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Chronology Entry

Year

1911-1945

Text

Wei Jianggong sammelt den kaiserlichen Nachlass. Darin enthalten sind zwei Memoranden von Wang Guowei. In : Wen jiao zi liao ; no 1 (2001).
Wang Guowei schreibt über den Westen : Die westlichen Leute versuchen, ihre Angelegenheiten so zu betreiben, dass sie nach wissenschaftlichen Grundsätzen funktionieren. Aber der wissenschaftlichen Methode sind nur Raum, Zeit, die physikalischen Phänomene sowie die Körperseite von Mensch, Tier und Pflanze zugänglich. Bei komplizierteren Strukturen erweist sie sich als unzureichend. Wenn es um die menschliche Psyche geht, oder um gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen, so finden wir ethnisch und historisch bedingte Einflüsse, die Jahrtausende zurückreichen und mit rein wissenschaftlichen Vorgehensweisen nicht erfasst werden können. Westliche Leute sehen häufig nur das eine und vergessen die anderen Aspekte, weshalb ihre Methode zwar formal korrekt ist, mit der Komplexität der Verhältnisse jedoch oftmals nicht zurecht zu kommen vermag. Mit dieser Denkweise wird man Fortschritte machen, aber es fällt schwer, Korrekturen vorzunehmen. Dieses Manko liegt in der Natur der analytischen Methode begründet.
Alle Welt bewundert die europäisch-amerikanische Zivilisation, die aber in zehn Jahren schon untergegangen sein wird. Die grossen Gebiete, die sie bedeckt, werden genau wie die Monumente des alten Ägypten oder die Ruinenstädte des römischen Reiches verödet daliegen, und niemand wird ihnen nachtrauern. Aber nicht allein sie werden untergehen, auch alle, die aus eigener Schwäche diese Kultur übernehmen, werden mit zugrunde gehen. Dieser Untergang ist nicht die Folge von Naturkatastrophen, verheerenden Suchen oder militärischen Eroberungen, sondern ergibt sich allein aus der inneren Defiziens der gegenwärtigen westlichen Zivilisation. Sie wird von einer ins Masslose gesteigerten Gier getrieben, die keinerlei ästhetische oder moralische Schranken anerkennt. Innen herrscht ein durch technische Mittel gesteigerter Wille zur Macht, der sich nach aussen durch Eroberungskriege manifestiert. Während man noch expandiert, wächst schon das Krebsübel im Innern der Staaten und reicht aus, diese Kultur zu vernichten. Man kann also behaupten, die westliche Zivilisation trage den Keim des eigenen Unterganges in sich. Ich kann schon sehen, wie sich St. Petersburg und Moskau in Ruinenfelder verwandeln, wie die Völker Deutschlands und Ungarns geistig verkommen, wie London und Paris, Washington und New York in die Luft gesprengt werden, mit einem Wort, wie das Weltende bevorsteht… Ich will hier nicht als Prophet auftreten, dazu kommen meine Worte viel zu spät, noch will ich jemanden anklagen. Doch wenn ich mit meinen Worten auch nur einen Menschen aufrütteln könnte, so würde ich den Vorwurf, den Jeremias zu spielen, gerne auch mich nehmen.

Mentioned People (2)

Wang, Guowei  (Haining, Zhejiang 1877-1927) : Philosoph, Schriftsteller, Dichter, Professor Qinghua-Universität

Wei, Jiangong  (1901-1980) : Philologe

Subjects

Philosophy : China / Philosophy : Occident : General

Documents (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 2005 Hu, Qiuhua. Wang Guowei und Immanuel Kant : zu den Anfängen der Interkulturalität im China der späten Qing-Dynastie. In : Monumenta serica ; vol. 53 (2005). S. 351-352. Publication / HuQ2
  • Source: Wang, Guowei. Han de xiang zan. In : Jiao yu shi jie ; no 81 (1904). [Preislied auf ein Portrait von Immanuel Kant]. (Kant139, Publication)
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Kant, Immanuel
  • Person: Wang, Guowei