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Chronology Entry

Year

1933

Text

Seghers, Anna. Die Gefährten : Roman. (Berlin : Kiepenheuer, 1932). = [Mit Vorwort] : (Berlin : Aufbau-Verlag, 1949).
Seghers schreibt : Am 3. November 1927 übergaben die Unterzeichneten ihren Sohn dem Kinderheim. Sie überlassen das Kind dem Staat zur Pflege und Erziehung und zur späteren Verwendung nach seinen Fähigkeiten…
Auf den Tribünen erklärten die Funktionäre der Tschiang-Kai-Schek-Armee [Chiang Kai-shek] den neuen Feldzug [gegen die roten Provinzen]. Liau Yen-kai beobachtete die Soldaten. Ihre stumpfen, ledernen Gesichter schienen mit den Uniformen aus einem festen Stoff geschnitten. Der letzte Feldzug war an der Unzuverlässigkeit der Soldaten gescheitert. Sie waren wild geworden, auseinandergefallen, als sie die Sowjetfahnen und Inschriften beim Einzug in die von ihnen selbst eroberten Dörfer erblickten…
In der Nacht auf den 5. Juni waren Soldaten und Offiziere, einer wie der andere, so straff wie nie, hellwach, bis zum Äussersten gespannt. Das Feuer begann, wie es festgesetzt war, um vier Uhr fünfunddreissig Minuten. Nur dass die Soldaten ihre Gewehre auf die Minute drehten und über die Offiziere hinweg gegen den Norden stürmten, hinter sich das bewaffnete Bauernheer…

Albrecht Richter : Die Autorin verwendet bei ihrer Darstellung bestimmte imagotype Vorstellungen über das Wesen der Chinesen und deren Volkscharakter, um sie am Ende ad absurdum zu führen.
Die zentrale Figur Liau Yen-kai, der Revolutionär, dem politisches Bewusstsein und kollektives Denken schon so weit in Fleisch und Blut übergegangen sind, dass ihm familiäre Bindungen kaum noch etwas bedeuten, ist ohne sichtliche emotionale Bewegtheit bereit, sich für unabsehbare Zeit von seinem Kind zu trennen, um so besser seinen „Klassenauftrag“ erfüllen zu können… Elemente des China-Bildes Anna Seghers enthalten mehr Darstellungen von männlichen Figuren als von weiblichen. Ihr innerer Streit zwischen politisch-ideologischer Konsequenz des Handelns und durch weiblich-mütterliche Gefühle motivierte Reserviertheit gegenüber dieser Konsequenz. Sie stellt die chinesischen Figuren mit ihren zwischenmenschlichen Beziehungen weitaus differenzierter und emotionaler dar als in der früheren Zeit.
Das Eigene, das Deutsche, das durch die Pointe plötzlich als Befremdliches erscheint, wird vom Fremden, den Chinesen, assimiliert und somit im positiven Sinne aufgehoben. Das Fremde stellt sich demnach als Hoffnungsträger für Eigenes dar. Anna Seghers versucht in ihren „chinesischen“ Texten, über die Verlagerung des Handlungsgeschehens in den chinesischen Stoffbereich zu Lösungen zu gelangen, in denen sie durch Transposition / Translokation Alternativen für die Bewältigung eigener Konflikte und Probleme zu finden glaubt. Ihre chinabezogenen imagotypen Vorstellungen bilden das verbindende Element zwischen Fremdem und Eigenem. Sie schreibt den Chinesen jene Eigenschaften, Ansichtungen, Haltungen etc. zu, die sie in ihrem persönlichen Selbstfindungsprozess für erstrebenswert hält.

Mentioned People (1)

Seghers, Anna  (Mainz 1900-1983 (Ost)-Berlin) : Schriftstellerin

Subjects

Literature : Occident : Germany

Documents (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 1994 Richter, Albrecht. China und "Chinesisches" im Werk von Anna Seghers. (Chemnitz-Zwickau : Technische Universität, 1994). Diss. Technische Univ. Chemnitz-Zwickau, 1994. S. 19, 39-43, 84-87, 90. Publication / RiA1
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Richter, Albrecht
  • Person: Seghers, Anna