Mann, Thomas. Der Zauberberg. Bd. 1-2. (Berlin : S. Fischer, 1924).
Mann schreibt : Man konnte das eine das asiatische Prinzip, das andere aber das europäische nennen, denn Europa war das Land der Rebellion, der Kritik und der umgestaltenden Tätigkeit, während der östliche Teil die Unbeweglichkeit, die untätige Ruhe verkörperte. Gar kein Zweifel, welcher der beiden Mächte endlich der Sieg zufallen würde, - es war die der Aufklärung, der vernunftgemässen Vervollkommnung. Denn immer neue Völker raffte die Menschlichkeit auf ihrem glänzenden Wege mit fort, immer mehr Erde erobert sie in Europa selbst und begann, nach Asien vorzudringen.
Settembrini : Reden Sie nicht, wie es in der Luft liegt, junger Mensch, sondern wie es Ihrer europäischen Lebensform angemessen ist. Hier liegt vor allem viel Asien in der Luft, - nicht umsonst wimmelt es hier von Typen aus der moskowitischen Mongolei. Diese Freigiebigkeit, diese barbarische Grossartigkeit im Zeitverbrauch ist asiatischer Stil, - das mag ein Grund sein, weshalb es den Kindern des Ostens an diesem Orte behagt… Der Osten verabscheut die Tätigkeit. Laotse lehrt, dass Nichtstun förderlicher sei als jedes Ding zwischen Himmel und Erde. Wenn alle Menschen aufgehört haben würden, zu tun, werde vollkommene Ruhe und Glückseligkeit auf Erden herrschen… Asien verschlingt uns. Wohin man blickt : tatarische Gesichter… Es focht ihn [Settembrini] nicht an, dass Naphta ihn ins Chinesische heimschicken wollte, wo die skurrilste Vergötterung des Abc herrsche, die je erreicht worden sei, und wo man Generalfeldmarschall werde, wenn man alle vierzigtausend Wortzeichen tuschen könne, was recht nach dem Herzen eines Humanisten sein müsse. [Siehe 1912 Otto Julius Bierbaum zum Gedächtnis].
Ingrid Schuster : Thomas Mann setzt sich mit der Lehre vom Nicht-Handeln auseinander. Die Zukunft lässt er im Ungewissen. Ost oder West ? Das bedeutet auch : chinesische Philosophie des Nicht-Handelns oder abendländische Aktivität ? Pazifismus oder Patriotismus ?
Christiane Gabriel : Settembrinis wiederholte Mahnungen machen deutlich, auf welch komplizierte Art das Bild des Ostens mit der Werkstruktur verwoben ist. Seine Interpretation, die alle Bedrohung dem Geist des Ostens zuschreibt, wird durch den Gang des Romans zugleich eingeschränkt und bestätigt.
Literature : Occident : Germany