1997
Publication
# | Year | Text | Linked Data |
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1 | 1997.1 |
Weber, Max. Konfuzianismus und Taoismus : Sekundärliteratur (7). Lin, Duan. Konfuzianische Ethik und Legitimation der Herrschaft im alten China [ID D18996]. Lin Duan : Der Webersche Ansatz der vergleichenden Soziologie richtet sich vor allem auf die Besonderheit der okzidentalen Kulturentwicklung. Er konstruiert durch eine Verbindung von Typen- und Stufenbegriff einen intrakulturllen Vergleich der religiösen Ethiken im Okzident. Der asketische Protestantismus hat fünf Merkmale : Theozentrismus, Asketismus, Innerweltlichkeit, subjektive Werkheiligkeit und Virtuosentum. Diese Kombination schafft die religiöse Motivation zur Weltbeherrschung. Der asketische Protestantismus lässt für Weber die Idee der Gotteskindschaft, nicht aber die der Gottesgemeinschaft zu. Mit dem begrifflichen Kontrast 'universalism – particularism' stellt Weber den Unterschied zwischen der asketischen protestantischen Ethik und der konfuzianischen Ethik dar. Sein direkter interkultureller Vergleich zwischen diesen beiden Ethiken wird vor allem in seinem Konfuzianismus und Taoismus durchgeführt : "Kein Mittelglied führte aber vom Konfuzianismus und seiner ganz ebenso fest wie das Christentum verankerten Ethik zu einer bürgerlichen Lebensmethodik hinüber. Auf diese allein kam es aber an. Sie hat der Puritanismus – durchaus gegen seinen Willen – geschaffen". Für Weber ist zunächst der Konfuzianismus wie der asketische Protestantismus auch eine Religion mit den Charakterzügen des Rationalismus. Für ihn ist der Konfuzianismus auf einer Stufe der magischen Religiosität geblieben. Weiterhin besteht für Weber zunächst eine ständige Spannung zwischen dem überweltlichen Schöpfergott und der Kreatur bei dem asketischen Protestantismus ; gegenüber dem Fehlen irgendwelcher Spannung zwischen Gottheit und Natur beim Konfuzianismus. Demgemäss wurden die Gegensätze zwischen ihnen vom Bereich der religiösen Ethik auf den der sozialen Ethik übertragen. Einerseits gilt nach Weber beim Puritanismus eine Versachlichung (Verunperönlichung) und Rationalisierung der Welt, trotz oder vielmehr gerade in der Form aketischer Weltablehnung, andererseits gilt beim Konfuzianismus eine Verpersönlichung und Traditionaliiserung der Welt, gerade in der Form der optimalen Weltanpassung. Die Gegensätze zwischen Puritanismus und Konfuzianismus sind bei Weber nicht nur auf die religiöse Teilordnung beschränkt. Diese Gegensätze stellen sich genauso bedeutsam in den politischen, rechtlichen und ökonomischen Teilordnungen dar. Unter Berücksichtigung der Eigengesetzlichkeit folgt nach Weber aus der konfuzianischen sozialethischen Stellungnahme im wesentlichen die Erhaltung der Gebundenheit des Personalismus in China. Im Gegensatz dazu folgt aus der puritanischen sozialethischen Stellungnahme die Durchsetzung des Unpersonalismus im Okzident. Der hauptsächliche Gegensatz ist ein Gegensatz zwischen Unpersonalismus und Rationalismus einerseits, Personalismus und Traditionalismus andererseits. Weber hat zwar die partikularistische Dimension der konfuzianischen Ethik erkannt und erforscht, aber er hat wie Talcott Parsons die universalistische Dimension vernachlässigt. Er hat zwar die Absicht der Universalisierung der konfuzianischen Ethik bemerkt, sie aber lediglich als einen 'partikularistischen' Personalismus und eine Übertragung organischer Pietätsbeziehungen auf andere behandelt : "Die Wirkung der Erhaltung dieses Personalismus zeigt vor allem die Sozialethik. Es fehlte in China bis in die Gegenwart das Verpflichtungsgefühl gegenüber 'sachlichen' Gemeinschaften". Weber interessiert sich vorrangig nicht für eine umfassende chinesische Kulturanalyse, sondern für 'in jedem Kulturgebiet ganz geflissentlich das, was im Gegensatz stand und steht zur okzidentalen Kulturentwicklung'. Seine Chinastudie ist keine selbständige Arbeit, sondern wird von ihm als ein Teil seines gesamten Forschungsprogramms angesehen, dessen vorherrschendes Erkenntnisinteresse darin besteht, die okzidentale Sonderentwicklung zu beleuchten. Eine eigenständige Chinastudie, die das 'China an sich' zum Gegenstand hat, ist bei Weber nicht vorhanden. Die Annahme Webers, dass ohne Bezug auf eine jenseitige Instanz der Angelpunkt fehle, um überhaupt radikale Fragen an die Welt zu stellen, ist sehr fragwürdig bei der Analyse des Konfuzianismus. Gerade der Konfuzianismus manifestiert eine eigentümliche Transzendenz, die auf keinem überweltlichen 'archimedischen Punkt' basiert. Es ist eine 'immanente Transzendenz', eine 'Selbsttranszendenz' oder eine 'innerweltliche Transzendenz'. Die von Weber dargestellten 'Fünf-Beziehungen', die Beziehungen zwischen Vater und Sohn, Herr und Untertan, Mann und Frau, älterem und jüngerem Bruder, Freund und Freund, bedeuten keine asymmetrischen Pflichten zwischen einer Rolle und einer anderen (Sohn – Untertan, Vater – Herr) ; sie sind die Beziehungen der Reziprozität, d.h. die Beziehungen der symmetrischen Pflichten : Die Pflicht des Vaters 'tse' (Güte) gegenüber der Pflicht des Sohnes 'hsiao', die des Herrn 'jen' (Wohlwollen) gegenüber der des Untertans 'chung' (Loyalität) usw.2 Weber hat auch die Verschiedenheit zwischen Mohismus und Konfuzianismus bemerkt : Die Feindesliebe der radikalen Mystiker (Laotse, Mo Ti) aber wurde, als der gerechten Vergeltung : Einem Prinzip der Staatsräson, zuwiderlaufend entschieden abgelehnt… so mag es, so sehr die Ethik (Menzius) den sozialen Wert des Mitleids rühmte, recht wohl sein, dass diese Empfindung nicht eben sehr entwickelt wurde. Jedenfalls nicht auf den Boden des Konfuzianismus. Selbst die (heterodoxen) Vertreter der Feindesliebe (z.B. Mo Ti) begründeten diese wesentlich utilitarisch. Die allgemeine 'Menschenliebe' lehnte Menzius mit der Bemerkung ab, dass dadurch Pietät und Gerechtigkeit ausgelöscht werden." In den idealtypischen (typologischen) Entwicklungskonstruktionen religiöser Ethik Webers werden teilweise implizit, teilweise explizit vier Typen der religiösen Ethik unterschieden : Magische Ethik, Ethik der rituellen Religiosität, Ethik der Gesetzesreligiosität und Gesinnungsethik der Erlösungsreligiosität. Für Weber bedeutet es keine naive Unterscheidung, sondern eine typologische Entwicklungskonstruktion der Rationalisierung der Religion : Von der Stufe der Magie bis der Stufe der Religion. Für ihn sind zwei Massstäbe am wichtigsten, nach denen man die Stufe der Rationalsierung einer Religion anordnen kann : Einmal der Grad, in welchem sie die Magie abgestreift hat ; dann der Grad systematischer Einheitlichkeit des 'Weltbildes'. Die Rationalisierung einer Religion wird deswegen von ihm in bestimmten Sinne als die 'Entzauberung als Entmagisierung' behandelt. Auf der Stufe der Magie sei die 'Welt' ein 'Zaubergarten'. Im Gegensatz zur Religion hat die Magie vor allem eine irrationale Grundlage. Beim Prozess der Rationalisierung ist die Magie zur 'Erlösungsreligion' geworden. Weber behandelt den Begriff 'religiöse Ethik' als einen genetischen Gattungsbegriff, in Abrenzung zu 'magischen Ethiken', die man auch als 'subjektiv zweckrationale Kunstlehren' bezeichnen könnte. Die typologische Anordnung der konfuzianischen Ethik in der Weberschen Religionssoziologie ist uneinheitlich, weil sie sich häufig mit den Vergleichpunkten Webers ändert. In seiner Entwicklungskonstruktion der Rationalisierung der Religion hat er den Konfuzianismus (als Gegentypus des Puritanismus) der Stufe der Magie zugerechnet. Beide religiösen Ethiken haben nach ihm ihre irrationale Verankerung : Die Magie beim Konfuzianismus und die letztlich unerforschlichen Ratschlüsse eines überweltlichen Gottes beim Puritanismus. Die konfuzianische Ethik wird von Weber wegen ihrer ungebrochenen Gebundenheit an die Magie und die unsystematischen Konventionen bzw. Traditionen auf einer relativen niedrigen Stufe angeordnet : Die Stufe der 'magischen Ethik'. Im Gegensatz dazu, wird die puritanische Ethik wegen ihrer konsequenten Entmagisierung und systematischen Einheitlichkeit des 'Weltbildes' auf einer höchsten bzw. letzten Stufe angeordnet : Die Stufe der 'Gesinnungsethik'. Dabei hat Weber die Weltbejahung der konfuzianischen Ethik mit der Weltbejahung der Magie gleichgesetzt, weil er hier, entgegen seinem eigenen Bezugsrahme, Religion tendenziell mit ‚Erlösungsreligion’ identifiziert. Eine solche magische Gebundenheit gilt für ihn nicht nur für die konfuzianische 'Orthodoxie', sondern noch stärker für die taoistische 'Heterodoxie'. Die konfuzianische Ethik wird von Weber als ein Typus der 'ritualistischen Ethik' und der 'Gesetzesethik' angesehen. Im Vergleich zum Taoismus, der total von Magie dominiert wird und die Rolle der Massenreligiosität übernimmt, beschreibt er die konfuzianische Ethik als die 'Standesethik einer literarisch gebildeten weltlich-rationalistischen Pfründnerschaft'. Die klassischen literarischen Bücher der Chinesen, die eng mit der Bildung des Literatenstandes zusammenhängen, behandeln nach Weber die Zeremonial- und Ritualnormen und Rechtsvorschriften völlig auf gleicher Linie. Die universalistische konfuzianische Ethik, sei es die von Konfuzius, sei es die von Mengzi oder Xunzi, verlangt eine systematische Lebensführung, ein Handeln aus Pflicht und eine gegenseitige Ergänzung bzw. Synthese von Autonomie und Heteronomie, wenn auch in einem andersartigen historischen und kulturellen Kontext als in ihrem okzidentalen Sinne. Die Webersche Beurteilung der konfuzianischen Ethik, sei es die 'magische Ethik', sei es die 'Gesetzesethik' oder 'ritualistische Ethik', ist in diesem Sinne unzutreffend. Und seine Einschätzung, dass es keinen Sprung zur 'Gesinnungsethik' beim Konfuzianismus gibt, stimmt auch mit der Faktizität des Konfuzianismus nicht überein. Die Herrschaftsstruktur Chinas wird von Weber als 'patrimonial' bezeichnet : Die vom Kaiser ausgeübte Herrschaft war insofern ‚patrimonial’, als die auf den gleichen Strukturprinzipien beruhte wie die Stellung des Vaters in der Familie. Der Kaiser betrachtete das Reich als seine Familie, wie in der Familie der Vater, in der Sippe der Älteste, im Kreis der Magistratbeamte, so war im Gesamtreich der Kaiser das Zentrum von Pietätsbeziehungen, die sowohl einer bestimmten Tradition als auch der durch sie zur Herrschaft berufenen Person galten. Eine Unterscheidung zwischen Person und Amt, Staat und Gesellschaft war unter diesen Umständen nicht möglich. Der Begriff 'Pietät' wird von Weber als synonym mit der persönlichen Loyalität behandelt und als die Kardinaltugend sowohl des Patriarchalismus wie auch des Patrimonialismus angesehen. 'Xiao' wird von ihm mit 'Pietät' übersetzt. Aber im historischen Kontext Chinas hat dieser Begriff eine andersartige kulturelle Bedeutung. Es ist die 'Reziprozität' (shu), bzw. die 'Menschlichkeit' (ren), die von den Konfuzianern als die Kardinaltugend und das Legitimationsprinzip der Herrschaft behandelt wird. Obwohl die Tugend (xiao) im Laufe der Zeit von den Han-Konfuzianern politisch interpretiert und als Kardinaltugend der Herrschaft im kaiserlichen China hervorgehoben worden ist, stimmt diese Tatsache trotzdem nicht mit der Beschreibung Webers überein. Es ist fragwürdig, dass Weber ohne Vorbehalt die okzidental kulturell geprägten Begriffe wie 'patria potestas', 'Patriarchalismus', 'Patrimonialismus' und 'Pietät' auf China angewendet hat. |
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# | Year | Bibliographical Data | Type / Abbreviation | Linked Data |
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1 | 2000- | Asien-Orient-Institut Universität Zürich | Organisation / AOI |
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