des Chinois [ID D1792].
Longobardo schreibt : "I say, first, that the Chinese regard the life of man to consist of the narrow union of the parts which are in him, which they call the entities of heaven and earth. The entity of heaven is an air very pure, very light and of the nature of fire, which forms the soul or the vital and animal spirits, which they call hun, that is, soul. The entity of the earth is a grosser air, heavy and of a terrestrial nature, in which it forms a body with all the humors. This is what they call po, that is, the human body or cadaver. I say, secondly, that the death of a man is only the separation of the parts of which he is composed, and after this separation they return to the places which are appropriate to them. It is necessary to note that the Chinese give the name of air to the soul in several books, so that they conceive it like a corporeal thing, although very subtle."
John Ho : Longobardos Auslegungen sind von Zhu Xi beeinflusst. Er findet, dass die Kommentare stark von den klassischen Büchern abweichen : In den Vorstellungen der chinesischen Klassik existiert ein persönlicher Gott (Xangti = Shangdi), der im Himmel wohnt, die Erde beherrscht, die Guten belohnt und die Bösen bestraft. Die Kommentare aber schreiben dem Kosmos nur ein Urprinzip genannt Li, die Grundlage der Natur zu. Die Klassiker behaupten, es gäbe verschiedene Geister, die auf den Bergen und im Wasser wohnen. Die Kommentare erklären diese nur für die Ursachen der Naturphänomene. Für die Klassiker hat der Mensch eine Seele, die nach dem Verfall des Körpers weiterlebt, die Kommentare sehen in der sogenannten Seele nur einen Teil der kosmischen Substanz. Nach dem Tode verbindet sich die Seele wieder mit dem Kosmos.
Li hat keinen Anfang und keine Ende und ist unzerstörbar. Li ist aus dem Nichts entstanden und wird am Ende zum Nichts zurückkehren. Der Kosmos wird aus zwei Prinzipien aufgebaut : das eine ist das Chaos infini und heisst li, das andere ji, die Luft. Das ji setzt Longobardo mit dem taiji gleich. Es ist für ihn das Prinzip des Wachsens und Vergehens und verkörpert das Sein und das Wesen. Das taiji ist der Ursprung des ganzen Kosmos, von Himmel, Erde und Menschen und zugleich ihre erhaltende Kraft. Das Kosmos wird von li und ji bebildet. Ji, die Luft hat Hitze und Kälte. Sie bringen Ruhe und Bewegung. Alle kosmischen Phänomene wie Himmel, Erde, Planeten werden von Hitze und Kälte, von Yin und Yang und den fünf Elementen hervorgebracht.
Nach der Darstellung von Longobardo lehnen die Chinesen die Unsterblichkeit der Seele ab. Die Elemente, aus welchen der Mensch gebildet wird, gehören zum Teil dem Himmel und zum Teil der Erde an. Die Chinesen waren im Altertum atheistisch und sind es bis zum heutigen Tag geblieben. Sie haben überhaupt keine Religion, da man den Atheismus nicht als eine solche bezeichnen kann : "Pour prouver que les anciens ont été athéees, c'et assez de dire que les modernes le sont ; car ces derniers ne sont que l'écho des premiers, sur lesquels ils se fondent, et de l'autorité desquels ils se servent, pour donner du poids à ce qu'ils disent, soit en matière de science, soit en matière de religion".
Willy Richard Berger : Longobardos Schrift erscheint mit der deutlich erkennbaren Absicht, im Ritenstreit gegen die Jesuiten Front zu machen. Er kommt zu seiner Erkenntnis aufgrund seiner Analyse des Begriffes Li : durch sie beweist er, dass die Chinesen eine von aller materiellen unterschiedene geistige Substanz des christlichen Gottesbegriffs gar nicht kennen, sondern allein eine materielle Substanz 'en différens degrez', und dass die von den Chinesen verehrten göttlichen Wesen von der gleichen, nämlich materiallen Beschaffenheit sind wie die Ding 'auxquelles ils sont unis'. Also ein absoluter Materialismus, ein Materialismus, 'qui sent furieusement son spinozisme, et qui exclut toutes les idées soutenues par les Jésuites sur le spiritualisme de la religion des anciens Chinois".
Philosophy : China : General