Brecht, Bertolt. Kleines Organon für das Theater [ID D12785].
Brecht schreibt : Die Spielweise, welche zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg am Schiffbauerdamm Theater in Berlin ausprobiert wurde, beruht auf dem „Verfremdunseffekt“ (V-Effekt). Eine verfremdende Darstellung ist eine solche, die den Gegenstand zwar erkennen, ihn aber doch zugleich fremd erscheinen läßt. Das antike Theater verfremdet seine Figuren mit Menschen und Tiermasken.
Die alten V Effekte entziehen das Abgebildete dem Eingriff des Zuschauers gänzlich, machen es zu etwas Unabänderlichem. Die neuen Verfremdungen sollten nur den gesellschaftlich beeinflußbaren Vorgängen den Stempel des Vertrauten wegnehmen, der sie heute vor dem Eingriff bewahrt.
Das lange nicht Geänderte scheint nämlich unveränderbar. Allenthalben treffen wir auf etwas, das zu selbstverständlich ist, als daß wir uns bemühten, es zu verstehen.
Um V Effekte hervorzubringen, mußte der Schauspieler alles unterlassen, was er gelernt hatte, um die Einfühlung des Publikums herbeiführen zu können. Nicht beabsichtigend, sein Publikum in Trance zu versetzen, darf er sich selber nicht in Trance versetzen.
Literature : Occident : Germany
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Literature : Occident : Germany : Theatre