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Chronology Entry

Year

1726

Text

Wolff, Christian. Oratio de Sinarum philosophia practica in solemni Panegyri recitata [ID D1812].
Quelle für die Anmerkungen : Couplet, Philippe. Confucius sinarum philosophus [ID D1758].
Michael Albrecht : Wichtig ausser der Darstellung des jesuitischen China-Bildes ist für Wolff die 'chronologische Tafel' mit ihren Angaben über die chinesische Frühgeschichte.
In den Anmerkungen versucht Wolff zu zeigen, dass seine Gegner aus seinem System falsche Konsequenzen zögen, wenn sie ihm Irreligiosität unterstellen. Er schreibt, dass die "Wahrheit der christlich Religion eben da anfängt, wo die Vernunft aufhört, wenn man es auf das weiteste gebracht, wie ich auch in den Anmerkungen über die Rede von den Sinesen von den moralibus gezeiget. Und in der Tat ist auch diese meine Absicht bei Abhandlung der Philosophie gewesen, dass ich dadurch den Weg zur christlichen Religion bahne und die Hoheit derselben auf eine demonstrative Art begreiflich mache".
Eine Reihe von historisch orientierten Anmerkungen behandelt die chinesische Frühgeschichte und deren wissenschaftliche, politische und moralische Leistungen. In den Äusserungen die das Thema 'Versuche' betreffen, ergibt sich folgendes Bild : Konfuzius erhärtet die Gültigkeit seiner Lehren, indem er sie in seinem eigenen sittlichen Verhalten erprobt ; solche gewonnenen Lehren sind dauerhaft und glaubwürdig. Sie haben auch den Vorzug, dass sie durch die Erfahrung erkannt werden können, weil sie ja tatsächlich ausgeübt werden. Eine bloss auf die Vernunft gegründete philosophische Tugend, ist nicht der Gnade Gottes zu verdanken, sondern durch die Einsicht in der Natur der Vernunft. Wolff setzt die philosophische Tugend mit jener Vollkommenheit gleich, von der Konfuzius sagt, dass er sie nicht erreicht habe. In einigen Anmerkungen kann den Chinesen sogar die philosophische Tugend abgesprochen werden, an andern Stellen aber werden sie für ihre Tugend nachdrücklich gelobt. Konfuzius habe alle Momente, die zur philosophischen Tugend erforderlich sind, durchaus erkannt, so dass er in 'aufrichtiger Absicht' handle, ohne andererseits in jeder seiner Handlungen eine von Lastern freie philosophische Tugend verwirklichen zu können.
Wolff behandelt die chinesische Philosophie nicht netural, nicht historisch-distanziert, sondern versucht ihre Grundgedanken, die in den klassischen Büchern enthalten sind, mit seinen eigenen Kriterien aufzuarbeiten, zu orden, zu bewerten und für das eigene Nachdenken fruchtbar zu machen. Auch glaubt er, die Texte besser zu verstehen als die jesuitischen Interpreten. Seine Aufzeichnungen sind nicht nur eine Rechtfertigung seiner Rede, sie zeigen seine Hochachtung vor der praktischen Philosophie der Chinesen und enthalten auch wichtiges Material zum Verständnis des Konfuzianismus.

Subjects

Philosophy : Europe : Germany