Heyking, Elisabeth von. Briefe die ihn nicht erreichten [ID D13134].
Heyking schreibt : Wir haben die Chinesen nur als arme, gedrückte Menschen gekannt ! Knechtung, Erpressung und Ungerechtigkeit, wie auch grosse verheerende Naturkatastrophen schienen sie geduldig zu tragen ; vielleicht sahen sie in ihnen nur die verhältnismässig gleichgültigen Begleiterscheinungen des einen grossen Übels, des Lebens. Jahrhundertelang sind sie gezüchtigt worden in einem System, dessen Erpressung, Ungerechtigkeit und Betrug so recht auf der ewigen Trägheit und Feigheit der grossen Massen beruhen. Jeder hatte dort immer Mächtigere zu versöhnen, umzustimmen, zu erkaufen. Die einzige Erleichterung und Rettung vor der ungeheuren Last war schlaue Überlistung der Bedrücker. Wie so oft in menschlichen Verhältnissen, knechtet dort der Stärkere den Schwächeren und wird dafür von ihm hintergangen… Wieviel noch namenloseres Elend wird entstehen ?... Zwischen den Europäern und Chinesen besteht eine derartige Anschuldigungskluft, dass sie nie zu überbrücken sein wird.
Li Changke : Der Roman spielt um die Jahrhundertwende in China, übt Kritik an den kolonialen Mächten und widerspiegelt Einfühlung und Sensibilität der Dichterin für China.
Fang Weigui : Die Briefe, die durch Form, Inhalt und Klang sofort ergriffen, wurden zu einem Bestseller. In fiktiven Briefen an einen Freund in China, in denen die Geschichte einer unerfüllten Liebe erzählt wird, gibt die Autorin ihre Fremderfahrung in China wieder und verfolgt mit brennendem Herzen das Zeitgeschehen während des Boxer-Aufstandes. Heyking passt sich dem Faible für das Fremdländische und dem exotischen Geschmack der Leser an. Sie macht auf die Tatsache aufmerksam, dass nicht nur der Tod von Europäern zu beklagen sei, sondern dass Tausende von Chinesen auch dabei zugrunde gehen oder obdachlos umherirren. Man kann nicht behaupten, dass Heyking völlig von rassistischen Vorurteilen befreit war, aber es gibt ihr zu bedenken, dass die Europäer nicht das Recht haben, sich über andere zu überheben.
Zhang Zhenhuan : Heyking ist bemüht, China nicht einseitig als vorbildliches oder rückständiges System hinzustellen. Die Chinesen seien jahrhundertelang gezüchtet worden in einem System, dessen Erpressung, Ungerechtigkeit und Betrug auf der ewigen Trägheit und Feigheit der grossen Massen beruhen. Jeder hatte dort immer Mächtigere zu versöhnen, umzustimmen, zu erkaufen.
Literature : Occident : Germany