Hesse-Wartegg, Ernst von. China und Japan [ID D2606].
Er schreibt : Nur wer die Kultur anderer Länder und Weltteile kennen und aus sich selbst herauszugehen gelernt hat, kann überall den richtigen Masstab anlegen. Andere werden gewöhnlich einseitig nach der von ihrer Jugend an gewöhnten Elle messen, vieles minderwertig, verzwickt und verrückt halten, was nicht nach dieser heimatlichen Elle passt. Und weil die Kultur der Ostasiaten von der unsrigen so sehr abweicht und so selten einsichtige, unabhängige Schilderer fand, ist der Begriff „Chinesisch“ bei uns zur ländläufigen Bezeichnung für alles Groteske geworden.
In der 2. Aufl. schreibt er : Überzeugt von der Wichtigkeit des chinesischen Marktes und von dem Ringen unter den Industriestaaten des Erdballs, das in Bälde um diesen Markt platzgreifen wird, habe ich seit Jahren getrachtet, die Aufmerksamkeit aller Kreise im Deutschen Reich durch zahlreiche Aufsätze und öffentliche Vorträge auf Ostasien zu lenken und ein kräftiges Eintreten zur Wahrung der grossen und berechtigten Interessen dort herbeizuführen…
China muss entwickelt, erschlossen werden, und dazu ist es nötig, das China die erdrückende Macht Europas und die grosse Überlegenheit seiner Kultur noch eingehender kennen und fühlen lernt. Das grosse China wird endlich aus seiner mehrtausendjährigen Erstarrung aufgerüttelt und der Erschliessung durch Europa entgegengeführt…
Im chinesischen Reiche giebt [sic] es, nicht einmal den Kaiserpalast in Peking ausgenommen, kein einziges Gebäude, das sich an Grösse und Pracht mit einem unserer modernen Miethäuser messen könnte…
So sehr ich mir während vieler Besuche in den verschiedensten Theatern Mühe gab, in dem furchtbaren Lärm, den die auf der Bühne selbst kauernden Gongschläger, Lautenbläser und Violinenkratzer unausgesetzt machten, irgend eine Methode, Rhythmus, Melodie zu finden, ist es mir doch niemals gelungen, und als ich einmal in Shanghai einen der englischen Sprache mächtigen Chinesen darüber befragte, so antwortete er mir lächelnd, es sei ihm mit der europäischen Musik, die er gehört, gerade so ergangen.
Die Stadtentwicklung beschreibt Hesse-Wartegg folgendermassen : In ganz Canton giebt [sic] es noch keine Dampfmaschine, keinen Betrieb durch Wasserkraft, keine Elektrizität. Canton ist ebenso wie alle anderen Städte Chinas heute noch so, wie es vor fünfhundert, vor tausend, vor zweitausend und mehr Jahren war.
Über die Beziehung zu Fremden schreibt er : Nichts bringt die Chinesen so sehr ausser Fassung und verwirrt sie, wie die geraden und schroffen Manieren der westlichen Völker, hauptsächlich der Engländer und Amerikaner, und deshalb verschanzen sie sich gerade diesen gegenüber hinter ihrer starren Etikette, während sie dem höflichen, bescheidenen und geduldigen Deutschen grössere Offenheit und grösseres Vertrauen entgegenbringen.
Literature : Occident : Austria