Heidegger, Martin. Seminare [ID D19793].
Chung Chen-yu : Laut Heidegger ist die Geschehensweise des Seins nicht : 'Das Sein ist', sondern : 'Es gibt Sein' oder : 'Es lässt Sein'. Er unterscheidet drei verschiedene Ebenen des Sein-lassen. Die erste Betonung betont die Existenz des Seienden, z.B. : Es gibt ein Gefäss. Das 'Es gibt' ist ontisch gefasst. Nach Heidegger betrachteten die Griechen das Sein lediglich als das Anwesende. Dasjenige, das das Anwesende anwesen lässt, d.h. das Lassen, wird und bleibt vergessen. In der Metaphysik finden daher nur verschiedene Seinsgestlaltungen – die Seiendheiten, aber niemals das Sein als Sein selbst. Heidegger betont vor allem das Lassen des Anwesen-lassens. Das Lassen ist der tiefste Sinn von Sein. Um den Wesenscharakter des Seins passend zu zeigen, verzichtet er auf Wörter wie 'Sein'. Das 'Lassen', zusammen mit dem 'Ereignis', wird das Leitwort des späten Denkens von Heidegger.
Zwischen Sein und Seiendem (inklusive der Metaphysik), zwischen dao und den Dingen (inklusive des Konfuzianismus), liegen die heideggersche ontologische Diffferenz und die daoistische Differenz. Das Hauptthema des Daoismus ist nicht das 'Anwesen-lassen', sondern das 'Erzeugen-lassen'.
Im Zusammenhang mit der Gelassenheit verwendet Heidegger statt Sein häufig auch Gegend oder Gegnet. Man kann in der Entwicklung seines Denkens drei Phasen erkennen, die geprägt sind durch : Sinn, Wahrheit und Ort. Die Gegend ist bei Heidegger kein Raum, sondern das Raum-Gebende : In dieser Gegend erscheinen die Dinge.
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