Marx, Karl. Aus einigen offiziellen Korrespondenzen.
Unter den Dokumenten über China, die Lord Palmerston dem Parlament vorgelegt hat, entdecken wir einige Auszüge aus der Korrespondenz zwischen Dr. Parker und dem Bevollmächtigten Jä; und es will uns scheinen, daß der Doktor hier den kürzeren zieht. So beschwert sich der Doktor schriftlich bei Jä, daß in Hongkong Brot vergiftet worden sei, worauf Jä folgendes antwortet:
"Die Mitteilung Ew. Exzellenz vom 16. vorigen Monats empfing ich am 2. dieses Monats und nehme deren Inhalt zur Kenntnis, daß nämlich der amerikanische Konsul, der aus Hongkong in Makau eingetroffen war, Sie persönlich davon informiert hat, daß zwei oder drei Tage zuvor unbekannte Chinesen in Hongkong dem Brot Gift beigemischt und es öffentlich zum Verkauf angeboten hätten, und zwar allen Ausländern und allen Einheimischen, daß alle, die davon gegessen hätten, schwer erkrankten und daß es noch fraglich sei, ob sie mit dem Leben davonkämen. Als ich das las, war ich außerordentlich überrascht. Die Chinesen und die Amerikaner sind gewöhnlich gut miteinander ausgekommen, und die Handelsbeziehungen zwischen China und anderen Ländern waren bisher freundschaftlich; doch nun haben die Engländer seit einigen Monaten, ohne im geringsten dazu provoziert worden zu sein, ihre Truppen hergeschickt und die Feindseligkeiten eröffnet, wiederholt Geschäfte und Wohnstätten in Brand gesetzt, eine große Anzahl von Gebäuden zerstört und einige Familien vollständig ruiniert. Es gibt zweifellos viele Chinesen, deren Haß gegen die Engländer sich dadurch sehr gesteigert hat, und dennoch ist die Vergiftung von Menschen auf so heimtückische Weise eine verabscheuungswürdige Tat. Da sich all das in Hongkong ereignet hat, ist es mir unmöglich, den Sachverhalt zu überprüfen. Die Tat ist auf die zahllosen Leiden zurückzuführen, die den Chinesen von den Engländern zugefügt worden sind. Und die Einwohner der Umgebung haben sich auf diesem Wege für das erlittene Unrecht rächen wollen.
Da die Amerikaner den Chinesen niemals Unrecht zugefügt haben, so gibt es natürlich auch gar keinen Grund, warum das zwischen ihnen bestehende gute Einvernehmen gestört werden sollte. Wenn Ew. Exzellenz die Amerikaner in geeigneter Form warnen und ihnen den guten Rat geben würden, ruhig ihre eigenen Geschäfte zu besorgen, dann werden die Chinesen sie ohne Frage immer korrekt behandeln. Was hätte die Chinesen wohl auf den Gedanken bringen sollen, die Amerikaner heimlich zu vergiften? Diesem Punkt sollten Sie Beachtung schenken.
Aus diesem Grunde antworte ich — zugleich wünsche ich Ihnen einen dauerhaften Frieden."
Man könnte den von uns hervorgehobenen Vorschlag kaum besser formulieren, den Vorschlag nämlich, Dr. Parker und seine Landsleute täten viel besser daran, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, als sich in Auseinandersetzungen einzumischen, die die Engländer vom Zaune gebrochen haben.
Anstatt jedoch diesen guten Rat zu beherzigen, muß Dr. Parker durchaus einen Brief an Jä schreiben, in dem er versucht, sich und die amerikanischen Behörden zu rechtfertigen, weil sie für die Engländer Partei ergriffen. Im folgenden ein Auszug aus diesem Brief: "Würde der Unterzeichnete aufgefordert . . ., ein Urteil darüber zu fällen, wer in dieser Kontroverse recht und wer unrecht hat, so würde er womöglich in Erfahrung zu bringen wünschen, ob es nicht richtiger gewesen wäre, wenn die hohen Beamten der beiden Regierungen in dem Augenblick, als sich Anlaß zu ernster Klage ergab, eine persönliche Unterredung herbeigeführt hätten, um den Fall nach den Grundsätzen der Vernunft und Gerechtigkeit beizulegen, und so die ungeheure Zerstörung von materiellen Gütern und das Blutvergießen zu verhindern, die infolge des Versäumnisses Ew. Exzellenz eintraten. Er könnte unter Umständen auch Erkundigungen darüber einziehen, inwieweit die Feststellungen über das, was in früheren Jahren hinsichtlich des Einlasses in die Stadt Kanton in die Öffentlichkeit gedrungen ist, auf Wahrheit beruhen, denn sie unterscheiden sich nach dem Dafürhalten, des Unterzeichneten, der schon lange in China ansässig ist, wesentlich von dem wahren Sachverhalt.
Es möge dem Unterzeichneten gestattet sein, Ew. Exzellenz gegenüber im Geiste wahrer Freundschaft seiner Überzeugung Ausdruck zu geben, daß die Quelle aller Unstimmigkeiten zwischen China und den ausländischen Nationen in der mangelnden Bereitschaft Chinas zu suchen ist, England, Frankreich, Amerika und andere große Nationen des Westens als Gleichberechtigte und wahre Freunde anzuerkennen und sie dementsprechend zu behandeln. In bezug auf diese ernste Angelegenheit ist die amerikanische Regierung gewiß, daß die Engländer im Recht sind, und ist fest entschlossen, mit ihnen zusammenzuarbeiten." Jäs Antwort wird nicht mitgeteilt, doch ist kaum anzunehmen, daß er es unterlassen hat, dem Doktor die Antwort zu erteilen, die er verdient hatte. Der Doktor weiß besser als jeder andere, daß die wahre Ursache der jetzigen und früheren Unstimmigkeiten zwischen den Chinesen und den Engländern nicht, wie er behauptet, die "mangelnde Bereitschaft Chinas" war und ist, "England, Frankreich, Amerika und andere große Nationen als Gleichberechtigte anzuerkennen", sondern die mangelnde Bereitschaft der chinesischen Behörden, zuzulassen, daß ihre Untertanen mit Opium vergiftet werden zum finanziellen Nutzen der britischen Ostindischen Kompanie und einiger gewissenloser britischer, amerikanischer und französischer Kaufleute. Wie können die Chinesen diese "großen Nationen des Westens" als "wahre Freunde" betrachten "und sie dementsprechend behandeln", wenn sie feststellen, daß das Hauptanliegen dieser großen Nationen in China der Opiumverkauf und die Verbreitung des Genusses von Opium war und ist, einem gefährlichen Rauschgift, eingeführt von den gleichen Ausländern im Lauf der letzten hundert Jahre — vor dieser Zeit war es den Chinesen völlig unbekannt —, dessen Genuß sich mit erschreckender Geschwindigkeit verbreitet und das gleichermaßen verderblich auf Moral, Staatssäckel und Gesundheit im blumigen Reich der Mitte wirkt? Erst wenn diese "großen Nationen" sich dadurch als "wahre Freunde" erwiesen haben, daß sie gemeinsam mit den chinesischen Behörden diesem abscheulichen Handel ein Ende bereiten, erst dann wird es an der Zeit sein, sich über die fehlende Bereitschaft der Chinesen zu beklagen, sie als "wahre Freunde" anzuerkennen.
In der Kunst der diplomatischen Korrespondenz scheinen andere chinesische Beamte Jä nicht nachzustehen. Am 9. Dezember [1856] sandte Sir John Bowring dem Vizekönig von Fukien etc. einen Bericht mit seinen Beschwerden über Jä und ersuchte ihn, den Hof in Peking davon in Kenntnis zu setzen. In seiner Antwort schreibt der Vizekönig:
"Da das mir übermittelte Dokument in englischer Sprache abgefaßt ist, ist mir sein Inhalt unbekannt, und ich habe keine Möglichkeit, ihn zu entziffern.
Abschließend ist es meine Pflicht, hinzuzufügen, daß ich, da unsere beiden Nationen seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen unterhalten, immer noch die Hoffnung hege, es könnte bei einer entsprechenden beiderseitigen Einhaltung des Friedens-Vertrags, der ewig dauern sollte, zum Segen beider Nationen gelingen, die friedlichen Beziehungen zu festigen, die bisher zwischen ihnen bestanden haben."
Der Vizekönig einer anderen Provinz, dem ein ähnliches Schreiben zugegangen war, antwortete folgendermaßen: "Ich bin erfreut über die Friedensbeteuerungen Ew. Exzellenz; aber es würde der Sache des Friedens, zu der Sie sich so wohlwollend bekennen, nur zum Schaden gereichen, wollte ich , dem Kaiser mitteilen, daß Sie wegen Jäs Verhalten vorschnell den Frieden gebrochen haben, der laut Vertrag ewig währen sollte. Ein anderer Grund, warum ich mich nicht an den Thron wenden möchte, ist, daß Jä — und nur er — dazu befugt ist, kommerzielle Fragen zu behandeln; und da dieser Fall Ausländer betrifft, kann er also nur von ihm geregelt werden."
Der folgende kaiserliche Erlaß vom 27. Dezember [1856] läßt vorläufig keinerlei Neigung des Kaisers erkennen, den Forderungen der Engländer nachzugeben:
"Wir haben Jä am heutigen Tage instruiert, daß, falls die englischen Barbaren ihren jetzigen Kurs von sich aus aufgeben, der Zorn (oder Haß) nicht bis zum Äußersten getrieben werden soll. Wenn sie es aber wagen, in ihrer Unvernunft und Halsstarrigkeit zu beharren, so soll die Eröffnung von Friedensverhandlungen nicht von versöhnlichen Schritten unsrerseits abhängig gemacht werden, da dies weiteren Forderungen nach bedeutenden Konzessionen den Weg bereiten würde. Die Kwang-Provinzen unterstehen Jä Ming-djin seit langem, und er ist mit den Gepflogenheiten der Barbaren so gründlich vertraut, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach in der Lage sein wird, die geeigneten Maßnahmen ausfindig zu machen.
Im übrigen bemerken wir, daß die Dampfschiffe dieser Barbaren infolge langer Erfahrung mit den Seeküsten von Kiangssu, Tschekiang und Fukien wohlvertraut sind; und da Vorsichtsmaßregeln getroffen werden sollten, um auch diese Küsten vor den Barbaren zu schützen, die, wenn sie sich außerstande sehen, der Provinz Kanton ihren Willen aufzuzwingen, versuchen könnten, andere Häfen an diesen Küsten unsicher zu machen, befehlen wir Ai Ljang, Dshau und Ai Lo, den lokalen Behörden geheime Instruktionen zu erteilen, daß, falls sich Schiffe der Barbaren (ihrem Hoheitsgebiet) nähern, geeignete Maßnahmen ergriffen werden, sie lautlos und unauffällig (damit sie keinen Verdacht schöpfen) sicherzustellen. Sollten sie sich veranlaßt fühlen, für den Friedensbruch in Kanton eine Erklärung zu geben, so müssen sie durch ein -leuchtende Argumente so in die Enge getrieben werden, daß ihnen kein Ausweg bleibt; angesichts dessen werden sie womöglich geneigt sein, ihr Unternehmen als hoffnungslos aufzugeben. Aber die erwähnten Behörden dürfen auf keinen Fall in Panik geraten, da dies die Öffentlichkeit beunruhigen und verwirren würde."
Marx, Karl. Some official correspondence.
Among the papers relating to China which Lord Palmerston has laid before Parliament, we find some extracts from the correspondence between our Dr. Parker and Mr. Commissioner Yeh, in which we must say that our Doctor seems to come off second best. Thus, the Doctor wrote to complain of the bread-poisoning at Hong Kong to which Yeh replied as follows:
"I received your Excellency's communication of the 16th ult. on the 2nd inst., and observe what it contains: That the American Consul, who had arrived at Macao from Hong Kong, informed you personally that two or three days before, certain Chinese people in Hong Kong had mixed poison in the bread which they furnished the public, without distinction of country, of which all had eaten, and had been made seriously ill, and that it was not yet known whether they would survive.
"On reading this, I was very greatly surprised. The Chinese and Americans have usually been on good terms, and the trade between China and other countries has heretofore been conducted amicably; but the English have now, for several months, in a most unprovoked manner, brought their troops and engaged in hostilities, and repeatedly setting fire to the shops and dwellings of people, and destroying a very great number of buildings, and have ruined some entire families. Doubtless there are many Chinese whose hatred against the English has been much increased by this; but to poison people in this underhand manner is an act worthy of detestation: still, as it all occurred in Hong Kong it is impossible for me to examine into all the facts. The act is owing to the unnumbered evils which have been inflicted upon the Chinese by the English; and the natives of the surrounding districts have taken this way of revenging their private wrongs.
"The Americans having never injured the Chinese, there is, of course, nothing to mar the good feeling existing between them. Tour Excellency might with propriety, issue admonitory exhortations for the Americans quietly to attend to their own business, and there can be no question but the Chinese will always treat them in a proper manner. What could induce them to think of secretly poisoning them? — a point worthy of your consideration. For this I reply — at the same time wishing you stable peace."
Nothing could be better put than the suggestion we have placed in italics, that Dr. Parker and his countrymen would do much better to mind their own business than to be mixing themselves up in the quarrel which the English had picked.
Instead, however, of falling in with this piece of good advice, Dr. Parker must needs write a letter to Yeh, in which he undertakes to justify himself and the American authorities for siding with the English Of this letter the following is an extract:
"Were the undersigned called upon to pass judgment upon the question who is right and who is wrong in the present controversy, he might wish to inquire if it had not been right, when the occasion for serious complaint arose, for the high officers of the two Governments to have met face to face, and according to reason and justice have settled the matter, and thus have prevented the vast destruction of property and effusion of blood which have been in consequence of your Excellency's failing to do so. He might, also, perchance, inquire into the truth of the statements regarding what had transpired in former years in relation to the subject of the entree of the City of Canton, which differs widely from what the undersigned, who has long resided in China, apprehends to be the facts of the case.
"The undersigned may be allowed, in the spirit of true friendship, to express to your Excellency his belief that the fountain of all difficulties between China and foreign nations is the unwillingness of China to acknowledge England, France, America and other great nations,of the West as her equals and true friends, and treat them accordingly. So far as respects this grave matter the American Government is sensible that the English are in the right, and does choose to cooperate with them."
Yeh's answer is not given, but it can hardly be supposed that he failed to make the retort to which the Doctor had exposed himself. The Doctor knows perfectly well, nobody better, that the true cause of the present and former difficulties between the Chinese and the English was and is, not as he pretends "the unwillingness of China to acknowledge England, France, America and other great nations of the West as her equals," but the unwillingness of the Chinese authorities to allow their subjects to be poisoned with opium for the pecuniary benefit of the British East India Company and a few unprincipled British, American and French traders. How is it possible for the Chinese to regard these "great nations of the West" "as their true friends, and to treat them accordingly," when they find that the principal business of these great nations in China has been and is to sell and spread the use of opium, a poisonous drug introduced by these foreigners within a century past-before which time it was utterly unknown to the Chinese — and the use of which increases with a frightful rapidity, fatal at once to the morals, the pecuniary welfare and the health of the Flowery Empire? When these "great nations" shall have first proved themselves "true friends" by joining with the Chinese authorities to put an end to this wicked traffic, it will be quite time to complain that the Chinese are unwilling to recognize them in that character.
Other Chinese officials seem not inferior to Ych in the matter of diplomatic correspondence. On the 9th of December [1856] Sir John Bowring sent to the Viceroy of Fukien, etc., a statement of his complaints against Yeh, requesting that the Court of Peking be advised of the same. In his reply the Viceroy says:
"The document forwarded to me being in English, its contents are unknown to me, and I have no means of deciphering them.
"In conclusion, it is my duty to add that our two nations having been on friendly terms for many years, I am still in hopes that by due observance on either side of the Treaty of Peace that was to last for ever, it will be their good fortune to strengthen the amicable relations heretofore existing between them."
The Viceroy of another province, to whom a similar letter was sent, replied as follows:
"I rejoice in your Excellency's professions of peace; but it would only do harm to the interests of peace, to which you profess yourself so friendly, were I to tell the Emperor that, because of Yeh's act, you have precipitately broken the peace that the Treaty said was to last for ever. Another reason against my addressing the throne is, that Yeh, and he alone, is competent to deal with commercial questions; and this can be nothing else, being a question with foreigners."
The following Imperial edict of the 27th December [1856] does not evince any present disposition on the part of the Emperor to give way to the demands of the English:
"We have this day instructed Ych, that if the English barbarians turn from their present course of their own motion, anger (or hate) need not be carried to extremity; but if they dare to persist in their extravagance and obstinacy, peace is not to be negotiated by a conciliatory movement on our part, as this would open the way to demands for other concessions of importance. Yeh-mingchin has been very long in charge of the Kwang provinces, and is so thoroughly cognizant with barbarian affairs that he will be able in all probability to devise a proper course of proceeding.
"It occurs to us that the seaboard of Kiangsu, Chekiang and Fukien, is ground with which the steamers of these barbarians are, by long experience, well acquainted, and as precaution should be taken to defend (that coast) also against the barbarians, who, when they find themselves unable to work their will in the Canton province, may attempt to disturb other ports along it, we command Eleang, Chaou, and Ilo, to give instruction privily to the local authorities, in the event of barbarian ships approaching (their jurisdiction), to take such steps as will render them secure, without sound or sign (that may attract attention). If they come to explain the circumstances of the rupture at Canton, they must be so silenced by reasonable arguments that no loop-hole be left them; and seeing this, they maybe minded to fall back from their undertaking as hopeless. But (the authorities referred to) are riot in any way to take the alarm, as this would disturb and perplex the public mind."
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