Weber, Max. Konfuzianismus und Taoismus : Sekundärliteratur (11).
Fröhlich, Thomas. Tang Junyi, Max Weber und die Mächte des Dämonischen [ID D18799].
Thomas Fröhlich schreibt : Im Verständnis von Max Weber kann der typologische Ort des Konfuzianismus zunächst durch die Differenzierung von Religion und Magie bestimmt werden. Wie in anderen Religionen kommt es demnach auch im Konfuzianismus zu einer gewissen "Ethisierung" sozialer Beziehungen. Das Schicksal des Einzelnen hängt nun nicht mehr ausschliesslich von Zauber ab, sondern wird auch durch die Lebensführung bestimmt. An diesem typologischen Ort nimmt Weber weitere systematische Unterscheidungen vor, die es ihm schliesslich erlauben, den Konfuzianismus als Typus einer politischen Religion zu bestimmen, die sich vom asketischen Protestantismus dadurch unterscheidet, dass sie keine Erlösungslehre kennt. Der Konfuzianismus betreibt demnach eine "Systemalisierung und Institutionalisierung einer politischen und sozialen Standesethik, eine Art Ziviltheologie". Mit dieser typologischen Differenzierung gehen Aussagen Webers über geistige und lebenspraktische Konsequenzen einher, deren Reichweite sich über das gesamte Kulturgebiet, in dem der Einfluss des jeweiligen Religionstypus dominant ist, erstreckt. In geistiger Hinsicht konstatiert Weber, dass dem Konfuzianismus "jede transzendente Verankerung der Ethik, jede Spannung zwischen Geboten eines überweltlichen Gottes und einer kreatürlichen Welt, jede Ausgerichtetheit auf ein jenseitiges Ziel und jede Konzeption eines radikal Bösen fehlt. Wer die auf das Durchschnittskönnen des Menschen zugeschnittenen Gebote innehielt, war frei von Sünden". Die konfuzianische Ethik ist für Weber daher "eine rationale Ethik, welche die Spannung gegen die Welt, sowohl ihre religiöse Entwertung wie ihre praktische Ablehnung, auf ein absolutes Minimum reduziert", mit anderen Worten, eine "Ethik der unbedingten Weltbejahung und Weltanpassung". Dass die Ethik des Konfuzianismus diese Spannung gegen die Welt reduziert, wirkt sich in Webers Verständnis sowohl auf die Wirtschaftsethik als auch auf das Wirtschaftsleben des konfuzianisch bestimmten Kulturgebiets aus. Worin diese Folgen bestehen, lässt sich vielleicht am klarsten anhand der entsprechenden Konsequenzen aufzeigen, die Weber dem asketischen Protestantismus zurechnet. Diesem Typus einer Erlösungsreligion fehle weder eine transzendente Grundlage der Ethik noch die Spannung gegen die Welt noch ein Begriff des Bösen. Das hat weitreichende Folgen, denn "nur die überweltlich orientierte puritanische rationale Ethik führte den innerweltlichen ökonomischen Rationalismus in seinen Konsequenzen durch, gerade weil ihr an sich nichts ferner lag als eben dies, gerade weil ihr die innerweltliche Arbeit nur Ausdruck des Strebens nach einem transzendenten Ziel war". Eine konfuzianisch geprägte Kultur bliebe demnach ohne jene "wertrationale Verankerung", die von der Ethik "protestantischer Sekten" bereitgestellt wurde; damit entfiele aber zugleich die "motivationale Grundlage", auf der "zweckrationale Verhaltensweisen" einen Modernisierungsprozess hin zu Bürokratisierung, Verrechtlichung und kapitalistischer Wirtschaftsordnung tragen konnten. Eine Ablösung von dieser ethischen Grundlage, wie sie schliesslich im Fortgang abendländischer Modernisierung stattfand, wäre im konfuzianischen Kulturgebiet daher von vornherein ausgeschlossen : Zwischen Konfuzianismus und dem "Geist des Kapitalismus" bestünde keinerlei "Wahlverwandtschaft".
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