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“Sinologische Traditionen im Spiegel neuer Forschungen” (Publication, 1993)

Year

1993

Text

Sinologische Traditionen im Spiegel neuer Forschungen. Hrsg. von Ralf Moritz ; in Zusammenarbeit mit Mayke Wagner und Wilmar Mögling. (Leipzig : Leipziger Universitätsverlag, 1993). (MOR5)

Type

Publication

Contributors (1)

Moritz, Ralf  (Leipzig 1941-) : Sinologe, Professor für Sinologie, Ostasiatisches Seminar, Universität Leipzig

Subjects

History : China : General / References / Sources / Sinology and Asian Studies : Europe : Germany / Sinology and Asian Studies : General

Chronology Entries (5)

# Year Text Linked Data
1 1950-1980 Trauzettel, Rolf. Die chinesische Rezeption von Max Weber Studien zur Wirtschaftsethik [ID D18792]
Rolf Trauzettel : In China wird vor allem Forschung über Max Weber anhand von Sekundärliteratur aufgenommen und verarbeitet, beruhend auf englischen Übersetzungen seiner Schriften.
Fu Zhufu und Zhou Jinsheng stimmen überein, dass China sich nach westlichen Modellen modernisieren müsse, wobei Fu das sozialistische und Zhou das kapitalistische Modell als Leitidee hat. Beide aber folgen Weber darin, dass es signifikante Defizite der chinesischen Entwicklung waren, die das Ausbleiben einer Ausbildung moderner kapitalistischer Verkehrsformen erklären können. Fu übernimmt im wesentlichen Marx' Schema historischer Entwicklungsstufen. Da er die Theorie der Asiatischen Produktionsweise ablehnt, wird die Periode des Feudalismus für ihn zu einem Prüfstein. Er bewältigt es, indem er sich Weber Konzeption eines chinesischen Pfündenfeudalismus annähert. Auch in der Bewertung von Rolle und Funktion des bürokratischen Systems sind die zwei Standorte Fus und Webers einander nahe, zumal Fu auf sehr interessante Weise von da aus die besonderen Merkmale der chinesischen Sozialorganisationen, speziell der Gilden in den Blick bekommt. Seine überaus differenzierende Darstellung des Gildensystems gewinnt durch die Webersche Optik der Konfrontation mit den westlichen Vergleichsmodellen eine überzeugende Trennschärfe. Deutlich nach Weber bewegt sich Fus Darstellung der gegen die Eigeninitiativen der Kaufleute gerichteten Politik der staatlichen Bürokratie. Hier erkennt er in den Staatsmonopolen, Staatsmanufakturen und staatlichen Handwerksbetrieben Schlüsselpositionen, die einer Entwicklung zum Kapitalismus Barrikaden errichteten.

Zhou Jinsheng, der deutlich von Werner Sombart und Max Weber inspiriert ist, räumt der Erfassung der historischen Formen des ökonomischen Denkens und der Wirtschaftsethik einen bedeutenden Platz ein. Er bezieht die Historiographie der Wirtschaftsgeschichte selbst in seine theoretischen Überlegungen ein, indem er die Geschichte des ökonomischen Denkens, was im Sinne Webers Wirtschaftsgesinnung einschliesst, und die der Wirtschaftslehren im engen Verständnis von der Historiographie der Wirtschaftsgeschichte unterscheidet. Letztere umfasst für ihn nur die Deskription der objektivierbaren ökonomischen Sachverhalte und Institutionen, wohingegen erstere in der Untersuchung von ökonomischen Ursachen, Entwicklungen und Einflüssen bestehen. Dabei scheidet er die Wirtschaftslehren als die dogmatisch gewordenen Theorien vom ökonomischen Denken, unter welchem er alles zusammenfasst, was an Gedanken über Wirtschaft konzipiert und verbreitet wird. Zhou erkennt deutlich die Differenzen zwischen den Entwicklungen im Westen und in China, namentlich auch im Wirtschaftsdenken und in der Theoriebildung, wobei er zur Affassung gelangt, dass Europa eine erheblich längere Tradition der ökonomischen Theoriebildung aufweise als China. Diese Auffassung führt ihn zu einer Erforschung der Ursachen, die seiner Meinung nach das Wirtschaftsdenken in China behindert hätten : Der Widerspruch zwischen ökonomischer Rationalität und chinesischer Lebensphilosophie, besonders des Taoismus und des Buddhismus. Eine übertriebene Hochbewertung der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Geringschätzung des Handels, teilweise auch der Gewerbe. Der einseitige Nachdruck in der Philosophie auf ethische Prinzipien. Der Buddhismus habe zu sehr deterministische, fatalistische Anschauungen gefördert. Das Wirtschaftsgeschehen sei nicht in seinem Systemcharakter erkannt worden.
2 1986 Weber, Max. Xin jiao lun li yu zi ben zhu yi jing shen. Makesi Weibo zhu ; Huang Xiaojing, Peng Qiang yi [ID D18917].
Rolf Trauzettel : Diese Übersetzung löst eine grössere Intensität der Diskussion über den Problemkomplex in China aus. Auffällig dabei ist jedoch das Absehen von einer methodologischen Kritik auf philosophischer oder soziologischer Ebene. Die heftigsten Kontroversen entzünden sich an den Vergleichen zwischen okzidentaler (christlicher) und chinesischer (besonders konfzianischer) Ethik. Es wird in dieser Frage aber meistens übersehen, dass Weber keineswegs eine umfassende Kulturanalyse Chinas liefern wollte, sondern, er hat lediglich das untersucht, was seiner Meinung nach 'im Gegensatz stand und steht zur okzidentalen Kulturentwicklung'.
3 1987 Yü, Yingshi. Zhongguo jin shi zong jiao lun li yu shang ren jing shen [ID D18959].
Yü schreibt : Ich will natürlich nicht sagen, dass chinesische und protestantische Ethik im Grund gleich seien, ich möchte nur betonen, dass, was den 'Idealtypus' betrifft, die von Max Weber entworfene ‚innerweltliche Askese’ auch auf die chinesische Religion passt. Die Unterschiede zwischen den beiden sind nur graduell. Solange wir Webers Idealtypus nicht neu konstruieren, können wir sein ursprüngliches Konzept nicht weiter als effektiven Massstab zur Abgrenzung von Konfuzianismus und Protestantismus verwenden. Die Nichtentwicklung des Kapitalismus in China gründe darin, dass Chinas Politik und Recht noch keinen Rationalisierungsprozess durchlaufen haben. Das wäre natürlich eine Webersche Antwort.

Rolf Trauzettel : Yü stellt die Webersche Frage nach der 'innerweltlichen Askese' an die betreffenden chinesischen Quellen. Seine Verwendung des Kulturvergleiches kommt der Vorgehensweise Webers recht nahe, was sich darin äussert, dass er hauptsächlich diejenigen Aspekte in Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus erfasst, die in Beziehung zur protestantischen Ethik gesetzt werden können. Yü erkennt einerseits an, dass und wie Webers Studie zur protestantischen Ethik die materialistische Geschichtssicht 'kraftvoll widerlegt', so drückt er sich aus, andererseits ist er überzeugt, Webers Thesen zur konfuzianischen und taoistischen Ethik zurückgewiesen zu haben. Missverstanden hat Yü entscheidende Züge von Webers Rationalitätskonzeption, speziell diejenigen, die die rationale Durchdringung der Lebenswelt beinhalten. Der Begriff Webers von der 'rationalen Lebensmethodik' taucht in Yüs Buch überhaupt nicht auf, und zum anderen scheint mir eine seiner Methoden bedenklich, insofern er die Weberschen Teoreme nicht als Endpunkte und Resümees historisch-konkreter Entwicklungsinhalte begreift, sondern gerade von diesen stark abstrahiert. Er will damit die in Webers Komparatistik aufgestellten Typen und Begründungsketten auf allgemeingültige, nicht-spezifische Elemente reduzieren und übersieht dabei, dass zu weit getriebene Reduktion zu Elementen führt, die zugleich alles und damit nichts erklären.
4 1988 Yang, Junshi ; Du Nienzhong. Ru jia lun li yu jing ji fa zhan. [ID D18961].
Rolf Trauzettel : Yang folgt in seiner Frontstellung gegen Max Weber auch dessen westlichen Kritikern und nicht nur aufgrund von dessen Konfuzianismus-Interpretation. In bezug auf diese nun bemängelt er vor allem, dass Weber die (allerdings von der chinesischen Anthropologie getroffene) Einteilung in eine ‚Grosse Tradition’ und eine 'Kleine Tradition' kritiklos übernommen und damit deren Besonderheiten übersehen habe. Den Chinesen nämlich sei es ja möglich, mehrere Religionen für sich in Anspruch zu nehmen, sich also je nach Anlass oder Situation des konfuzianischen, taoistischen oder buddhistischen Rituals zu bedienen. Die Wirkungen der verschiedenen Religionen seien deshalb wissenschaftlich kaum zu eruieren.
5 1990 Chen, Qineng. Recent studies of Max Weber in the People's republic of China. [Referat Symposium in Bad Homburg].
Chen schreibt über Webers 'Konfuzianismus und Taoismus' : As a comparative study of religion, the books was aimed at analysing why that capitalism 'did not take place' in China. However, Weber examined mostly orthodox confucian political thoughts, which were not comprehensive confucianism. Recent cultural interpretations of the economic miracles in East Asia show that, to analyse the confucian capitalism in East Asia, one must start with pritivie confucian thoughts (before the Qin dynasty) in order to expose the intrinsic links between confucian ethic and Oriental capitalism. Surely this opinion is not final. Many problems need more discussion. For example, did Weber really treat confucian ethic as the fundamental reason that inhibited capitalism to take place in China ? Some scholars think that, the conclusion of the 'Confucianims and taoism' is that on the special sociological foundation in China, the confucian ethic was not agreeable with capitalist spirit. This is one of the reasons that modern capitalism in the western style did not develop in China. Only one of the reasons. The most important is, that Weber did not intend to explain why that capitalism did not develop in China, but to verify his proposition on the protestant ethic from the angel of China.