Confucius. The living thoughts of Confucius. Presented by Alfred Döblin. (New York, N.Y. ; Toronto : Longmans, Green and Co., 1940). (The living thoughts library).
Quellen : Si shu (Lun yu, Mengzi, Da xue, Zhong yong), Xiao jing, Shu jing, Shi jing in der englischen Übersetzung von James Legge [ID D2212]. Anthony W. Riley verweist als Quelle auf das Buch von Johann Heinrich Plath. Confucius und seine Schüler Leben und Lehre [ID D4469]. Weitere Quellen sind die Bücher von Wilhelm Grube und Richard Wilhelm. Als mögliche Quelle könnte „Die Religion und Kultur Chinas“ von Ferdinand Heigl sein. [ID D12328].
Döblin schreibt im Vorwort : Confucius makes us the guarantors of a regular world order and we must not forget our responsibility for a moment because one move follows directly on the other, and only a crash trade is carried on... Times have certainly changed since Confucius, but the mind of man and human nature have remained unchanged for these two thousand five hundred years... Today, just as in Confuius’s time, men are still striving for a social society ; the will to live to see a spiritual moral world and the (uncertain) feeling that such an existence is possible prevails unchanged ; the struggle for happiness and stability goes on.
Ma Jia : Döblin bezeichnete Konfuzius in seiner Wang-lun-Zeit als „giftigsten Feind“ und das „dritte Übel“. Diese unversönliche oppositionelle Einstellung erklärt sich zunächst aus der historischen Tatsache, dass Konfuzius von den Mandschu-Kaisern verehrt wurde… Ausserdem ist Döblins antikonfuzianische Haltung durch seinen politischen Standpunkt, seine innere Identifikation mit den sozial niederen Schichten und seine Ablehnung der feudalen Herrschaft bestimmt. Als Sozialist freut er sich über den Sieg der chinesischen bürgerlichen Revolution von 1911…
1941 lässt er sich katholisch taufen. Damit vollzieht er den Wandel vom Atheisten zum Christen, vom Naturanbeter zum Gottesgläubigen. Parallel mit seiner Konversion wird Döblin von einem Gegner Konfuzuius’ zu seinem Verehrer. Konfuzius ist für ihn nicht mehr der Volksfeind, sondern „the man of the people“, „the democrat“, „the friend of humanity and practical moralist“... Das Grundgefühl der grossen Natureinheit, das er mit den daoistischen Denkern teilt, und die Überzeugung von der Kraft des Schwachseins werden nun durch die Begeisterung von der praktischen, aktivistischen und moralischen Lehre des Konfuzius ersetzt…
Sowohl seine Begeisterung für die daoistische Botschaft in der Wang-lun-Zeit als auch seine Neuentdeckung des „Himmels“ als göttlichen Prinzips bei der Hinwendung zu Konfuzius offenbaren Döblins Interesse an einem universalen Denken… Auf dem Weg zur Konversion von der Naturmystik zum christlichen Gott begegnet er Konfuzius auf einer neuen Ebene, auf der er sich vom daoistischen Weltbild trennt und sich zu einem jenseitigen Gott bekennt. Nicht das abgeschlossene Weltganze, sondern der Himmel als geistiges Prinzip, nicht Demut, sondern aktive Bemühung um die soziale Ordnung und das Praktizieren der moralischen Prinzipien der Liebe und Humanität, nicht mehr das Triebhaft Spontane, sondern rationales Handeln sind nun für Döblin die wesentlichen Momente…
Luo Wei : Zu Beginn des Vorwortes geht Döblin auf die Natur der Lehre des Konfuzius ein und legt das konfuzianische China als Literatenstaat fest… „Confucius is, then, both the founder of the official religion and the patron of the literary class“.
Döblins Einleitung setzt sich aus fünf Teilen zusammen, wobei Döblin jeweils auf die Eigentümlichkeit des konfuzianischen China, auf Konfuzius’ Leben, seinem grossen Charakter, seine Lehre und deren historische Entwicklung sowie die Bedeutung des Konfuzianismus für die moderne westliche Welt eingeht. Von Anfang bis zum Ende stellt er den berühmtesten chinesischen Weisen immer als Leitbild für die Gegenwart heraus und zollt dessen Persönlichkeit und Lehre grosse Bewunderung. Im zweiten und fünften Teil lassen sich besonders verblüffende historische Parallelen zu der Periode nach der Machtergreifung Hitlers und Döblins persönlichen Exilerfahrungen beobachten…
Er stilisiert Konfuzius zu einem verfehmten Leidensgenossen und zugleich auch einem unbeugsamen Kampfgenossen, der wie er unter der anarchistischen Kondition seiner Zeit leidet und unermüdlich um eine friedliche, stabile Ordnung ringt…
Er übt eine umfassende Kritik an den negativen Erscheinungen der westlichen Kultur… und macht nach der Bestimmung der Mittelstellung des Konfuzius zwischen Religionsstiftern und Staatsgründern auf die markante Charakteristik des konfuzianischen Staates aufmerksam, die darin besteht, dass mit der Lehre des Konfuzius eine besondere Klasse sich herausbildet, die zwischen den Herrschern und dem Volk steht und einen geistigen Kampf auf zwei Fronten führt : einerseits gegen die Regierung… und andererseits für die Erziehung, die dem Volk das Wissen zugänglich macht…
Er erklärt gleich zu Anfang seinen Hauptgedanken, dass die Ideen von Konfuzius für moderne Abendländer von Nutzen sind und ihnen weiterhelfen können, sich selbst zu erkennen.
Er sagt : So, im Kontrast zu unserer materialistischen Linie des Denkens, das den Menschen zum hilflosen Objekt eines dummen, sinnlosen Prozesses der Ereignisse macht, kann unser Handeln beeinflussen und es beeinflusst die Geschehnisse der Welt, weil wir hier geistige Kraft, beeinflussende geistige Kraft haben…
Döblin führt weiter aus, dass Konfuzius’ Einsicht in die engen Beziehungen zwischen Mensch und Natur verschieden von der abendländischen und zugleich eine tiefere und wahrere als diese sei…
Literature : Occident : Germany