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“Kafka and China” (Publication, 1996)

Year

1996

Text

Kafka and China. Ed. by Adrian Hsia. (Bern : P. Lang, 1996). (Euro-Sinica ; Bd. 7). [Franz Kafka]. (Hsia9)

Type

Publication

Contributors (1)

Hsia, Adrian  (Chongqing, Sichuan 1938-2010 Montreal) : Professor für Germanistik, Department of German Studies, McGill University, Montreal, Professor of Chinese, Chinese University of Hong Kong

Mentioned People (1)

Kafka, Franz  (Prag 1883-1924 Kierling, Klosterneuburg) : Österreichischer Schriftsteller

Subjects

Literature : Occident : Austria / References / Sources / Sinology and Asian Studies : Canada / Sinology and Asian Studies : China

Chronology Entries (3)

# Year Text Linked Data
1 1907-1924 Tiergeschichten von Franz Kafka.
Kafka, Franz. Tiergeschichten : Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande (1907), Blumfeld : ein älterer Junggeselle (1915), Die Verwandlung (1915), Der Jäger Gracchus (1916), Schakale und Araber (1917), Der neue Advokat (1917), Der Landarzt (1917), Ein altes Blatt (1917), Eine Kreuzung (1917), Eine kleine Fabel (1920), Forschungen eines Hundes (1922), Der Bau (1924), Josephine die Sängerin (1924).
Quellen : Pu, Songling. Liao zhai zhi yi. = Wilhelm, Richard. Chinesische Volksmärchen [ID D1585] und Buber, Martin. Chinesische Geister- und Liebesgeschichten [ID D3083].

Zhou Jianming : Kafka’s works are pervaded by fairytale elements : animals, metamorphosis of humans into animals, the repeal of natural laws, the isolation of the hero. Kafka uses fairytale elements and motifs in order to destroy the tradition, to turn the world around, and to bring the reader to know a new reality. Pu Songling and Kafka habe an interest in the same thing with respect to their ainimal descriptions – to produce and characterize the heart of the human. However they do this on different levels : Kafka wishes to expose not only the inner process of the human, but also the ‘self’, the instinctive of the human ; the animal is not only an artistic means, but also an object of its portrayal. Pu Songling, on the other hand, aims to characterize the various types of humans, the individuals with typical characteristics, in which the animal functions more as a vehicule. Kafka does not view the human as a inseperable entity, but rather penetrates into the heart of the human, and shows its components. For Pu Songling, the human is a self-contained entity which cannot be seperated, reduced or dismantled into components. Both Pu Songling and Kafka know how to create, through their animal figures, an artistic world which is parallel to the human world, in order to portray clearly the respective time-specific problems of their societies. Their animals are free and unspoiled living beings in nature ; they act freely and basically. That creates a contrast to humans who in verious ways have lost their nature and therefore act affectedly. Pu Songling and Kafka’s yearning for free nature and their criticism of the respective society lie in their animal stories.
2 1919 Kafka, Franz. Ein Landarzt : kleine Erzählungen. (München : K. Wolff, 1919).
[Entstanden 1917-1918]
Quelle : Wilhelm, Richard. Chinesische Volksmärchen [ID D1585].

Han Ruixin : Die drei Erzählungen Ein Bericht für eine Akademie, Ein Besuch im Bergwerk und Elf Söhne weisen Einflüsse der chinesischen Märchen „Der Affe Sun Wukong“ aus Xi you ji und „Baxian“ [Die acht Unsterblichen] auf.

Ein Bericht für eine Akademie.
Hartmut Binder : Quelle ist Der Affe Sun Wu Kung aus Chinesische Volksmärchen.
Lee Joo-dong : Erzählung des Affen Rotpeter, der unter dem Zwang der Welt seine eigene Natur und Freiheit verlassen und ein Pseudo-Mensch werden muss. Als er im Käfig gefangen erwacht, sieht er sich zum erstenmal in seinem Leben ohne Ausweg. Die Metapher ‚Käfig’ im Taoismus erscheint als fesselnde Funktion und Struktur der zivilisierten Welt der natürlichen Freiheit des Menschen. Kafka versucht darzustellen, wie der Mensch unter dem Zwang und der Gewalt der Zivilisation seine eigentümliche Natur und Freiheit verliert und schliesslich in der sicheren, bequemen, aber nur scheinbaren Freiheit und Alltäglichkeit der Gesellschaft untergeht. Die Sehnsucht des Affen nach dem Gefühl der Freiheit ist die Sehnsucht Kafkas selbst nach dem unschuldigen Urzustand des Menschen des Altertums. Er äussert sich Gustav Janouch gegenüber : „Jeder lebt hinter einem Gitter, das er mit sich herumträgt. Darum schreibt man jetzt so viel von den Tieren“. Es ist ein Ausdruck der Sehnsucht nach einem freien, natürlichen Leben. Der Ausbruch des Affen in die Menschenwelt bringt ihm aber nur eine trügerische Freiheit. Die Parabel über die Pferde von Zhuangzi verweist auf das parallele Verhältnis der Verlorenheit der Natur und der Freiheit des Affen.
Kafka schreibt in einem Aphorismus „Ein Käfig ging einen Vogel suchen“. Bei Zhuangzi heisst es : „Wenn man… aus der Welt einen Käfig macht, so vermag kein Vogel zu entschlüpfen“.

Ein Besuch im Bergwerk.
Meng, Weiyan : Das von Kafka benutzte chinesische Märchen ist die 31. Geschichte in Chinesische Volksmärchen. Auffällig ist die Strukturähnlichkeit zwischen den beiden Texten.
Elf Söhne.
Meng Weiyan : Das Baugesetz entspricht dem der Acht Unsterblichen. Die Struktur stimmt überein, nur wird im chinesischen Märchen jeder einzelne Unsterbliche charakterisiert und über seine Eigenschaften und Taten berichtet. Kafka geht vom Charakter der elf Söhne aus. Max Brod meint, dass die Novelle als Wunschbild einer Familiengründung zu verstehen ist, denn drei Monate später findet die zweite Verlobung mit Felice statt.

Das nächste Dorf
Als Quelle geben Walter Benjamin und Johannes Urzidil den 80. Spruch des Dao de jing von Richard Wilhelm [ID D4445] an.
Lee Joo-dong : Die Erzählung beginnt mit „Mein Grossvater pflegte zu sagen : Das Leben ist erstaunlich kurz“. Der Sinn des eigentlichen Lebens und der Zeit kann bei Kafka wie bei den Taoisten, nur durch die existentiellen Erfahrungen des absoluten Augenblicks als zeitliche Zeitlosigkeit erfüllt werden. Der Augenblick ist unter dem Aspekt der einheitlichen universellen Weltanschauung die Ewigkeit und die Ewigkeit ist der Augenblick. Das naturnahe Dorfleben ist für die Taoisten wie für Kafka ein ideales Leben, das nicht nur einen Zustand der Einfachheit und Schlichtheit beinhaltet, sondern auch die von der Natur gewonnene, universelle Lebenskraft geniessen lässt. Die Lebenshaltung der Taoisten, das irdische Dasein, dessen Mühsal und Not sie genau kennen, so einzrichten, dass sie in Frieden arbeiten, anspruchslos einfach und mit Anstand leben und ein wenig Glück geniessen können, scheint in der Parabel der Lebenshaltung des Grossvaters zu entsperchen, da er mit „Entsagung und Verzicht“ reagiert.

Eine kaiserliche Botschaft.
Das Prosastück entstammt aus dem Text Beim Bau der chinesischen Mauer.

Ein altes Blatt
Meng Weiyan : Die Ähnlichkeit zwischen Julius Dittmars Buch Im neuen China [ID D12662] und der Erzählung lassen den Schluss zu, dass Kafka China-Motive verwendet hat. Folgende Punkte stimmen überein : Der chinesische Kaiser wohnt in der „Verbotenen Stadt“. Er hat die für den Staat wichtigen Zeremonien versäumt und die Verteidigung des Vaterlandes vernachlässigt, so dass die Nomaden [fremde Truppen bei Dittmar] aus dem Norden in die Hauptstadt gedrungen sind.

Rolf J. Goebel : Ein altes Blatt acquires new political and cultural meaning when read as an intertextual appropriation of, and critical reaction to, the European cultural and political discourse on China during the Qing dynasty. This discursive practice not only familiarized the Europeans with China as an alien, exotic, and increasingly colonized country but, also discovered a parallel between the reactionary, corrupt and decandent Austro-Hungarian monarchy and the Qing dynasty that was threathened by a similar crisis. Ein altes Blatt has nothing to do with the reality of China itself. Although the story’s fictional elements prevent the reader from constructing it as a truth, mimetic representation of China. It contains clearly decipherable traces of certain Western writings about the history of the Qing dynasty and thus participates in the crosscultural interaction between Europe and the Orient during the early decades of the twentieth century. Traditional social order, political institutions, and moral self-conception of the defenseless Chinese are confronted and subverted by the irreconcilable, “barbarian” otherness of the foreign nomads’ behavior, language, and power. Kafka’s depiction of the subversive nomads could be constructed as a critique of the unjust treatment of the Chinese by the European colonialists.
  • Document: Lee, Joo-dong. Taoistische Weltanschauung im Werke Franz Kafkas. (Frankfurt a.M. : P. Lang, 1985). (Würzburger Hochschulschriften zur neueren deutschen Literaturgeschichte ; 8). Diss. Julius-Maximilians-Univ. zu Würzburg, 1985. S. 22, 201, 205, 207, 158-159, 165, 170. (Lee10, Publication)
  • Document: Meng, Weiyan. Kafka und China. (München : Iudicium, 1986). (Studien Deutsch ; Bd. 4). Diss. Ludwig-Maximilians-Univ. München, 1986. S. 81. (Kaf2, Publication)
  • Document: Han, Ruixin. Die China-Rezeption bei expressionistischen Autoren. (Frankfurt a.M. : P. Lang, 1993). (Europäische Hochschulschriften ; Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur ; Bd. 1421). Diss. Univ. München, 1993. S. 65, 97. (HanR1, Publication)
  • Person: Kafka, Franz
3 1996 Sun Kunrong schreibt : Kafka used absurd plots and a simple, seemingly emotionless language to camouflage his already dreamlike subconscious and philosophical ideas. These facts do not make translation easy. China, however, cannot afford to ignore Kafka’s work as a literary, cultural and social phenomenon... The key concern in translating Kafka’s works is to preserve their internal structure while making them comprehensible as well as appreciable to Chinese readers. For them, the world presented by Kafka is an extraordinary and unknown one. These facts make it necessary for Chinese translators and readers to have a correct understanding of Kafka’s epoch. A good literary translation must render the form and the spirit of the original into the target language, maintaining the particular language and style of the author. Rendering Kafka’s dialogues, and especially their colloquial expressions into acceptable Chinese is rather difficult. How to render the syntax of the original into Chinese is an important aspect of translation. A translator should familiarize himself with the biography and world views of Kafka, for parellels do exist in depicted events in his works and real happenings in his life.

Sources (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1983 [Kafka, Franz]. Kafuka dan sheng yi bai zhou nian xia shuo zhu an ji. In : Wai guo wen yi ; no 4 (1983). [Kurzgeschichten von Franz Kafka, Sonderheft zum 100. Geburtstag]. Publication / Kaf63