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Chronology Entry

Year

1979

Text

Ding, Fang ; Shi, Wen. Kafuka he ta de zuo pin [ID D13548].
Es ist die erste chinesische Abhandlung über Kafka und sein Werk und wegweisend für die spätere Kafka-Forschung. Darin enthalten sind eine Biographie, Inhalt sowie Interpretation seiner Romane und Erzählungen :

Amerika : Es sei das Werk, das dem Ralismus am nächsten steht. Der Leser könne Szenen über den krassen Unterschied zwischen Reichen und Armen, über den Antagonismus zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, über Streik und Demonstration der Arbeiter und über den Kampf zwischen den kapitalistischen Parteien in Amerika sehen. Der Autor habe viele Widersprüche und Übelstände der kapitalistischen Gesellschaft beschrieben, er fühle Mitleid mit dem unterdrückten und ausgebeuteten Volk der Unterschicht. Die Stimmung dieses Romans sei nicht so düster wie in seinen anderen Werken. Amerika sei, wie Kafka in seinen Tagebüchern gesagt habe, eine Nachahmung von Dickens. Im Unterschied zu Dickens erzählte Kafka ohne klare Parteilichkeit nur sachlich, objektiv, kühl und nüchtern.

Der Prozess : Der Roman sei ein typisches Werk Kafkas. Nicht mehr konkret wie Amerika, sondern abstrakt. Die Handlung und das Dargestellte des Romans scheinen absurd und grotesk zu sein, aber unglaubwürdig sei nur das äussere Geschehen. Das Wesen des Romans liege in der Enthüllung der Verkommenheit und der Korruption der Habsburger Monarchie. Als Jurist in der untergehenden Habsburger Monarchie kenne Kafka ihr reaktionäres Rechtssystem und ihre Bürokratie und stellte es in dem Roman dar. Als Angeklagter erlebe Josef K. die Leiden, die viele einfache Leute bei ihm in der Bank erlebt hätten. Er fühle sich schuldig und lasse sich töten. Hierin zeige sich der fatalistische Gedanke Kafkas.

Das Schloss : Der Roman demonstriere am besten Kafkas Stil. Es gebe keine Zeit- und Ortsbestimmung. Das Schloss symboliere die Macht des staatlichen Verwaltungsapparates. Er scheine greifbar nahe zu sein, aber für das Volk unter seiner Herrschaft sei er unerreichbar. Das bedeute, dass eine unüberbrückbare Kluft zwischen der herrschenden Klasse und dem Volk existiere. Das undurchschaubare bürokratische System sein ein Motiv, das in vielen Werken Kafkas vorkomme. Kafka glaube, das bürokratische System sei die tödliche Bedrohung für die menschliche Existenz.

Beim Bau der chinesischen Mauer : In der Erzählung beschäftige Kafka sich auch mit dem Motiv des bürokratischen Systems. Die chinesische Mauer sei das tragische Symbol aller sinnlosen Arbeiten der Menschheit. In der Strafkolonie entlarve auf entsetzliche Weise das Verbrechen der reaktionären herrschenden Klasse. In Ein Bericht für eine Akademie werde die Auswegslosigkeit des Kleinbürgertum und der Intellektuellen dargestellt und die Freiheit verspottet. Das Urteil beschäftige sich mit dem Vater-Sohn-Konflikt. Ein Hungerkünstler sei ein Werk, das sich mit dem tragischen Schicksal des Künstlers in der kaptialistischen Gesellschaft auseinandersetze.

Der Sinn der Erzählung Ein Landarzt sei, dass in dieser fremden Welt Gutes nicht mit Gutem vergolten werde. Die Handlung sei aussergewöhnlich, die rätselhaften Details könne man nur schwer ergründen und deuten, was auch nicht nötig sei, denn Kafka selber sei sich manchmal nicht darüber im klaren gewesen, was er geschrieben habe.

Kafkas Helden können sich in der kapitalistischen Gesellschaft, wo der Starke den Schwachen verschlinge, nie dem Schicksal des Ausgeliefertsein und des Vernichtetwerden entziehen. Die Helden seien durch Kafkas eigene Erfahrungen und Erlebnisse geprägt. Die Schächen seiner Helden seien im gewissen Sinne seine eigenen Schwächen, denn Kafka habe lange unter der Ausweglosigkeit gelitten.
Er habe in Hochzeitsvorbereitungen geschrieben : „Auf Balzacs Spazierstockgriff : Ich breche alle Hindernisse. Auf meinem : Mich brechen alle Hindernisse“.

Wegen seiner Sympathie mit den kleinen Leuten werde Kafka von manchen als Genie der Schwachheit bezeichnet. Um die Jahrhundertwende sei die Welt in rascher Veränderung der politischen Lage begriffen : Der Kapitalismus entwickle sich zum Imperialismus ; die proletarischen Bewegungen entständen stürmisch ; der Erste Weltkrieg und die russische Oktoberrevolution geschähen in unmittelbarer Folge. Unter diesen Umständen stünden die mittlere und Klein-Bourgeoisie und die Intellektuellen vor dem Scheideweg und schwankten hin und her und fänden keinen Ausweg. Das alles komme in Kafkas Werk zum Ausdruck. Es seien alles einsame Menschen, die ratlos in eine fremde Welt kämen. Das Gefühl des Fremdseins, das Kafka überall erlebt habe, könne uns helfen, sein Werk zu entschlüsseln. Der originelle künstlerische Stil Kafkas bestehe darin, dass er durch die absurde und unwahrscheinliche äussere Handlung das Wesen der Gesellschaft aufdecke. Hinter der Absurdität verberge sich eine allegorische Bedeutung, die der Verfasser „Seele“ der Texte Kafkas nennt. Um die künstlerische Ausdruckskraft zu verstärken, verleihe Kafka seinen Helden oft eine ungewöhnliche Gestalt wie der Käfer in Die Verwandlung und das namenlose Tier in Der Bau. Mit dem Expressionismus habe Kafka gemein, dass er die Augenblicksempfindung beschreibe. Auch deswegen sei sein Werk manchmal dunkel, neblig, obskur, schwerverständlich und irrational. Durch die Verbindung von Realem und Irrealem, Rationalem und Absurden, Normalem und Anormalen zeige Kafka auf, dass die heutige Welt anormal sei. Seine Werke seien meistens nicht auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort bezogen, und der Charakter der Helden erlebe keine Entwicklung. Er sei immer unzufrieden mit seinem Werk gewesen und habe deshalb auch kurz vor seinem Tode, seinem Freund Max Brod eine Notiz hinterlassen mit der Bitte, dass dieser alle seine Werke verbrennen solle.

Mentioned People (1)

Kafka, Franz  (Prag 1883-1924 Kierling, Klosterneuburg) : Österreichischer Schriftsteller

Subjects

Literature : Occident : Austria

Documents (1)

# Year Bibliographical Data Type / Abbreviation Linked Data
1 2002 Ren, Weidong. Kafka in China : Rezeptionsgeschichte eines Klassikers der Moderne. (Frankfurt a.M. : P. Lang, 2002). (Europäische Hochschulschriften ; Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur ; Bd. 1824). Diss. Fremdsprachenuniversität Beijing, 1997. S. 44-48. Publication / Kaf3
  • Source: [Kafka, Franz]. Chai yu alabo. Kafuka zhu ; Li Shixun yi. In : Yi cong ; no 3 (1981). Übersetzung von Kafka, Franz. Schakale und Araber. In : Kafka, Franz. Ein Landarzt : kleine Erzählungen. (München : K. Wolff, 1919).
    豺與阿拉伯人 (Kaf87, Publication)
  • Cited by: Asien-Orient-Institut Universität Zürich (AOI, Organisation)
  • Person: Kafka, Franz
  • Person: Ren, Weidong